Aus Laub wird Papier
Unser Papierbedarf ist enorm. So liegt der Pro-Kopf-Verbrauch in Deutschland im Jahr 2021 laut des Verbandes DIE PAPIERINDUSTRIE e.V. bei rund 224 Kilogramm. Dafür wird jede Menge Holz benötigt. Das Start-Up Releaf Paper hat eine Alternative zur Verwendung von Holzfasern gefunden, und zwar Laubabfälle aus Städten, die diese sonst aufwendig entsorgen müssten. Eine Win-Win-Situation.
Jedes Jahr werden laut WWF sechs Millionen Bäume für die Papierproduktion gefällt. Andererseits müssen jedes Jahr Unmengen an Laub der Park- und Stadtbäume in unseren Städten mit großem Aufwand gesammelt und kompostiert (oder oftmals auch verbrannt) werden.
Der ukrainische Schüler Valentyn Frechka begann mit 16 Jahren in Kiew mit der Forschung an Alternativen für die Papierherstellung. Zuerst experimientierte er mit Gras und Stroh, bis er auf Fasern aus Laub stieß. Er fand eine Lösung, wie mittels einer selbstentwickelten und zwischenzeitlich patentierten Technologie Zellulose aus den Fasern von herabgefallenen Blättern gewonnen und zu Papier verarbeitet werden kann und gründete gemeinsam mit Alexander Sobolenko das Start-Up Releaf Paper.
Win-Win-Situation für Städte und das Unternehmen
„Wir arbeiten nur mit den Blättern, die wir aus den Städten bekommen, weil wir die Blätter aus dem Wald nicht verwenden können. Es ist nicht einfach, sie im Wald zu sammeln, und es ist auch nicht nötig, weil es dort ein Ökosystem gibt. Wir bieten der Stadt eine kostenlose Lösung an: Sie liefert das Laub an unsere Produktion, wir reinigen es, granulieren es und verarbeiten es zu Zellulose“, erklärt Mitgründer und CEO Alexander Sobolenko.
„In der Stadt ist es ein Grünabfall, der gesammelt werden sollte. Es ist wirklich eine gute Lösung, denn wir halten das Gleichgewicht – wir erhalten Fasern für die Papierherstellung und geben Lignin als Halbdünger für die Städte zurück, um die Gärten oder die Bäume zu düngen. Es ist also eine Art Win-Win-Modell“, meint Gründer Valentyn Frechka.
Start-Up erhielt EU-Förderung
Das Start-Up erhielt im Rahmen des Programms EIC Accelerator 2022 der Europäischen Kommission einen Zuschuss in Höhe von 2,5 Millionen Euro für den Aufbau einer Pilotanlage. Es hält auch bereits einige Patente und produziert rund drei Millionen Einkaufstaschen pro Monat. Zu den Kunden gehören Großkonzerne wie L’Oréal, Samsung, LVMH, Logitech, Google, und Schneider Electric.
Der in Station F in Paris ansässige Jungunternehmer Frechka, der seit dem Start seines Unternehmens bereits mehrere Auszeichnungen erhalten hat, gewann im Sommer den 2.Platz beim „Young Inventor 2024“ des Europäischen Patentamts (EPA).
„Wir möchten diese Idee auf der ganzen Welt verbreiten. Unsere Vision ist es, dass die Technologie zur Herstellung von Papier aus abgefallenen Blättern letztendlich auf allen Kontinenten zugänglich sein sollte“, erklärt Sobolenka.
Wesentlich besser fürs Klima als herkömmliche Papierproduktion
Releaf Paper schätzt, dass sein Verfahren 78 Prozent weniger CO2 ausstößt als die herkömmliche Produktion, dreimal weniger Energie benötigt und 15 Mal weniger Wasser verbraucht. „Unser Papier ist biologisch abbaubar und recycelbar, es ist das nachhaltigste Papier, das aus irgendeinem Rohstoff hergestellt wird.“, erklärt Sobolenko gegenüber Euronews. Es setzt ganz nebenbei den Abholzungsbedarf für die Papierherstellung deutlich herab.
Blattbasiertes Papier baut sich im Boden innerhalb von 30 Tagen ab, während die Abbauphase bei herkömmlichem Papier 270 Tage oder mehr beträgt“, so Releaf Paper.
Nach Angaben des WWF wird fast jeder zweite industriell gefällte Baum zu Papier verarbeitet – Zeitungen, Zeitschriften, Geschenkpapier, Verpackungen, Küchentücher oder Toilettenpapier. Die Papierindustrie macht 13 bis 15 Prozent des gesamten Holzverbrauchs aus und verwendet 33 bis 40 Prozent des gesamten weltweit verkauften Industrieholzes. Die Herstellung von Papier ist eine sehr energieintensive Industrie.
Mit der Verwendung von Herbstlaub könnte sich die Klimabilanz unseres Papiers drastisch verbessern und unsere Wälder würden es uns ebenfalls danken.