Starke Zunahme an Hagelereignissen durch Klimakrise
In den letzten Wochen sind einige gewaltige Hagelunwetter über Europa gezogen und haben dabei eine Spur der Verwüstung hinterlassen. Auch Österreich wurde mehrmals von Hagelunwettern heimgesucht, wie auch am Freitag in Vorarlberg und der Steiermark oder im Juli im Waldviertel mit bis zu 7 Zentimeter großen Hagelkörnern, sowie auch das Burgenland im Mai, wo große landwirtschaftliche Flächen betroffen waren. Dabei sind die jüngsten Frostereignisse mit einem Schaden in der heimischen Landwirtschaft in der Höhe von 56 Millionen Euro an Obst- und Weinkulturen noch in leidvoller Erinnerung. Das Dramatische: Experten der GeoSphere Austria prognostizieren auch in Zukunft eine Zunahme von extremen Wetterereignissen, angetrieben durch die Tatsache der Erderwärmung. So hat sich das Hagelrisiko in Österreich verdoppelt und auch die Größe der Hagelkörner stark zugenommen. Europaweit besonders betroffen ist die Südseite der Alpen.
Studien des Europäischen Unwetterforschungszentrums (European Severe Storms Laboratory, ESSL) in Wiener Neustadt haben ergeben, dass die Dimensionen der Hagelkörner massiv zugenommen haben, was zu größeren Zerstörungen an Ernten und Infrastruktur wie Häusern ud Autos geführt hat.
So ist in Norditalien die Wahrscheinlichkeit für Hagelkörner mit über fünf Zentimeter Durchmesser heute um 300 Prozent größer als vor 1990. Und in Österreich habe sich das Hagelrisiko verdoppelt, erklärt Pieter Groenemeijer, Leiter des ESSL, im Ö1-Morgenjournal. „Das gilt für ganz Österreich, etwas verstärkt im Süden Österreichs.“
Italien war letzten Sommer Rekordhalter, was die Größe der dort niedergegangenen Hagelkörner betrifft. So wurde ein 19 Zentimeter Durchmesser großer Hagelklumpen gefunden. In Österreich hält ein 14 Zentimeter Durchmesser großer Hagelbrocken aus Ziersdorf (NÖ) den Rekord.
Wasserdampf erhöht Energie, die sich in schweren Gewittern entlädt
Die GeoSphere Austria bündelt die wissenschaftliche Kompetenz und liefert Antworten zu den großen klimatischen Herausforderungen. Die Expertinnen und Experten der GeoSphere Austria sind sich einig: Der Klimawandel lässt Hagelkörner anwachsen. „Forschungen zeigen, dass in Zukunft sowohl die Größe als auch die Häufigkeit von Hagelkörnern zunehmen wird.
Der Grund dafür liegt am hohen Anteil an Wasserdampf in den unteren Schichten der Atmosphäre. Bedingt durch den Klimawandel wird die Luft immer wärmer und wärmere Luft kann mehr Wasserdampf aufnehmen. Umso mehr Wasserdampf sich in der Atmosphäre befindet, umso mehr Energie gibt es, die sich in schwere Gewitter entladen kann. Insbesondere entlang des Alpennordrands und im Süden Österreichs ist die Wahrscheinlichkeit für kleinräumige Unwetter höher“, so Dr. Andreas Schaffhauser, Generaldirektor der GeoSphere Austria.
Groenemeijer sieht die hohen Meerestemperaturen im Mittelmeer als Grund für die höhere Energie bei der Verdunstung, damit verbunden starke Aufwinde in Gewitterwolken, die zu größeren Hagelkörnern führt. Er erklärt, dass „je stärker der Aufwind, desto größer kann der Hagel werden“. Laut ESSL war 2023 das dritte Jahr hintereinander, das sowohl was Anzahl an Hagelereignisse als auch Größe der Hagelkörner betrifft, die vorherigen Rekorde brach.
Unwetter richten enorme Schäden an
Die durch die Hagelereignisse hervorgerufenen Schäden sind enorm. So dürfte der Starkregen und Hagel am Freitag in Vorarlberger Großraum Bregenz, das Rheintal und Lustenau Schäden in Höhe von 1,2 Mio. Euro in der Landwirtschaft verursacht hagben, erklärt die Österreichische Hagelversicherung. Der Hagelschauer im nördlichen Burgenland diesen Mai führte allein zu Schäden in der Höhe von 1,3 Millionen Euro auf 5.000 Hektar Agrarfläche, so die Österreichische Hagelversicherung in einer Aussendung.
Die Kosten der Hagelereignisse in Italien letztes Jahr wurden laut Gallagher-RE-Bericht auf drei Milliarden US-Dollar (rund 2,77 Milliarden Euro) geschätzt und europaweit geht die Schätzung von rund 12 Milliarden US-Dollar aus.
Umfassende Risikovorsorge notwendig
„Aufgrund des Klimawandels werden Hagelereignisse in Zukunft noch intensiver und häufiger auftreten. Als Naturkatastrophenversicherer beobachten wir diese Entwicklung bereits seit einigen Jahren. Dieser Umstand ist für die Landwirtschaft – deren Ertrag zu 80 Prozent vom Wetter abhängt – nur mit einer umfassenden Risikovorsorge zu bewältigen. Letztendlich geht es um Existenzen und um die Landwirtschaft als Lebensmittelproduzent sowie Landschafts- bzw. Kulturpfleger“, ergänzt Weinberger.
Dringend handeln
Wir müssen daher dringend handeln, um die drastische Erderwärmung und die damit einhergehenden katastrophalen Auswirkungen einzudämmen. „Darüber sind auch Weinberger und Schaffhauser einig: „Die rekordbrechenden Unwetter werden in Zukunft keine Ausnahme mehr darstellen, sondern zur Normalität werden, wenn wir die Erderwärmung nicht in den Griff bekommen. Die Folgen des Klimawandels in Form der zunehmenden Naturkatastrophen führen zu großen ökologischen und volkswirtschaftlichen Schäden. Es braucht daher rasch ein gesellschaftspolitisches Umdenken um eine Trendumkehr einzuleiten. Dazu gehört auch eine Reduktion des Bodenverbrauchs von fast 12 Hektar pro Tag auf – gemäß Regierungsprogramm – 2,5 Hektar pro Tag. Letztendlich ist Bodenschutz auch Klimaschutz.“