GLOBAL 2000 checkt Wahlprogramme auf Klimaschutz
Obwohl es uns widerstrebt, Klimaschutz als isoliertes Thema zu sehen, finden wir es doch spannend, wie GLOBAL 2000 die Wahlprogramme der österreichischen Parteienlandschaft analytisch auf dieses Thema hin untersucht und herausfindet: Alles dabei – von ambitionierten Programmen hin zu Scheinlösungen und Klimaschutz als Nebenthema. Vielleicht hilft es bei der Entscheidung.
Die Umweltschutzorganisation GLOBAL 2000 hat im Vorfeld der Nationalratswahl am 29. September die Wahlprogramme der größten Parteien analysiert. Überprüft wurden die Wahlprogramme auf sieben zentrale Klimaschutzmaßnahmen. Die Ergebnisse fasst Viktoria Auer, Klima- und Energiesprecherin von GLOBAL 2000 zusammen:
„Die Klimakrise ist eine der größten Herausforderungen der Menschheit – auch für Österreich. Doch wenn die richtigen politischen Maßnahmen gesetzt werden, kann sie zu einer unserer größten Chancen werden! Leider haben dies noch nicht alle Parteien erkannt. Einige Wahlprogramme weisen wenige Maßnahmen und kaum Commitment auf, andere halten an Scheinlösungen fest. Zwei Parteien konnten allerdings mit besonders viel Ambition im Wahlprogramm überzeugen.“
Folgende Parteien waren Teil der Analyse: ÖVP, SPÖ, FPÖ, Grüne, NEOS, KPÖ und Bierpartei. Im Vorfeld der Analyse hat GLOBAL 2000 sieben wichtige Forderungen definiert, anhand derer die Programme beurteilt wurden.
Die konkreten Forderungen und die Ergebnisse der Analyse:
- Klimaneutralität Österreich bis 2040
Die einzigen Parteien, die sich dezidiert für die Klimaneutralität bis 2040 in Österreich aussprechen, sind die SPÖ und die Grünen. So schreibt die SPÖ in ihr Programm „CO2-Neutralität bis 2040 ist alternativlos.“ und die Grünen „Das Ziel ist klar: Österreich wird bis 2040 klimaneutral.“ Die ÖVP bekennt sich zwar zum Pariser Klimaabkommen, jedoch wird nicht erläutert, was das für Österreich bedeuten soll. Ebenso wird das „klimaneutrale Österreich“ auch von NEOS erwähnt, aber dies ohne Datum. Bei der Eindämmung der Klimakrise spielt ein verbindlicher Zeitplan jedoch eine erhebliche Rolle. Bierpartei und KPÖ erwähnen in ihren Punkten die Klimaneutralität von Österreich nicht. Die FPÖ gibt zu verstehen, dass die Klimaneutralität keinen hohen Stellenwert für sie hat: „Klimaneutralität ist kein Selbstzweck“. - Klimaschutzgesetz mit verpflichtendem Ausstiegspfad für fossile Energien
Ein Bekenntnis zu einem Klimaschutzgesetz findet sich nur im Wahlprogramm der SPÖ und der Grünen. Hier beschreiben vor allem die Grünen sehr genau, wie dieses ausschauen könnte, mit „klaren Zielen und Vorgaben für alle Sektoren, wie zum Beispiel ein verbindliches CO2-Budget, das festlegt, wie viel Emissionen wir uns noch leisten können.“ ÖVP, NEOS, Bierpartei und KPÖ erwähnen ein solches Gesetz in ihrem Programm nicht. Für die FPÖ hat Klimaschutz offenbar keine Priorität, im Wahlprogramm spielt die FPÖ die Klimakrise herunter und spricht von “Klimahysterie”. ‘“Und das obwohl die Auswirkungen der Klimakrise jetzt schon einen Großteil der Bevölkerung in Österreich durch immer mehr Hitzewellen, Überschwemmungen, Waldbrände, Dürre, Hagelschäden etc. betrifft”, kritisiert Viktoria Auer. - Langfristige Absicherung und Ausbau bestehender Klimabudgets
