Gewessler im Alleingang für Renaturierungsgesetz
Am Sonntag erklärte Klimaschutzministerin Leonore Gewessler, dass sie beim montägigen Treffen der EU-Umweltminister:innen für das heftig umstrittene Renaturierungsgesetz, das bereits vom EU-Parlament abgesegnet wurde, stimmen werde. Nachdem Wiens nun für das Gesetz gestimmt hat, sieht sich die österreichische Umweltministerin – gegen den Widerstand von Koalitionspartner ÖVP – nicht mehr an ein Veto der Bundesländer gebunden.
„Die Zeit der Entschlossenheit ist gekommen. Jetzt zu zögern, geht sich mit meinem Gewissen nicht aus““, sagt Umweltministerin Leonore Gewessler am Sonntag in einer Pressekonferenz. Sollte es am Montag zu einer Abstimmung im EU-Rat über das Renaturierungsgesetz kommen, „kann sich der belgische Vorsitz auf mein Ja verlassen“, erklärte die Ministerin weiter. „Wenn ich in 20 bis 30 Jahren mit meinen Neffen und Nichten spazieren gehe, möchte ich ihnen die Schönheit des Landes zeigen.“ Den Gegenwind „halte ich aus“, erklärte Gewessler und meinte weiters, dass sie ihre Zustimmung durch mehrere juristische Gutachten abgesichert habe.
Wo stehen wir bei heftig umstrittenen EU-Renaturierungsgesetz?
Über die Bedeutung des Renaturierungsgesetzes
Es ist der zentrale Baustein zur Umsetzung der EU-Biodiversitätsstrategie und Herzstück des EU Green Deal. Bis 2030 sollen auf jeweils mindestens 30 Prozent der Land- und Meeresflächen der EU Maßnahmen zur Wiederherstellung der Natur umgesetzt werden, heißt es in einer Erklärung des Europäischen Rates. Bis 2040 sollen es bereits 60 und bis 2050 sogar 90 Prozent sein.
Auch die UNO hat den heurigen Welt-Umwelttag unter das Motto „We are #GenerationRestoration“ gestellt um auf die unglaubliche Bedeutung der Wiederherstellung verlorengegangener Lebensräume aufmerksam zu machen.
Zustimmung Österreichs möglich
Bis dato war die Klimaschutzministerin an die einstimmige Ablehnung durch die Bundesländer gebundenSpätestens mit dem Beschluss der Wiener Landesregierung am 11. Juni FÜR das EU-Gesetz ist das Länder-Veto nicht mehr einheitlich. Laut dem renommierten Juristen Daniel Ennöckl, Vorstand des Instituts für Rechtswissenschaften der BOKU Wien, ist der Weg für eine Zustimmung der Umweltministerin frei, sobald sich ein Bundesland offiziell aus der blockierenden „einheitlichen Länderstellungnahme“ verabschiedet.
Sie könne dann laut Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) auch ohne Zustimmung anderer Ministerien der EU-Verordnung zustimmen. Zuletzt hatte auch der ÖVP-Landwirtschaftsminister trotz eines Einspruchs des Umweltministeriums für die Abschwächung von Umweltstandards in der Gemeinsamen Agrarpolitik gestimmt.
Abstimmung am Montag in Luxemburg
Nachdem das Nature Restoration Law bereits im EU-Parlament beschlossen wurde, braucht es nun die Zustimmung des Rats der Europäischen Union, der sich aus den zuständigen Minister:innen der einzelnen Mitgliedstaaten zusammensetzt. Dafür benötigt es eine sogenannte Qualifizierte Mehrheit: Diese besteht aus mindestens 55 Prozent der Mitgliedstaaten, die zugleich 65 Prozent der Gesamtbevölkerung in der EU abdecken. Um diese zu erreichen, müsste einer der EU-Staaten, die sich bisher enthalten oder dagegen stimmen wollte, umentscheiden. „Es steht Spitz auf Knopf“, meinte Gewessler zur Ist-Situation.
Österreicher:innen mehrheitlich für das Gesetz
Laut einer aktuellen Umfrage sprechen sich 82 Prozent der Bevölkerung für eine Zustimmung Österreichs zum EU-Renaturierungsgesetz aus. Zugleich halten es mehr als zwei Drittel für “nicht gerechtfertigt”, dass mehrere Landeshauptleute ein Ja zum Gesetz verhindern wollen. Das zeigt eine repräsentative Umfrage des market-Instituts (1.000 Online-Interviews) für den WWF.
Eine Zustimmung Österreichs zum EU-Gesetz wird laut der market-Umfrage überparteilich stark unterstützt – am stärksten bei Sympathisanten der Grünen, der SPÖ und der NEOS mit jeweils klar über 90 Prozent (99 bzw. 97 und 96 Prozent antworten hier mit “auf jeden Fall” bzw. “eher doch”). Aber auch deklarierte Unterstützer:innen von ÖVP und FPÖ würden es laut dieser Umfrage mit Mehrheit begrüßen, wenn Österreich für das EU-Gesetz stimmt (gesamt 72 bzw. 61 Prozent antworten mit “auf jeden Fall” bzw. “eher doch”).
Umweltschutzorganisationen wie Global 200, WWF, Greenpeace und der österreichische Naturschutzbund freuen sich über den Entschluss der Umweltminiertsin und auch unser wissenschaftliches Beiratsmitglied Andreas Jäger drückte seine Freude über das JA aus. Wir halten die Daumen, dass das Gesetz endlich beschlossen wird.