Die wichtige Rolle von Wäldern in der Klimakrise
Weltweit brennen wieder Wälder. In Griechenland ebenso wie in Kanada und Kalifornien und auch im südwestlichen Afrika. Dabei spielen sie im Kampf gegen den Klimawandel eine wichtige Rolle. Einerseits kühlen die die Umgebung, andererseits speichern sie Wasser und CO2. Vorallem Urwälder und naturnahe Wälder sind wichtige Helfer im Kampf gegen die Erderwärmung. Leider stehen sie überall auf dem Planeten stark unter Druck. Sei es im Amazonas oder Indonesien, wo sie Palmölplantagen und anderen Anbauflächen weichen müssen, sei es in den alten Wäldern des Nordens, wo das Holz für die Erzeugung von Papier und Karton für unsere Onlinekaufsucht massenweise gerodet wird.
Wälder entziehen Atmosphäre CO2
Die Wälder der Erde entziehen der Atmosphäre jährlich etwa 3,6 Milliarden Tonnen CO2. Das entspricht rund 50% des jährlich durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe ausgestoßenen CO2, gemessen an den Jahren 1990 bis 2019. Dies hat eine internationale Forschungskooperation mit Beteiligung des internationalen Instituts für Angewandte Systemanalyse (IIASA). Die Ergebnisse wurden nun im Fachjournal Nature publiziert. Der Effekt blieb während dieser drei Jahrzehnte annähernd konstant. Allerdings geht ungefähr ein Drittel der positiven Wirkung durch Entwaldung, besonders in tropischen Wäldern, wieder verloren.
Dazu der Leiter des IIASA, Klimaexperte und langjähriges Mitglied des IPCC, Joachim Schellnhuber im Interview mit DerStandard:
„Es gibt eine „Maschine“, die bereits jetzt CO2 aus der Atmosphäre entfernt, und das sogar kostenlos. Sie wird erfreulicherweise immer größer und effektiver, je länger sie arbeitet. Sie kann sich sogar selbst vermehren, und wenn sie ausgedient hat, liefern ihre Bestandteile uns wertvolle Rohstoffe. Diese Maschine heißt Baum, und das zugrunde liegende Naturwunder heißt Photosynthese.“
Wälder enthalten unterschiedliche Kohlenstoffspeicher:
- die Bäume als lebende Speicher – wobei nach ober- und unterirdischer Biomasse unterschieden wird
- Das Totholz
- der Waldboden – enthält in unseren Breiten mindestens so viel Kohlenstoff wie die Biomasse der Bäume
Quelle: wald.de
Beispiel CO2-Speicherung unterschiedlicher Baumarten
Fichte: Eine 35 m hohe Fichte hat in 100 Jahren rund 0,7 Tonnen Kohlenstoff gespeichert, was einer CO2 Menge von 2,6 Tonnen CO2 (Umrechnungsfaktor 3,67) entspricht. (Quelle)
Buche: Die Buche hat in ihrem Leben 3,5 t CO2 gespeichert, also . fast eine Tonne CO2 mehr als eine Fichte mit demselben Holzvolumen, was an der höheren Holzdichte des Buchenholzes liegt. Generell hat Laubholz, mit Ausnahme von Weichholz wie Pappel oder Weide, eine höhere Holzdichte als Nadelholz. (Quelle)
Veränderungen mit problematischen Trends
„Während das globale Gesamtbild ermutigend ist, gibt es große Gebiete mit problematischen Trends und Prognosen. Dies betrifft vor allem die zentralen und östlichen Teile des nördlichen eurasischen Kontinents, wo die globale Erwärmung bereits zu einer beispiellosen Ausbreitung von Waldbränden und dem Absterben von 33 Millionen Hektar Wald allein in Russland zwischen 2010 und 2019 geführt hat“, erklärt Studienautor Anatoly Shvidenko vom IIASA.
