Vierte Runde des Plastikabkommens ohne nennenswerte Ergebnisse
Montag Abend endete die vierte und vorletzte Runde für ein internationales Plastikabkommen in Ottawa, mit dem Ziel ein rechtlich verbindlichen Vertrag bis Ende des Jahres zu unterfertigen, der die Plastikflut bis 2040 massiv eindämmen und die Neuproduktion von Plastik stark einschränken soll. Ölproduzierende Staaten und solche, die eine starke Kunststofflobby haben, verhinderten eine Einigung, allen voran China, Saudi-Arabien und USA. Manche sprechen von einem enttäuschendem Ausgang, andere von kleinem Erfolg. Die Eindämmung der Plastikflut ist eines der wichtigsten weltweiten Themen unserer Zeit und ein internationales Regelwerk wäre dringend notwendig.
Die beiden bereits bei den letzten Verhandlungsrunden bestehenden Allianzen (siehe untenstehenden Artikel) standen sich auch diesmal diametral gegenüber. Die High Ambition Coalition ist inzwischen von 50 auf über 100 Staaten angewachsen und fordert ein strenges Regelwerk und vorallem auch einen massiven Rückgang der Primärplastikproduktion. Ihre Bridge-to-Busan-Erklärung ist ein ambitionierter Plan zur Reduktion von Plastik. Die Front zwischen dieser und der zweiten Allianz (namens Like Minded Group), die sich vehement gegen eine Produktionsverringerung einsetzt, ist verhärtet. Dennoch gibt es kleine Fortschritte. So einigten sich die Staaten darauf, dass bis zur letzten Verhandlungsrunde im südkoreanischen Busan (von 25. November bis 1. Dezember) in Arbeitsgruppen weitergearbeitet werden soll. Diese sollen sich mit den sehr komplexen Detailfragen beschäftigen und auch einen der wichtigsten Streitpunkte, finanzielle Maßnahmen weiterdiskutieren.
Vorletzte und entscheidende Verhandlungsrunde bei weltweitem Plastikabkommen
Reaktionen auf die Ergebnisse in Ottawa
OceanCare-Geschäftsführerin Fabienne McLellan kommentiert vor Ort das Ergebnis der 4. Sitzung des Internationalen Verhandlungsausschusses (INC-4) wie folgt:
„OceanCare begrüßt die Fortschritte, die in Ottawa bei einer Reihe von wichtigen Themen wie problematischen Plastikprodukten, gefährlichen Chemikalien und einem Finanzierungsmechanismus erzielt wurden. Es besteht ein breiter Konsens, dass die Verschmutzung der Meere auch durch Fischereigerät aus Plastik umfassend angegangen werden muss. Wir freuen uns auch, dass viele Regierungen in dieser Verhandlungsrunde ein starkes Engagement für die Umwelt gezeigt und ehrgeizige Ziele zum Schutz der Ökosysteme vorgeschlagen haben. Ein wirksamer Vertrag ist immer noch möglich, aber die Zeit wird knapp und die Ziele müssen höher gesteckt werden.“
„Wir sind jedoch sehr enttäuscht, dass für primäre Plastikpolymere – das umstrittenste Thema in Ottawa – kein Mandat für die Arbeit zwischen den Verhandlungsrunden vor dem nächsten formellen Treffen in Korea erteilt wurde. Die Wissenschaft spricht eine klare Sprache: Wenn wir die Verschmutzung durch Kunststoffe stoppen wollen, müssen wir zuerst das unhaltbare Ausmaß der Kunststoffproduktion in den Griff bekommen. Aber es wurden zu viele Kompromisse zugunsten einer Handvoll Länder gemacht, die sich für die Beibehaltung des Status quo einsetzen. In der letzten Verhandlungsrunde im November wird es entscheidend sein, dass die Regierungen, die es mit der Bewältigung der Plastikverschmutzung ernst meinen, auf einen Vertragstext drängen, der die Produktion von Primärkunststoffen signifikant einschränkt.“, erklärt sie weiter.
Lisa Panhuber, Greenpeace-Expertin für Kreislaufwirtschaft und Ressourcenschutz, die in Ottawa die Verhandlungen beobachtete, meint dazu:
Die Verhandlungstage haben gezeigt, dass Länder wie Saudi-Arabien, China und die USA zusammen mit der petrochemischen Industrie alles daran setzen, ein wirksames globales Abkommen zu untergraben. Aber auch die EU hat sich auf sehr schwache Kompromisse eingelassen und riskiert damit ein Abkommen, das die Plastikkrise weiter verschärft. Das Versagen dieses Prozesses ist vorprogrammiert, wenn 196 Lobbyisten der Kunststoff- und Fossil-Industrie registriert sind, das sind mehr als alle Delegierten der EU-Mitgliedsstaaten zusammen.
Greenpeace fordert von Umweltministerin Steffi Lemke, dass sie sich mit den anderen Staats- und Regierungschefs für eine verbindliche weltweite Reduktion der Plastikproduktion einsetzt. Dafür muss das Plastikabkommen die weltweite Plastikproduktion bis 2040 um 75 Prozent reduzieren. Dazu gehören auch ein verbindlicher globaler Reduktionspfad, Mehrweg-Quoten für Verpackungen und Verbote für vermeidbare Einwegplastik-Produkte. Wir haben nur noch sieben Monate, um diese einzigartige Chance für ein starkes globales Abkommen zu nutzen, das Gesundheit, Umwelt, Tiere und Klima schützt.
Virginia Janssens, Geschäftsführerin von Plastics Europe AISBL, dem Verband der europäischen Kunststofferzeuger, kommentiert das Ende der vorletzten Verhandlungsrunde zum UN-Plastikabkommen u.a. folgendermaßen:
„Wir sehen, dass bei den schwierigen Verhandlungen in Ottawa einige Fortschritte erzielt wurden, doch die Uhr tickt. … Die notwendige Finanzierung für die Maßnahmen zu mobilisieren und den Zugang dazu zu erleichtern, stellt eine besondere Herausforderung dar, insbesondere für Schwellenländer. Wir freuen uns daher darüber, dass die erweiterte Herstellerverantwortung zunehmend als eines der Instrumente anerkannt wird, um die sachgerechte Entsorgung von Produkten am Ende ihrer Lebensphase zu gewährleisten. Wir begrüßen auch, dass während der Verhandlungen viele Vorschläge aufkamen, um problematische Kunststoffanwendungen besser zu erkennen und zu vermeiden. … Wir machen uns jedoch Sorgen über den fehlenden Fortschritt bei der Regulierung, die erforderlich ist, um die Transformation zur Kreislaufwirtschaft mit Kunststoffen zu beschleunigen. Der effektivste Weg, diese Transformation zu beschleunigen, besteht darin, Kunststoffabfälle als wertvolle Ressource zu betrachten.“