Alpiner Wintertourismus – ein Auslaufmodell?
Auch wenn wir Skifahren von Herzen lieben, wollen wir, bevor die ersten Skii-Openings uns die Sinne trüben, einer Bestandsaufnahme Raum geben, denn der massive Gletscherrückgang, Trockenheit im Sommer, später Schnee, der früher schmilzt, auftauender Permafrostboden lassen sich nicht leugnen. Wie kann das weitergehen?
Der Tourismus dieser dicht besiedelten Bergregion mit seinen rund 14 Millionen Menschen ist wie kaum ein anderer Wirtschaftszweig auf eine intakte Natur und Umwelt angewiesen. So werden jedes Jahr rund 120 Millionen Touristen von der Bergwelt angelockt. Mit enormem Aufwand und drastischen Mitteln, wie dem Abdecken von Gletschergebieten, Liftausbau in immer höhere Regionen, über 100.000 Schneekanonen wird das Geschäft aufrechterhalten.Viele der Maßnahmen sind ökologisch äußerst fragwürdig.
Die massiven Auswirkungen auf Skigebiete
Doch wie lange noch? Ein kleiner Temperaturanstieg reicht, und die Schneeflocken fallen nicht mehr vom Himmel. Früher galten schneearme Winter als Ausnahmen. Das hat sich geändert. Steigt die Temperatur im Jahresmittel um zwei Grad Celsius, so verschiebt sich die Schneegrenze somit um etwa 300 Meter nach oben – deutlich spürbar in den tieferliegenden alpinen Skigebieten.
Aber nicht nur dort: „Hätte jemand mir früher erzählt, dass wir hier jemals Schneekanonen brauchen würden, hätte ich ihn für verrückt erklärt“, sagt Peter Leo, Leiter des Schneemanagements am Kitzsteinhorn. „Heute können wir ohne sie nicht mehr leben.“ Die Aufrüstungsspirale in den Winterskiorten mit immer mehr Liftanlagen in immer höheren Regionen und immer mehr Beschneiungsanlagen hat bedenkliche Ausmaße angenommen. Dem grundlegenden Problem der Erderwärmung und des Schneerückzugs wird man damit nur kurzfristig Herr.
Künstliche Beschneiung in den Alpen
In Bayern werden etwa 25 Prozent der Skiräume künstlich beschneit, in Österreich 70 Prozent und in Italien bereits fast 90 Prozent, obwohl dies nach der internationalen Alpenkonvention nur für exponierte Lagen zulässig ist.
Der Rückgang der Alpengletscher
Auf den 4.000 alpinen Gletschern wie dem Kitzsteinhorn sind die Veränderungen am dramatischsten sichtbar: Zwei Drittel der Gletschermassen sind seit 1850 verschwunden. Viele kleine Gletscher existieren gar nicht mehr. Glaziologen befürchten, dass das „ewige Eis“ in den kommenden 20 bis 30 Jahren komplett abschmelzen wird. Dramatischer Effekt dabei ist, dass durch den Verlust der Gletscher auch das Wasserreservoir verloren geht, das zuvor in den Sommermonaten kontinuierlich die Alpenflüsse speiste.
In den vergangenen Jahren hat die Belastung der Berge in zahlreichen Bereichen zugenommen, sei es der enorme Flächenverbrauch durch Zweitwohnsitze und Hotelbauten, Verkehrslawinen aufgrund Massenansturms, Straßeninfrastruktur, Liftanlagen, Eventtourismus und Action-Sportarten, die alle zum Verlust wichtiger Ruheflächen geführt haben. Weil wir Menschen diese Bergregion so eingenommen haben, sind die Alpen in Zeiten des Klimawandels noch anfälliger für Extremwetter wie Hochwasser, Muren- und Lawinenabgänge und Waldbrände.
Traurigerweise haben wir Menschen die Tendenz, immer mehr vom selben zu machen, auch wenn es in die falsche Richtung geht: Im Fall der Alpen immer größere Projekte, tiefere Einschnitte in die Natur, mehr Kunstschnee und das obwohl es heute bereits absehbar ist, dass nur nachhaltiger, sanfter Tourismus Zukunft haben wird.