Rekordverdächtiger Bahntunnel verbindet Italien und Frankreich

Mit Unterstützung der EU setzen Italien und Frankreich neue Maßstäbe im Bahnverkehr. Das vielfach stark umstrittene Projekt einer Ost-West-Verbindung durch die Alpen von Turin nach Lyon soll bis 2030 umgesetzt sein. Es beinhaltet den Bau des weltweit längsten Eisenbahntunnels mit einer Länge von 57,5 Kilometern. Insgesamt soll die Hochgeschwindigkeitsstrecke die Reisezeit um zwei Stunden auf 1:47 h reduzieren. Gegner des Projekts sehen darin Gigantomanie, die Umwelt zerstört und öffentliche Gelder verbrennt.

 

Auf der neuentstehenden Hochgeschwindigkeitsbahntrasse zwischen Turin und Lyon sollen ab 2030 sowohl Personen als auch Fracht transportiert werden. Insgesamt ist die Strecke 270,8 Kilometer lang und wird den weltweit längsten Eisenbahntunnel  – den Mont-d’Ambin-Basistunnel mit 57,5 Kilometern  – neben vielen kleineren beinhalten. Dieser löst damit den Schweizer Gotthard-Tunnel mit 55 Kilometern als Rekordhalter ab. Die EU baut mit ihren Mitgliedsstaaten die Strecke zwischen Turin und Lyon , die eine von mehreren neuen schnellen Routen durch die Alpen sein wird, als Teil des Transeuropäischen Verkehrsnetzes (TEN) aus. Die neue Verbindung soll die wichtigste Ost-West-Achse des Mittelmeerkorridors werden, der Spanien mit Ungarn und bildet eine der neun Achsen des Transeuropäischen Verkehrsnetzes (TEN‑V). Die Kosten für das Gesamtprojekt belaufen sich auf rund 25 Milliarden Euro, von denen die EU etwa 40 Prozent der Kosten übernimmt.

 

Seit Jahrzehnten umstritten

Seit Jahrzehnten wurde über dieses ambitionierte Bauvorhaben diskutiert und auch gestritten. Die Fronten zwischen Befürwortern und Gegnern waren verhärtet.  während die Befürworter größere Nutzen durch die schnelle Os-West-Verbindung sehen, steht für die Gegner der Aufwand und damit verbundene Zerstörung, Baustellenverkehr, Lärm und Verschmutzung nicht im Verhältnis zum Nutzen. Andere Gegner sprechen davon, dass dieses Projekt der Finanzspekulation diene und nicht dem Ausbau der Infrastruktur.

 

Stéphane Guggino vom Unternehmen La Transalpine, Befürworter des Unterfangens, meint: „Der Klimanotstand besteht darin, dass jedes Jahr drei Millionen Schwerlastfahrzeuge zwischen Frankreich und Italien unterwegs sind. Wenn kein Tunnel gebaut wird, bleiben die LKW auf der Straße.“

 

Alberto Poggio, ein Gegner des Vorhabens, entgegnet, die Nachteile seien deutlich größer als der Nutzen: „Um die gesamte Strecke Turin-Lyon zu bauen, gibt es einen Nettoausstoß von Kohlendioxid in Höhe von 10 Millionen Tonnen. Schätzungen gehen von Wassermengen von 600 bis 1000 Litern pro Sekunde aus, die während der Bauarbeiten aus den Stollen geschleudert werden. (…) Das ist in etwa so, als würde einem großen Teil von Turin oder einem großen Teil von Lyon das Wasser ausgehen“, so Poggio.

 

Dem stellt Guggino gegenüber: „Heute macht diese Entwässerung 1 % des Abflusses des Flusses Arc aus. Man kann davon ausgehen, dass es Vorteile gibt wie: Verlagerung der Lkw auf die Schiene, weniger Unfälle, weniger Verschleiß, die Zuverlässigkeit des Handels, Annäherung von Völkern und Gebieten… Es handelt sich um eine Investition, die getätigt werden kann.“

 

Vorteile für Reisende

Für die Passagiere wird die neue Verbindung zu einer Verkürzung ihrer Reisezeit führen – so soll eine Reise von Mailand nach Paris statt wie bisher in sieben Stunden dann in viereinhalb Stunden möglich sein. Desweiteren sollen statt wie bisher sechs Zühe pro Tag ab 2030 22 Züge auf der Strecke verkehren.

 

Link

Projektbeschreibung französisch