Neuester Weltrisikoreport fällt düster aus
Jedes Jahr veröffentlich die Schweizer Stiftung Weltwirtschaftsforum (WEF) den sogenannten Weltrisikobericht. Dieses Jahr sehen die 1.400 Befragten die nähere Zukunft und vorallem die Aussichten auf die Welt in 10 Jahren vorwiegend negativ. Während Fake News und Desinformation, die zu politischer Destabilität und Konflikten führen kann, im Zweijahreshorizont noch vor Umweltkatastrophen durch Extremwetter rangiert, gelten Katastrophen im Zusammenhang mit der Erderwärmung sowie die Knappheit der natürlichen Rohstoffe als die größten globalen Gefahren in zehn Jahren. Dabei gehen fast zwei Drittel der Befragten von einer großen Wahrscheinlichkeit, dass diese eintreffen werden, aus. In meiner Welt müsste diese Einsicht nun doch dazu führen, dass diese hochrangigen Persönlichkeiten endlich in die Gänge kommen und dementsprechende Handlungen setzen.
Der Global Risks Report 2024 des World Economic Forum untersucht einige der schwerwiegendsten Risiken, mit denen wir in den nächsten zehn Jahren konfrontiert werden könnten, und zwar vor dem Hintergrund eines raschen technologischen Wandels, wirtschaftlicher Unsicherheit, einer Erwärmung des Planeten und von Konflikten. Er warnt vor einer globalen Risikolandschaft, in der bereits erzielte Fortschritte in der menschlichen Entwicklung allmählich wieder erodieren. Verschiebungen in der globalen Machtdynamik, im Klima, in der Technologie und in der Demografie bringen die Anpassungsfähigkeit sowohl von Staaten als auch Einzelpersonen an ihre Grenzen.
Ergebnisse der Befragung von 1.400 Risikoexpert:innen und führenden Persönlichkeiten
Hohe Wahrscheinlichkeit globaler Katastrophen
Der Bericht, der in Zusammenarbeit mit der Zurich Insurance Group und Marsh McLennan erstellt wurde, stützt sich auf die Perspektiven von über 1.400 globalen Risikoexperten und führenden Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft, die im September 2023 befragt wurden.
Die Ergebnisse zeigen, dass die globalen Aussichten kurzfristig überwiegend negativ eingeschätzt werden und sich langfristig sogar noch weiter verschlechtern.
Die Ergebnisse knapp zusammengefasst
- Für die kommenden beiden Jahre erwarten 30 Prozent der globalen Experten eine erhöhte Wahrscheinlichkeit globaler Katastrophen
- Für die nächsten 10 Jahre steigt dieser Anteil auf fast zwei Drittel.
- Der Global Risks Report 2024 sieht Fehl- und Desinformation als das größte kurzfristige Risiko.
- Extreme Wetterereignisse und kritische Veränderungen der Erdsysteme bereiten langfristig die größten Sorgen.
- Der Bericht warnt vor einem möglichen Mangel an Zusammenarbeit bei der Bewältigung dringender globaler Probleme, der neue Ansätze und Lösungen erfordern wird.
KI-generierte Fake News sind große Gefahr
Die 1.4oo Befragten sehen momentan die Verbreitung von Desinformation und Cyberangriffe für das größte Risiko. Der Zusammenhang zwischen Falschinformationen und gesellschaftlichen Unruhen wird bei den Wahlen, die in den nächsten zwei Jahren in mehreren großen Volkswirtschaften anstehen, im Fokus sein. Bewaffnete zwischenstaatliche Konflikte gehören zu den fünf größten Sorgen für die nächsten zwei Jahre. Mit Blick auf eine Reihe von aktuellen Konflikten führen die zugrundeliegenden geopolitischen Spannungen sowie das Risiko einer schwindenden gesellschaftlichen Resilienz dazu, dass Konflikte übergreifen können.
Fake News und Ki-generierte Desinformation könnten „dazu führen, dass die Legitimität gewählter Regierungen in Frage gestellt wird, was wiederum demokratische Prozesse bedroht und zu weiterer sozialer Polarisierung, zu Unruhen, Streiks oder sogar innerstaatlicher Gewalt führen könnte.“ meint Carolina Klint, Risk Management Leader, Continental Europe, bei Marsh. Dies betrifft Unternehmen ebenso, sagt sie: „Durchbrüche bei der künstlichen Intelligenz werden die Risikoperspektiven für Unternehmen radikal verändern, da viele Unternehmen Bedrohungen, die aus Fehlinformation, Disintermediation und strategischen Fehleinschätzungen resultieren, nur schwer begegnen können.“
Längerfristig wird Klimakatastrophe zu größtem Risiko
Der Global Risks Report 2024 des Weltwirtschaftsforums (WEF) zählt extreme Wetterereignisse und kritische Veränderungen der Erdsysteme zu den größten Sorgen, denen sich die Welt im nächsten Jahrzehnt gegenübersieht.
Umweltrisiken dominieren weiterhin die Risikolandschaft über alle drei Zeiträume hinweg. Zwei Drittel der Befragten sehen in extremen Wetterereignissen das größte Risiko, das im Jahr 2024 wahrscheinlich zu einer weltweiten Krise führen wird, wobei die Erwärmungsphase des El-Niño-Southern Oscillation (ENSO)-Zyklus bis Mai dieses Jahres anhalten und sich verstärken wird. Sie wird auch als das zweitgrößte Risiko im Zweijahreszeitraum angesehen, und ähnlich wie in der letztjährigen Rangliste sind fast alle Umweltrisiken längerfristig unter den Top 10 zu finden (siehe Abbildung oben).
