Radfahren als wichtige Alternative in der Mobilitätswende

Oft wird diskutiert, wie die Verkehrswende gelingen kann. Dabei liegt der Fokus stark bei E-Autos, gefolgt von öffentlichem Verkehr. Das Potential von Fahrrädern wird oftmals vernachlässigt. Dabei hat der Ausbau der Radinfrastruktur viele Vorteile. So können dadurch Co2-Emissionen eingespart, die Gesundheit und Lebensqualität der Menschen verbessert und auf längere Sicht auch Kosten reduziert werden. Eine neue Studie des Fraunhofer ISI im Auftrag des ADAC hat errechnet, dass mit optimaler Infrastruktur auf allen Wegen bis 30 Kilometer Länge der Anteil an Radfahrern deutschlandweit von heutigen 13 Prozent auf durchschnittlich 45 Prozent steigen könnte. Gleichzeitig würden wir laut Fraunhofer ISI dadurch im Verkehrssektor jährlich zusätzlich 19 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente Treibhausgase einsparen. Dänemark zeigt vor, wie es gelingen kann.

 

„Es lässt sich ziemlich genau messen, dass Radfahren gesund ist. Wenn man einen Kilometer mit dem Auto durch einen Kilometer mit dem Fahrrad ersetzt, ergibt sich ein sozialer Nutzen von 8,39 Kronen. Bei Elektrofahrrädern liegt der Betrag bei 5,36 Kronen. Das liegt vor allem daran, dass körperliche Aktivität zu weniger Krankheitstagen führt.“ erklärte der dänische Verkehrsminister Thomas Danielsen, der eine neue Fahrradstrategie für Dänemark ausarbeiten lässst. Jeder Radfahrer in Dänemark spart also der Gesellschaft und der Wirtschaft 1,12 Euro für jeden mit dem Fahrrad statt dem Auto zurückgelegten Kilometer ein. So das Ergebnis der Berechnungen des dänischen Verkehrsministeriums.

 

Co2- Einsparungspotenziale

Im Jahr 2022 hat ein dänisches Forschungsteam errechnet, dass die gesamten CO2-Emissionen Großbritanniens in Höhe von 400 Millionen Tonnen CO2 durch die 1,6 Kilometer, die jeder dänische Bürger täglich mit dem Rad zurücklegt, eingespart werden. Die Niederländer:innen sparen mit ihren 2,6 Kilometern per Rad pro Tag sogar Emissionen von 686 Millionen Tonnen ein. Dies zeigt, was für ein enormes Klimapotenzial in einer fahrradfreundlichen Umgebung möglich ist.

„Eine weltweite fahrradfreundliche Politik und Infrastrukturentwicklung, die eine Verkehrsverlagerung nach dem Vorbild der Niederlande und Dänemarks ermöglicht, kann zu erheblichen, bisher ungenutzten Klima- und Gesundheitsvorteilen führen“, appellieren die Forscher:innen.

Durch den Ausbau der Fahrradinfrstruktur kommt man auch gleich mehreren UN-Nachhaltigkeitszielen (SDGs) näher, nämlich Nr. 13 (Climate Action), Nr 11 (Sustainable Cities and Communities) und Nr.3 (Good Health and Well-Being)

Über die Zusammenhänge zwischen Radeln und Psyche findet ihr in diesem Beitrag Spannendes nachzulesen:

Radeln und Psyche

Das Beispiel Kopenhagen

Kopenhagen ist DIE Fahrradhauptstadt der Welt. Bereits in den 70-er und 80-er Jahren erkannte man hier, dass die Entwicklung von den Fahrradstädten vor dem Zweiten Weltkrieg hin zu den autodominierten Städten nach dem Weltkrieg viele Nachteile mit sich brachte und machte eine Kehrtwende.

„Wir haben 150 Millionen Euro in die Fahrradinfrastruktur investiert in den vergangenen zehn Jahren“, rechnet Mikael Colville-Andersen, dänischer Filmemacher und inoffizieller Radbotschafter vor, „das spart uns langfristig 230 Millionen Euro.“ Straßenbau ist teurer, Radfahrer werden zudem seltener krank und verursachen keine Umweltverschmutzung und keine schlechte Luft.

 

Hier ein paar Zahlen aus Dänemark:

  • 56 Prozent aller Kopenhagener fahren täglich mit dem Rad
  • Nur 14 Prozent nutzen täglich ihr Auto
  • Insgesamt werden 30 Prozent aller Wege mit dem Rad zurückgelegt
  • Die Krankheitstage sind um 1 Million zurückgegangen
  • In Kopenhagen gibt es fünfmal mehr Räder als Autos
  • 26% aller Kopenhagener Familien mit 2 oder mehr Kindern besitzen ein Cargo-Bike
  • In Kopenhagen gibt es 400 Kilometer Radwege, die durch Bordsteine sowohl von der Straße als auch vom Gehweg getrennt sind und eine Mindestbreite von 1,7 Metern aufweisen
  • Die Radkultur verbessert die Stadtatmosphäre durch Entschleunigung, weniger Lärm und mehr Kommunikation
  • Man baute sogenannte Fahrrad-Highways, die das Fahrradkommen massiv steigerten
  • Es gibt in Öffis die Möglichkeit Fahrräder zu transportieren und eigene Rampen, um in die Waggons zu kommen
  • Auch Überlandstrecken, die die Metropolregion mit der Umgebung verbinden, wurden stark ausgebaut
  • Es gibt eigene Lufttankstellen für Fahrräder, Rad-Parkplätze uvm, was die Attraktivität ebenfalls steigerte
„Lille Langebro“ – Fußgänger- und Radbrücke in Kopenhagen

 

Ist-Situation hierzulande

Zur Ist-Situation meint der Politikwissenschafter und Fahrradaktivist Ingwar Perowanowitsch gegenüber dem Change-Magazin: „Momentan ist es doch so, dass in vielen Städten die Menschen vom Radfahren und damit vom CO2-Sparen abgehalten werden, weil die Infrastruktur für Fahrradfahrer:innen schlecht ausgebaut ist. Es ist teils einfach zu gefährlich, Rad zu fahren. Wir alle sehen, wie es derzeit ist: Der gesamte öffentliche Raum wird heute von Autos dominiert. Überall riecht, klingt und sieht es nach Autos aus.“

Auf die Frage, wie er sich die Städte der Zukunft vorstellt, meint Perowanowitsch weiter: „Meine Idealvorstellung einer neuen Stadt und einer neuen Mobilität sind Orte, die nicht von Autos, sondern von Menschen dominiert werden, wo man Menschen statt Motoren hört, wo Radfahren und Zufußgehen mehr in den Mittelpunkt der Mobilität rücken. Autos kann es noch geben, aber Elektroautos, die ständig in Bewegung sind, die geteilt werden und nicht wie heute 23 Stunden am Tag irgendwo herumstehen.

 

LINKS:

Cycling Embassy of Denmark