Klimaerwärmung macht Streuobstbau in traditionellen Regionen schwierig

Gemeinsam mit der Universität für Bodenkultur, der ARGE Streuobst und dem Ingenieurbüro Holler hat ARCHE NOAH im Projekt „Perspektiven für den Streuobstanbau im Klimawandel” die Zukunft des österreichischen Streuobstbaus analysiert. Es zeigt sich: Die sich ändernden Umweltbedingungen stellen die Fortführung unseres bisherigen (Streu-) Obstanbaus in Frage. Möglicherweise bietet sich der Alpenraum als zukünftiges Anbaugebiet an.

 

In bisher günstigen Lagen wie der steirischen Apfel-Region oder dem niederösterreichischen Mostviertel wird sich die Situation für den Obstbau weiter verschärfen“, prognostiziert Bernd Kajtna, Obstexperte und Agrarwissenschafter von ARCHE NOAH, der Gesellschaft zur Erhaltung und Verbreitung der Kulturpflanzenvielfalt im niederösterreichischen Schiltern.

Für drei österreichische Modellregionen wurden Klimadaten nach ihren Auswirkungen analysiert: für die niederösterreichische Region Amstetten Süd (Mostviertel), für den Naturpark Pöllauer Tal an der Grenze zum oststeirischen Tafelobst-Gebiet und für den Lungau als inneralpines Salzburger Hochtal, in dem aktuell Obst-Anbau kaum relevant ist.

In der Kleinregion Amstetten-Süd sind Streuobstwiesen und Obstbäume von enormer Bedeutung. Rund 140.000 Bäume liefern etwa 14.000 Tonnen Ernte. In der Steiermark werden auf 6.000 Hektar Tafeläpfel und -birnen produziert. Zusätzlich gibt es im Bundesland über 8.000 Hektar an Streuobstwiesen, vor allem im Naturpark Pöllauer Tal.

Die aktuelle Untersuchung bezieht Klimadaten der Perioden 1961-1990 und 1991-2020 sowie Szenarien für eine durchschnittliche globale Erwärmung von +2°C bzw. +3°C ein.

Es zeigt sich: „Die Anzahl der Tage mit Spätfrösten im Frühling wird abnehmen. Aber durch den zu erwartenden früheren Vegetationsbeginn kann die Gefahr von Frostschäden trotzdem zunehmen. Im Sommer wird vor allem die mangelnde Wasserverfügbarkeit zum Problem“, sagt Kajtna.

So werden in der Region Amstetten Streuobstpflanzungen und Obstplantagen in der sogenannten „Molasse-Zone” mit ihrem Schotter-Untergrund mit Trockenheit zu kämpfen haben. Vor allem tiefere Lagen werden unter sommerlichem Hitze- und Trockenstress leiden. Das für den Obstbau günstige Klima verschiebt sich in deutlich höhere Lagen. Regionen, die bisher nur bedingt geeignet waren, dürften hingegen profitieren, sofern die Erwärmung auf unter +2°C begrenzt bleibt.

Der Streuobstbau in Österreich ist seit Jahrzehnten rückläufig, von ca. 35 Millionen Bäumen im Jahr 1930 auf ca. 4,2 Millionen 2020. Laut einer deutschen Studie leben auf Streuobstwiesen über 5.000 Tier-, Pflanzen- und Pilzarten. Sie erbringen zahlreiche für den Menschen wichtige Leistungen: Bestäubung, Heu, Holz, Trinkwasser- und Hochwasserschutz oder Verbesserung des lokalen Kleinklimas. Die heute vorgelegte Studie kommt zu dem Ergebnis, dass diesen Leistungen pro Jahr ein Wert von über 16.000Ꞓ pro Hektar gegenübersteht.

Um mit den kommenden Herausforderungen umgehen zu können, muss das vorhandene Potenzial an Obstarten, -unterlagen und -sorten gesichtet, genutzt und an die Bedürfnisse von heute angepasst werden. Dann kann Obst auch in Zukunft ein wichtiger Bestandteil der regionalen Landwirtschaft und Träger der ökologischen Vielfalt bleiben.

„Für die Zukunft unseres Obst-Anbaus muss der Fokus auf aktivem Klimaschutz liegen, um die globale Erwärmung unter +2°C zu begrenzen. Wenn dieses Ziel erreicht wird, gibt es auch Zukunft für den Obstbau in Österreich“, so Bernd Kajtna von ARCHE NOAH.