„Im südlichen Teil dieser riesigen Region wird ein kritischer Feuchtigkeitsmangel erwartet, der die Existenz der bestehenden Wälder in den gemäßigten Wald- und Waldsteppenzonen in Kasachstan, der Mongolei, Südrussland und der Ukraine infrage stellen könnte. Das bedeutet, dass wir dringend spezifische Anpassungsstrategien für die Wälder benötigen.“
Situation in Europa
“In den Ländern der EU machen Wälder zurzeit einen Anteil von rund 38 Prozent der Fläche aus”, berichtet Guido Ceccherini vom Forschungszentrum der EU in Ispra und seinem Team. “Die Menge des durch diese Wälder in der EU gebundenen Kohlenstoffs ist in den letzten 25 Jahren weitgehend stabil geblieben und gleicht momentan rund zehn Prozent des gesamten Treibhausgas-Ausstoßes der EU aus.”
Zusätzliches Speicherpotenzial naturbelassener Wälder
Laut einer im Fachjournal Nature erschienene Studie der ETH Zürich rund um Wissenschaftler Thomas Crowther könnten wiederhergestellte naturbelassene Wälder mit vielen verschiedenen Baumarten rund 226 Gigatonnen Kohlenstoff zusätzlich zum bisherigen Speicherpotenzial der Wälder binden. Allerdings ist das nur dann möglich, wenn wir Menschen parallel unsere Treibhausgasemissionen stark reduzieren und die Biodiversität besser schützen, betonen die Studienautoren. „Nur wenn eine gesunde Artenvielfalt zur bevorzugten Wahl für lokale Gemeinschaften wird, erreichen wir langfristig als positiven Nebeneffekt das volle CO2-Speicherpotenzial“, meint dazu Crowther.
„Mit den hier berechneten, maximal möglichen Vorräten ist, unabhängig von der Flächengröße, wohl erst in 100 bis 200 Jahren zu rechnen, wenn man sofort überall gleichzeitig beginnen würde“, meint dazu der nicht an der Studie beteiligten Christian Körner von der Universität Basel. „Die Verhinderung der Abholzung alter Wälder hat hingegen sofortige Wirkung.“
Kühlungseffekt von Wäldern
Je nach Belaubungsdichte ist es im Wald um drei bis sechs Grad kühler, wobei der Unterschied logischerweise im Sommer am größten ist. Wer schon einmal unter einem alten Laubbaum – zum Beispiel einer Linde – Schatten gesucht hat, wird gemerkt haben, dass die Luft darunter kühler war. Gerade alte, große Laubbäume spenden mit ihren ausladenden Kronen wichtigen Schatten.
Desweiteren findet im Wald eine vermehrte Verdunstung von Morgentau und Regenwasser direkt auf der Blatt- oder Nadeloberfläch statt. darüber hinaus geben Bäume das durch den Waldboden aufgenommene Wasser über die Blätter und Nadeln wieder ab.
Dabei könne ein Hektar Wald im Sommer bis zu 60.000 Liter Wasser verdampfen, sagt Hubert Hasenauer, Leiter des Instituts für Waldbau an der Universität für Bodenkultur (BOKU) in Wien im Gespräch mit ORF.at. Somit fungiere der Wald als natürliche Klimaanlage.
Sinnvolle Nutzung des Holzes ist Königsweg
Der Klimaexperte und Leiter des internationalen Instituts für Angewandte Systemanalyse (IIASA) in Wien, Joachim Schellnhuber: „Wenn ich Bäume nicht als Pellets verbrenne, sondern zu Nutzholz verarbeite, dann habe ich sogar einen künstlich verlängerten CO2-Speichereffekt von etlichen Jahrzehnten oder sogar Jahrhunderten. Indem wir also Gebäude aus Holz oder auch Bambus errichten, können wir nicht nur unsere gebaute Umwelt schöner, gesünder und inklusiver gestalten, sondern gleichzeitig die Atmosphäre von historischen CO2-Emissionen reinigen. Ich halte eine solche Verbindung von Forstwirtschaft und Bauwesen für den Königsweg, um das Klima in Zukunft nicht nur zu stabilisieren, sondern in gewissem Umfang sogar zu reparieren!“