Rätsel um steigende Methanwerte in Atmosphäre geklärt

Seit 2020 steigt die Konzentration von Methan in unserer Atmosphäre sprunghaft an. Dies hat die  Weltorganisation für Meteorologie (World Meteorological Organization, WMO) mit Sitz in Genf anhand von Messdaten festgestellt. Methan wirkt über 20 Jahre betrachtet mehr als 80-mal stärker als CO2 und ist damit das wichtigste Treibhausgas. Mindestens ein Drittel der Erderhitzung geht auf Methan zurück. Der massive Anstieg stellte die WMO vor ein Rätsel, das nun geklärt sein dürfte.

 

Keyfacts zu Methan

  • Methan ist ein starkes Treibhausgas, das etwa ein Jahrzehnt lang in der Atmosphäre verbleibt.
  • Methan wirkt über 20 Jahre betrachtet mehr als 80-mal stärker als CO2 und ist damit das wichtigste Treibhausgas
  • Methan ist für etwa 16 % der erwärmenden Wirkung langlebiger Treibhausgase verantwortlich.
  • Etwa 40 % des Methans wird aus natürlichen Quellen (z. B. Feuchtgebiete und Termiten) in die Atmosphäre abgegeben
  • Rund 60 % stammen aus anthropogenen Quellen (z. B. Wiederkäuer, Reisanbau, Ausbeutung fossiler Brennstoffe, Deponien und Verbrennung von Biomasse).
  • Der Anstieg des atmosphärischen Methans im Jahr 2023 war geringer als im Jahr 2022, erreichte jedoch ein Rekordniveau für den Fünfjahreszeitraum.
  • Als Vorläufersubstanz für bodennahes Ozon schadet Methan zudem der menschlichen Gesundheit, der biologischen Vielfalt und verringert landwirtschaftliche Erträge. Allein in Deutschland rechnet die Europäische Umweltagentur jährlich mit 3.300 vorzeitigen Todesfällen durch Ozon.

 

Halbierung wesentlich

Eine Halbierung der Methankonzentration in den kommenden zehn Jahren ist wesentlicher Bestandteil im Kampf um das 1,5-Grad-Ziel – und  könnte laut Experten im Idealfall den Anstieg der Globaltemperatur um bis zu 0,3 Grad Celsius abbremsen. Doch anstatt zu sinken, erreichen die Methanwerte einen Rekordwert, der mit 1.900 ppb (parts per billion, Methanteile pro Milliarde Teile Atmosphäre) fast dreimal so hoch liegt wie vor der Industrialisierung.

(A) Trend der global gemittelten CH4-Häufigkeit (in grau) undδ13CCH4 (violett) aus dem NOAA/GML GGGRN. Die mittleren Wachstumsraten der CH4-Molfraktion und von δ13CCH4 sind für die folgenden Zeiträume dargestellt: 1983-1998, 1999-2006, 2008-2014, 2014-2020 und 2020-2022. (B) Kolokierte δ13CCH4-Messungen in Alert (Kanada), Svalbard (Norwegen) und der Antarktis durch INSTAAR, NIWA, TU/NIPR und MPI. Jeder Datensatz ist mit einem Trend in derselben Farbe versehen.  Quelle: siehe untenstehende Untersuchung

 

Methan hat unterschiedliche chemische „Fingerabdrücke“

US-amerikanische Wissenschaftler:innen veröffentlichten in der renommierten Fachzeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences eine Untersuchung der chemischen „Fingerabdrücke“ von Methan aus unterschiedlichen Quellen. Dabei unterscheiden sich jeweils die Zusammensetzungen der Methan-Isotope, sodass eine Zuordnung möglich ist. So sieht der „Fingerabdruck“ von Methan aus der Verbrennung von Biomasse (zum Beispiel in einer Biogasanlage) anders aus als der von Methan, das aus trockengelegten Mooren entweicht oder jenes aus der Verbennung von fossilen Brennstoffen.

 

Punkt erreicht, an dem sich die Erderwärmung selbst anheizt

Sie fanden mit dieser Methode heraus, dass die Steigerungsrate hauptsächlich durch erhöhte Emissionen aus mikrobiellen Quellen wie Feuchtgebieten, Abfällen und der Landwirtschaft verursacht wurde. So zählt auch das Auftauen des Permafrosts, wo nun Mikroorganismen im aufgetauten Boden leben und Methan freisetzen, zu diesen mikrobiellen Quellen.

 

Dies könnte zumindest teilweise auf die anhaltende Klima-Rückkopplung zurückzuführen sein, die die Treibhausgasemissionen aus den natürlichen Systemen weiter erhöht. In anderen Worten: Die weltweite Klimakrise regt Stoffwechsel und Vermehrung von Mikroorganismen an, wodurch mehr Methan freigesetzt wird. Möglicherweise hat die Erderwärmung einen Punkt erreicht, an dem sie sich selbst anheizt.

Die Wissenschaftler:innen konnten nicht unterscheiden, ob es sich um anthropogene Quellen – wie Landwirtschaft oder Abfälle – oder um natürliche Quellen (Feuchtgebiete) handelt und sehen weitere Studien als erforderlich, um die Hypothese einer möglichen Klima-Rückkopplung zu untersuchen.

 

Auftauender Permafrost

 

Methan entweicht auch aus Biogasanlagen

Aktuelle Messungen des Emissions-Kontroll-Instituts (EKI) der Deutschen Umwelthilfe (DUH), die seit dem Spätsommer 2024 laufen, dokumentieren den unkontrollierten Austritt des hochwirksamen Klimagases Methan in die Atmosphäre. Die Messungen wurden bislang an fünf Biogasanlagen, einer Gasverdichterstation sowie einem schwimmenden LNG-Importterminal durchgeführt. Das alarmierende Ergebnis: An allen Anlagen wurde ein signifikanter Anstieg der Methankonzentration in der Umgebungsluft gemessen. Die erhöhte Konzentration war in großer Entfernung von den Anlagen nachweisbar.

 

Daher fordert DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch: „Unsere Messungen zeigen, dass täglich signifikante Mengen Methan unkontrolliert entweichen. Das hat verheerende Folgen für die Gesundheit der Bevölkerung und für das Klima. Und deshalb muss sofort etwas geschehen. Wir fordern von der Bundesregierung umfassende Kontrollen und Sofortmaßnahmen, um den stetigen Austritt von Methan an den Anlagen schnellstens zu stoppen. Die Bundesregierung muss zudem einen Methan-Minderungsplan mit vorlegen, der alle relevanten Sektoren umfasst. Dazu zählt neben dem Energiesektor insbesondere die Landwirtschaft.