Während Fehlinformationen und Desinformation als das größte kurzfristige Risiko in den nächsten zwei Jahren angesehen werden, dominieren Umweltrisiken über einen Zeitraum von zehn Jahren.
Dem Bericht zufolge sind die vier größten Risiken in den nächsten zehn Jahren: extreme Wetterereignisse, kritische Veränderungen der Erdsysteme, Verlust der biologischen Vielfalt und Zusammenbruch der Ökosysteme sowie Verknappung der natürlichen Ressourcen. Auch die Umweltverschmutzung ist unter den zehn größten Risiken zu finden. Besorgniserregend ist, dass die Zusammenarbeit in dringenden globalen Fragen immer mehr ins Stocken geraten könnte, was die Bedeutung konzertierter Aktionen und der Zusammenarbeit zur Bewältigung der Klima- und Naturkatastrophen unterstreicht.
Über die Global Risks Initiative
Der Global Risks Report bildet eine wichtige Säule der Global Risks Initiative des World Economic Forum. Diese Initiative fördert das Bewusstsein und den Konsens über die Risiken, mit denen die Welt konfrontiert ist, und ermöglicht so das Lernen über Risikovorsorge und Widerstandsfähigkeit. Das Global Risks Consortium, eine Gruppe von Führungspersonen aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft, spielt eine entscheidende Rolle bei der Umsetzung von Risikoprognosen in Ideen für proaktives Handeln und bei der Unterstützung von Führungspersonen mit dem Wissen und den Instrumenten, die sie benötigen, um aufkommende Krisen zu bewältigen und eine stabilere und widerstandsfähigere Welt zu schaffen.
Der Report ist keine Vorhersage
„Es ist, als würde man in eine große Schüssel Spaghetti schauen: Alles ist miteinander verbunden. Zieht man an einem Strang, gerät alles in Bewegung, und es ist nicht leicht herauszufinden, wo man anfangen soll, um dieses Durcheinander zu entwirren“, beschreibt es Klint. Und weiter:
„Als Menschen sind wir so gepolt, dass wir immer nur das sehen, was direkt vor uns ist, aber wir müssen einen besseren Weg finden, um die kurzfristige Risikobetrachtung mit der längerfristigen in Einklang zu bringen.“
In der tagesschau kommt Saadia Zahidi, Managing Director beim World Economic Forum zu Wort: „Der neue Risikobericht sei ein sehr trüber Ausblick, aber keine fixe Vorhersage für die Zukunft. Denn wie die aussehe, das liege ganz in unserer Hand.“
Zusammenarbeit ist essentiell
„Eine instabile Weltordnung, die von polarisierenden Narrativen und Unsicherheit gekennzeichnet ist, die sich verschärfenden Auswirkungen extremer Wetterereignisse und wirtschaftliche Unsicherheit führen dazu, dass sich Risiken – einschließlich Fehl- und Desinformationen – beschleunigen und immer weiter ausbreiten“, sagte Zahidi. „Die Führungspersonen der Welt müssen zusammenkommen, um kurzfristige Krisen zu bewältigen und die Grundlagen für eine widerstandsfähigere, nachhaltigere und integrativere Zukunft zu schaffen“.
Kirsten Schuijt, Generaldirektorin des WWF International, kommentierte die Veröffentlichung des WEF Global Risks Report 2024 mit den Worten:
„Die miteinander verknüpften Krisen des Klimawandels und des Verlusts der biologischen Vielfalt gehören zu den größten Risiken, mit denen die Welt konfrontiert ist, und können nicht isoliert angegangen werden. Wir haben gerade das heißeste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen hinter uns, in dem Leben und Lebensgrundlagen durch sengende Hitzewellen und katastrophale Überschwemmungen und Stürme zerstört wurden. Wenn wir nicht dringend Maßnahmen ergreifen, wird sich die Bedrohung weiter verschärfen und uns näher an irreversible Schäden für Gesellschaft und Ökosysteme heranbringen.
„Wenn wir alle zusammenarbeiten, um die Ressourcen der Erde besser zu schützen und zu bewirtschaften, können wir den Verlust der Natur eindämmen und eine bessere Zukunft für unseren Planeten, unser gemeinsames Zuhause, sichern. Regierungen und Unternehmen können das Jahr 2024 zu dem Jahr machen, in dem sie ihre Glaubwürdigkeit wiederherstellen und Vertrauen aufbauen, indem sie ihre Klima- und Naturverpflichtungen bis 2030 erfüllen – es gibt keinen Grund zur Verzögerung. Dies ist unerlässlich, um die Gemeinschaften und die Natur, die uns alle ernährt, zu schützen.
Unser pro.earth.Fazit:
Es hätte uns sehr gewundert, wären Umweltrisiken nicht auf dem ersten Platz bei einem Zehnjahreshorizont gelandet. Dies hätte für uns bedeutet, dass die sogenannte Elite Augen und Ohren verschließt. Dies tut sie anscheinend nicht. Uns fehlen die entsprechend ambitionierten Maßnahmen, Regelungen und Aktionen, um dieses drohende Szenario zu verhindern. Auf Unternehmens- wie auf politischer Ebene. Uns bleibt nicht viel Zeit unser Wirtschaftssystem umzustellen. Und dies wissen auch diejenigen, die am Drücker der Macht sitzen. Werden sie entsprechend ambitioniert handeln? Die Aussicht ist düster.