Erstmals Glyphosat in menschlichem Sperma nachgewiesen

Eine französisches Forscher:innenteam hat Glyphosat, das weltweit am häufigsten verwendete Unkrautvernichtungsmittel, in Proben aus einer französischen Unfruchtbarkeitsklinik gefunden. Mehr als 55 % der Spermaproben enthielten hohe Konzentrationen der umstrittenen Chemikalie, was weitere Fragen zu den Auswirkungen von Glyphosat auf die reproduktive Gesundheit und die allgemeine Sicherheit aufwirft, wie eine neue Studie ergab. Dabei war die Glyphosat-Konzentration im menschlichen Samenplasma viermal höher als im Blutplasma. In der Landwirtschaft tätige Personen sind besonders betroffen.  

 

Glyphosat „wahrscheinlich krebserregend“

Glyphosat ist Hauptbestandteil von Herbiziden auf Glyphosatbasis, den die weltweit am häufigsten verwendeten Herbizide. Es wird weltweit in der Landwirtschaft, dem Obst- und Weinbau, in Privathaushalten, Parkanlagen und Bahngleisen angewendet. Das bekannteste Produkt auf Glyphosatbasis ist das Unkrautvernichtungsmittel Roundup von Monsanto, das in den letzten Jahren im Mittelpunkt rechtlicher und regulatorischer Auseinandersetzungen stand. Die EU verlängerte im Herbst letzten Jahres die Verwendung dieses Herbizids um weitere 10 Jahre.

 

Es ist zum Weinen: EU verlängert Glyphosat um zehn Jahre

Untersuchungen der US-Regierung aus dem Jahr 2023 ergaben, dass Landwirte mit hohen Herbizidkonzentrationen im Blut genotoxisch sind, was auf einen Zusammenhang mit Krebs hinweist.

 

Die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) der Weltgesundheitsorganisation WHO stufte es 2015 als „wahrscheinlich krebserregend“ ein, was die öffentliche Debatte zum Thema noch einmal befeuerte. Die europäische Chemikalienbehörde (ECHA) hingegen stufte Glyphosat als unbedenklich ein – eine Einschätzung, der heuer auch die europäische Lebensmittelbehörde (EFSA) folgte. „Dass das Expertengremium der WHO anhand der gleichen Studien zu anderen Schlussfolgerungen kommt (…), stellt die europäische Risikobewertung für Pestizide in ein zweifelhaftes Licht“, meinte dazu Helmut Burtscher-Schaden, Biochemiker bei GLOBAL 2000.

 

Viele österreichische Gemeinden haben sich dazu verpflichtet, auf Glyphosat zu verzichten. Es gilt österreichweit zudem seit 2021 ein Teilverbot von Glyphosat für sensible Orte wie Kinderspielplätze, Parks, Spitäler oder auch Privatgärten und darf nicht mehr in Baumärkten verkauft werden. Herbizide sind für Privatpersonen seit 2021 verboten worden.

 

„Besorgniserregendes“ Ergebnis der Studie

In dieser Studie wurden 128 männliche Partner unfruchtbarer Paare ohne körperliche Anomalien oder chronische Krankheiten im Alter von 26-57 Jahren untersucht, die zwischen Februar 2018 und März 2022 wegen Unfruchtbarkeit (keine Empfängnis nach einem oder mehreren Jahren ungeschützten Geschlechtsverkehrs) rekrutiert wurden.

 

Die französischen Forscher:innen konnten feststellen, dass die Glyphosat-Werte im Sperma viermal so hoch wie im Blut der Männer, was laut den Autoren der erste Vergleich ist. Das Ergebnis sei laut Autoren  „besorgniserregend“, da es darauf hindeutet, dass die Chemikalie besonders gefährlich für die Fortpflanzungsorgane ist.

 

Oxidativer Stress „gilt als einer der wichtigsten Faktoren für die männliche Fruchtbarkeit, da er die Vitalität und Funktionalität von Säugetierspermien reguliert“, schreiben die Forscher:innen, und sie fanden eine „signifikante positive Korrelation“ zwischen Stress und Glyphosatwerten.

 

Am meisten betroffen …. Landwirte

Besonders betroffen sind Personen, die in der Landwirtschaft arbeiten. Sie wiesen die höchsten Glyphosatwerte auf, und 96 % der an der Studie beteiligten Landwirte wiesen zumindest einige Werte auf. Ein Landschaftsgärtner wies ebenfalls mit die höchsten Werte auf, und Raucher hatten in der Regel deutlich höhere Werte als Nichtraucher. Der Verzehr von Bioprodukten hatte keinen eindeutigen Einfluss auf die Werte.

 

Die Autor:innen der Studie raten den Regulierungsbehörden dazu, bei der Regulierung das „Vorsorgeprinzip“ anzuwenden, was bedeutet, dass sie zum Schutz der menschlichen Gesundheit eher vorsichtig vorgehen sollten, bis weitere Untersuchungen durchgeführt werden können, um die in der Studie festgestellten Probleme zu bestätigen.

 

Links

Studie „Glyphosate presence in human sperm: First report and positive correlation with oxidative stress in an infertile French population“