Trotz Krise: Marktanteil von E-Autos könnte 24 Prozent erreichen
Die deutsche Automobilindustrie steckt dieses Jahr in der Krise. Der Absatz ging zurück, besonders bei E-Autos, und der Umstieg auf E-Mobilität ist teuer. Letzte Woche fand ein Autogipfel der Hersteller und Wirtschaftsverbände mit Bundesminister Robert Habeck statt, um Lösungen zu finden. Dabei zeigt eine neue Analyse, dass die europäischen Autohersteller ihre CO2-Flottenziele im nächsten Jahr erreichen könnten, da der Verkauf von E-Autos voraussichtlich schnell ansteigen wird. E-Autos dürften 2025 einen Marktanteil von 20-24 Prozent erreichen, so die Modellierung von Transport & Environment (T&E) auf der Grundlage der Verkäufe in der ersten Jahreshälfte von 2024 und der Absatzprognosen.
In Deutschland sollen bis 2030 sieben bis zehn Millionen E-Autos fahren, so das ambitionierte Ziel der Bundesregierung. Doch wie genau dies erreicht werden soll, ist unklar. Europaweit gesehen ist der Absatz am Automarkt zurückgegangen, in Deutschland ist 2024 besonders der Verkauf von E-Autos eingebrochen, der letztes Jahr noch florierte. Dazu kommt der rasante Umstieg von Verbrenner- auf E-Autos in China, sodass dieser Markt für europäische Hersteller immer schwieriger wird, da chinesische Firmen den E-Automarkt dominieren.
Flottenziele sollen verschoben werden
Die CO2-Flottenziele der europäischen Union definieren für Autohersteller Vorgaben zu den Emissionswerten ihrer Neuwagen und gelten als wichtigste Leitlinie für die Dekarbonisierung des Pkw-Verkehrs.
Diese sehen vor, dass
- 2030 bereits mehrheitlich E-Autos auf den Straßen unterwegs sein sollen und
- 2035 soll das Ziel der Null-Emissionen bei Autos (auch bekann als äußerst heiß diskutiertes „Verbrenner-Aus“) erreicht werden
Einige Hersteller fordern die EU auf, eine Krisenklausel auszulösen, um ihre CO2-Ziele um zwei Jahre zu verschieben. Sie führen dabei Sorgen bezüglich des schleppenden Absatzes von batterieelektrischen Fahrzeugen (BEVs) an, so auch Hans Dieter Pötsch, der als Vertreter der Hauptaktionärsfamilien Porsche/Piëch den Aufsichtsrat von Volkswagen führt. Ihnen drohen bei Nichteinhaltung Strafzahlungen in Milliardenhöhe.
Demgegenüber äußerte sich Carlos Tavares, der mit dem Stellantis-Konzern den größten Wettbewerber von Volkswagen leitet, kritisch und nannte die Idee »surreal«: Jeder habe genug Zeit gehabt, sich auf die CO₂-Ziele einzustellen und danach zu handeln, so Tavares.
Ob die Flottenziele aufgrund des Drucks aus der Automobillobby tatsächlich verschoben werden, ist noch unklar. Bundeswirtschaftsminister Habeck meinte nach dem Autogipfel, dass die Grenzwerte eigentlich im Jahr 2026 einer Revision unterzogen werden sollten. Er wolle sich nun auf EU-Ebene dafür einsetzen, dass dies bereits nächstes Jahr geschehe.
E-Autos liefern wichtigen Beitrag zu Flottenzielen
Das zentrale Szenario von T&E prognostiziert jedoch, dass E-Autos im Durchschnitt 60 Prozent der CO2-Reduktion beitragen werden, die die Autohersteller im nächsten Jahr für die EU-Flottengrenzwerte erreichen müssen. Diese werden zum Teil durch sieben neue vollelektrische Modelle unter 25.000 Euro erreicht, die 2024 und 2025 auf den Markt kommen.
Sebastian Bock, Geschäftsführer von T&E Deutschland, erklärte in einer Pressemitteilung: „2025 wird ein gutes Jahr für alle in Europa, die gerne ein E-Autos fahren würden. Nach aktuellen Prognosen werden E-Autos dank einer Flut neuer, erschwinglicher Modelle fast ein Viertel der verkauften Neuwagen ausmachen. Dass manche Hersteller auf Hybride setzen, um die EU-Ziele zu erreichen, ist eine kurzsichtige Strategie – für das Klima und den Wettbewerb mit chinesischen E-Autos. Hybride stoßen in der Realität meist deutlich mehr CO2 aus, als auf dem Papier.“
Hier die wichtigsten Ergebnisse der Analyse
Während E-Autos den größten Beitrag leisten werden, wird erwartet, dass
- Stellantis und die Volkswagen Gruppe auch auf Hybride (HEVs) angewiesen sind, um 33 bzw. 30 Prozent der CO2-Reduktion zu erreichen, die sie noch benötigen, um die EU-Ziele zu erfüllen. Dies geht aus dem zentralen Szenario der Modellierung von T&E hervor, das auf den Absatzprognosen des Marktforschungsunternehmens GlobalData beruht.
- Der Absatz von Hybridfahrzeugen dürfte auch einen erheblichen Teil der Emissionslücke bei Mercedes-Benz (17 Prozent) und Renault (15 Prozent) schließen, so die Studie.
- Das zentrale Szenario zeigt, dass BMW zusätzlich zu seinen vollelektrischen Modellen auf Plug-in-Hybride angewiesen sein wird, um 18 Prozent der Emissionsreduzierung zu erreichen, die zur Erfüllung des EU-Ziels für 2025 erforderlich ist.
- Wenn sich die Hersteller stärker auf den Verkauf von Hybriden verlassen, um die Zielvorgaben zu erfüllen, würde der Gesamtmarktanteil der E-Autos im nächsten Jahr 20 Prozent liegen. Zu diesem Ergebnis kommt T&E im Szenario, das von einem höheren HEV-Anteil ausgeht.
- In allen Szenarien erfüllt Volvo Cars dank der hohen BEV-Verkäufe bereits die Anforderungen.
- Im zentralen Szenario wird ein BEV-Anteil von 24 Prozent prognostiziert.
Wenn Autohersteller immer noch Schwierigkeiten haben, können sie sich mit anderen Herstellern zusammenschließen (sog. Pooling), um ihre durchschnittlichen Emissionen weiter zu senken, so die Analyse.
Förderung von Elektrifizierung
„Jetzt ist es an der Zeit, dass die EU die Verbreitung von Elektroautos fördert, indem sie Ziele für die Elektrifizierung von Unternehmensflotten festlegt. Dies würde die Nachfrage nach E-Autos enorm steigern und gerade Volkswagen mit einem gewerblichen Anteil von 70 Prozent bei den Neuzulassungen einen sicheren Absatzmarkt für die eigenen E-Autos sichern.“, meinte Bock weiter und forderte desweiteren Massnahmen zur Förderung von Social Leasing und Ladestationinfrastruktur.