Auch hier zeigt sich wie schon bei den vorherigen beiden Punkten, dass vor allem SPÖ und die Grünen Wert auf langfristige Absicherung und den Ausbau bestehender Klimabudgets legen, während die anderen Parteien dieses Thema in ihren Programmen ausklammern. - Bekenntnis zum Ausbau naturverträglicher Erneuerbarer Energien (mit Fokus auf Photovoltaik (PV) und Wind)
Dies ist der einzige Punkt, der wirklich von allen Parteien in ihren Wahlprogrammen abgedeckt wurde. Jedoch ist hier anzumerken, dass die FPÖ sich in ihrem Wahlprogramm für den Ausbau von Erneuerbaren bekennt, die Taten sprechen allerdings andere Worte. Viele Landes- und Gemeindefraktionen der FPÖ mobilisieren stark gegen den Ausbau von Windkraft in einigen Bundesländern und verzögern und verhindern damit den Weg Richtung erneuerbarer Stromversorgung für Österreich. - Klare Priorisierung des Ausbaus des Umweltverbunds (Öffentlicher Verkehr, Fahrrad, Fußwege)
Die einzigen beiden Parteien, die den Ausbau des Umweltverbundes nicht priorisieren, sind die ÖVP und die FPÖ. Hier ging aus den Wahlprogrammen klar hervor, dass der Ausbau von (großen) Straßenprojekten Priorität hat. Das Parteiprogramm der ÖVP hat sogar eine Liste von priorisierten Straßenbau-Projekten veröffentlicht. Darunter befindet sich der Lobautunnel, der aus Natur- und Klimaschutzgründen auf gar keinen Fall vorangetrieben werden sollte. “Die ÖVP sticht hier auch negativ heraus, da sie weiterhin an Scheinlösungen wie dem ‘Grünen Verbrenner’ und den e-Fuels für PKWs festhält, obwohl das weder klimatechnisch noch wirtschaftlich sinnvoll ist”, kritisiert Viktoria Auer. - Bekenntnis zum Ausstieg von Öl- & Gasheizungen
Eine gesetzliche Regelung für den Ausstieg aus Öl- und Gasheizungen, wird nur von der SPÖ und den Grünen im Wahlprogramm abgedeckt. Während die restlichen Parteien sich zu dem Thema nicht äußern, hält die FPÖ in ihrem Programm an fossilen Energien fest. - Sozial gestaltete Klimapolitik und Entwicklung eines Fahrplans zum Kampf gegen Energiearmut
Die soziale Komponente der Klimapolitik wird von der SPÖ und den Grünen besonders detailliert aufgenommen. Auch das Problem der Energiearmut, das durch die Energiekrise nochmal verschärft wurde, möchten die beiden Parteien angehen. Sonst hat sich nur die KPÖ zu dieser Thematik geäußert, jedoch nicht im Detail. Die restlichen Parteien haben auch dieses Thema ausgeklammert.
Wahlen sind eines der wichtigsten Instrumente, wie alle Wahlberechtigten in Österreich die Politik mitbestimmen und Klimaschutz aufs Tapet bringen können.
„Wir möchten mit unserem Wahlprogramm-Check den Menschen eine einfache Möglichkeit bieten, die Standpunkte der unterschiedlichen Parteien zu bewerten, ohne sich die Mühe zu machen, jedes Programm durchzuarbeiten. Die nächsten vier Jahre bis 2028 werden entscheidend sein, um wichtige Weichen für den Klimaschutz zu stellen und Österreich zukunftsfit zu machen. Wir appellieren an alle Wähler:innen, ihre Stimme am 29. September zu nutzen“, sagt Viktoria Auer, Klima- und Energiesprecherin von GLOBAL 2000 abschließend.