Kreuzfahrten sind weiterhin sehr klimaschädlich
Immer größer, immer mehr – das scheint das Motto der Kreuzfahrtindustrie zu sein, die nach dem Ende der Corona-Pandemie ihr Allzeithoch erlebt. Auch wenn so manch Anbieter über klimaneutrales Reisen mit Schiff spricht – die Realität sieht anders aus. Wer ökologisch, klimabewusst und nachhaltig reisen will, der verzichtet auf Kreuzfahrtschiffsreisen. Der deutsche Naturschutzbund NABU gibt auch dieses Jahr wieder einen Überblick über die Belastungen durch unterschiedliche Anbieter in seinem Kreuzfahrtranking 2024.
Auch die Spitzenreiter des Kreuzfahrtrankings 2024 bieten keine Kreuzfahrt an, die Umwelt und Klima nicht belastet. Mit vielversprechenden Klimastrategien und schon heute umgesetzten technischen Maßnahmen zur Emissionsminderung konnten sich die norwegischen Marken Hurtigruten und Havila an der Spitze positionieren. Dicht dahinter folgen Mein Schiff, Ponant und AIDA. Den zukunftsweisendsten Neuzugang verbucht die Mein Schiff-Flotte von TUI Cruises. Das Schiff soll mit grünem Methanol betrieben werden – so wird klimafreundliche Kreuzfahrt möglich.
Allerdings verklagte die Deutsche Umwelthilfe (DUH) TUI Cruises wegen massiven Greenwashings im März dieses Jahres, wie FVW berichtet.
Hier die Maßnahmen im Überblick
Schweröl und auch die Alternative Flüssiggas sind problematisch
Die positiven Entwicklungen dürfen jedoch nicht über den Schaden hinwegtäuschen, den die Kreuzfahrt anrichtet: „Weiterhin leiden Klima und Umwelt unter dem Einsatz dreckiger, fossiler Kraftstoffe. Kohlenstoffdioxid und Methan heizen die Klimakrise weiter an. Schwefel, Stickoxide und Ruß belasten nicht nur die Umwelt, sondern auch die Gesundheit der Menschen,” so Daniel Rieger, NABU-Fachbereichsleiter Klima- und Umweltpolitik, „Es wird Zeit, dass die Reedereien endlich das Steuer herumreißen, und Kurs nehmen auf Klimaneutralität und Umweltfreundlichkeit.” Laut einer Studie des Verbands Transport & Environment (T&E) emittierten die 218 Kreuzfahrtschiffe, die sich alleine im Jahr 2022 auf europäischen Gewässern aufgehalten haben, genauso viele Schwefeloxide wie eine Milliarde Autos.
Schweröl enthält rund 3.500-mal mehr Schwefel als auf europäischen Straßen für PKWs zugelassen wäre und ist daher an Land verboten.
Flüssiggas ist nur Brückentechnologie
LNG (liquefied natural gas) kann den Ausstoß von Feinstaub und Schwefeloxiden nahezu vollständig vermeiden, und auch die Stickoxidemissionen sind geringer, was für eine besser Luftqualität in den Häfen und an Bord sorgt. Allerdings ist LNG ein fossiler Brennstoff und emittiert CO2 und vorallem das bei der Verbrennung entweichende Methan. Dieses ist ein wahrer Klimakiller, der kurzfristig die 80-fache Treibhausgaswirkung im Vergleich zu Kohlenstoffdioxid entfaltet.
„Fossiles LNG hat beim Klimaschutz keinen großen Vorteil“, räumt die Nachhaltigkeits-Managerin von Tui Cruises, Lucienne Damm, ein. „Es ist bezogen auf den CO2-Ausstoß lediglich eine Brückentechnologie.“
Gesetzliche Regulative
Seit diesem Jahr gilt das EU-weite Emissionshandelssystem (Emissions Trading Scheme – ETS) auch für Kreuzfahrten, sodass Reedereien für die von ihren Schiffen verursachten Klimaauswirkungen bezahlen müssen. Dies könnte ein Anstoß sein, dass Unternehmen die Energieeffizienz ihrer Schiffe verbessern. Darüber hinaus definiert die FuelEU Maritime Regulation Richtlinien, die Reedereien dazu verpflichtet, auf nachhaltige Kraftstoffe zu setzen. Problematisch dabei ist momentan noch die mangelhafte Verfügbarkeit dieser Alternativen, sei es synthetisches Flüssiggas, Bio-Diesel oder Wasserstoff.
Nutzung von Landstrom
Die Alternative Fuel Infrastructure Regulation (AFIR) der EU verpflichtet europäische Häfen, bis 2030 ausreichend landseitige Stromanschlüsse zu installieren, sodass sichergestellt werden kann, dass diese den Strombedarf der Kreuzfahrtschiffe während ihres Aufenthalts in europäischen Häfen decken. Bis dato verwenden die monströsen Schiffe meist Generatoren, um ihren Strombedarf in den Häfen zu decken, was zu einer enormen Luftbelastung der Küstenorte und ihrer Bewohner (und auch der Passagiere an Bord) führt. Seit 2007 sind allerdings alle neuen Schiffe mit einer entsprechenden Landstrom-Infrastruktur ausgestattet. In der Folge sieht die FuelEU Maritime Regulation vor, dass Kreuzfahrtschiffe diese Stromquellen nutzen müssen.
Malte Siegert, Vorsitzender des NABU Hamburg, ergänzt: „Die Häfen haben ihre Hausaufgaben gemacht. In Hamburg, Kiel und Rostock steht Landstrom für die Kreuzfahrtschiffe bereit. Jetzt richtet sich der Appell an alle Reedereien, diesen auch zu nutzen. Ansonsten muss eine Landstrompflicht her, um die Menschen in den Städten vor den Abgasen zu schützen. Mit grünem Strom im Hafen können die Schiffe schon heute während der Liegezeiten klimaneutral sein.”
Conclusio
NABU-Schifffahrtsexperte Sönke Diesener: „Bei allem Positiven, wie der deutlich gestiegenen Landstromnutzung und vielen technischen Verbesserungen, geht es noch viel zu langsam! Es ist unverantwortlich, wenn sich eine Branche selbst Ziele steckt, die hinter den Klimazielen der Bundesrepublik zurückbleiben. Deutschland hat im Klimaschutzgesetz das Ziel der Treibhausgasneutralität bis 2045 verankert. Dennoch geben acht der untersuchten Kreuzfahrtunternehmen an, erst 2050 klimaneutral sein zu wollen. Das ist weder akzeptabel noch vermittelbar – insbesondere für eine Freizeitaktivität.”