Weltklimakonferenz in Baku startet unter schwierigen Bedingungen
Die heute beginnende Weltklimakonferenz COP 29 in Baku, Aserbaidschan, steht unter keinem guten Stern. Die Wiederwahl Trumps, der bereits an einem (neuerlichen) Ausstieg aus dem Pariser Klimaabkommen arbeiten soll, sowie das Scheitern der deutschen Ampelregierung, sind nur einige schlechte Vorzeichen für die möglicherweise schwierigste COP überhaupt. Auch der neueste WMO-Bericht, wonach die Treibhausgase auf ein All-Time-High angestiegen und 2024 das heißeste jemals verzeichnete Jahr ist, bedeutet nichts Gutes. Geht es diesmal doch um das äußerst strittige Thema Finanzierung, auf das man sich bei der letzten Klimakonferenz in Dubai nicht einigen konnte. Wer soll die Erreichung der Klimaziele finanzieren und wie kann man sicherstellen, dass die Gelder dort ankommen, wo sie tatsächlich gebraucht werden?
„Das 1,5°-Limit wird pünktlich zur 29. Weltklimakonferenz zum ersten Mal überschritten, wie neueste Daten von Copernicus zeigen. Als junge Menschen Anfang 20 haben wir heuer das dritte Jahrhunderthochwasser unseres Lebens erlebt.“
Theresa Öllinger, UNFCCC-Jugenddelegierte
Diesmal geht es um Erneuerung der Klimapläne und das strittige Thema Finanzierung
Neben der Umsetzung von Vorjahres-Beschlüssen zu Energie-, Minderungs- und Anpassungszielen steht in diesem Jahr die Klimafinanzierung im Mittelpunkt.
Jeder der 197 Staaten musste verpflichtend einen nationalen Klimaplan (NDC) zur Erreichung des 1,5 Grad-Zieles erstellen. Allerdings erreicht die Welt mit den derzeitigen NDCs bis zu 2,8 Grad Erwärmung. Aus diesem Grund müssen die Klimapläne bis Ende Feburar 2025 erneuert werden.
Das sogenannte New Collective Quantified Goal (NCQG) soll das bis dato bestehende Ziel von 100 Milliarden US-Dollar der Industriestaaten nach 2025 ablösen und die internationale Klimafinanzierung auf eine breitere Grundlage stellen. So sprach der UNO-Klimachef Simon Stiell etwa von 2,4 Billionen US-Dollar, die es hierfür benötigt – „wenn nicht mehr“.
„Viel wichtiger als die genaue Höhe ist aber die Frage der Qualität der Mittel, ob sie richtig und wirksam ankommen“, erklärt diesbezüglich Reimund Schwarze, Ökonom am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Leipzig. „Eine Billion Dollar als Paket hätte man prinzipiell recht schnell einmal beisammen.“
Dabei ist es umstritten, wer wie viel beitragen soll, welche Finanzierungstypen einfließen und was in welchen Staaten finanziert werden soll. So fordern EU und USA, dass auch Schwellenländer wie die Ölförderstaaten als Zahler mit ins Boot sollen.
„Auch Staaten, die bislang nicht zu den klassischen Gebern gehörten, aber die nötige Wirtschaftskraft haben, sollten künftig beitragen“, erklärte die deutsche Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze in einer Pressemitteilung. Nachdem alle Beschlüsse auf der COP einstimmig getroffen werden müssen, macht dies eine Einigung der Staaten äußerst schwierig.
Trump könne die Wende verzögern, aber nicht aufhalten
Die USA sind nach den China der zweitgrößte Verursacher klimaschädlicher Treibhausgase. Das Wahlergebnis übrschattet die COP 29. „Beim letzten Mal hat Trumps Anti-Klima-Kurs den Rest der Welt zusammengeschweißt“, erklärte Schulze den Zeitungen der Funke Mediengruppe und meinte weiter, dass Trump es bereits in seiner ersten Amtsperiode nicht geschafft habe, „die Kohle zurückzubringen“. Die erneuerbaren Energien seien „inzwischen ein so gutes Geschäft, dass selbst Republikaner in den USA sich das nicht entgehen lassen wollen“, meinte die Bundesministerin weiter. Die Wirtschaft sei die „beste Verbündete“ mit Blick auf die Klimapolitik. So gehe man davon aus, dass andere Großmächte wie China versuchen würden, das Vakuum zu füllen, das die USA hinterließen.
„Killerstürme, Dürren, immer neue Jahrhundertfluten und Hitzerekorde: Die Klimakrise ist die größte Sicherheitsherausforderung unserer Zeit. Sie wütet unabhängig von Wahlen. Das zeigen die Überschwemmungen in Spanien und die jüngsten Hurrikans in den USA auf schmerzhafte Weise. Und sie zeigen auch: Wir müssen als Weltgemeinschaft gemeinsam alles dafür tun, das 1,5 Grad-Ziel von Paris in Reichweite zu halten.“
Annalena Barbock, deutsche Außenministerin
Klimaforscher glauben nicht an Fortschritte in Baku
Klimaforscher Mojib Latif ist äußerst skeptisch, was den Output der Konferenz betrifft: „Es ist geradezu lächerlich, am 1,5-Grad-Ziel festzuhalten. Wir haben es de facto schon längst gerissen.“ Die Politik leide seiner Meinung nach unter Realitätsverlust, und trotz 28 Klimakonferenzen würden die Treibhausgasemissionen jedes Jahr weiter steigen. „Ich erwarte mir auch von der 29. in Baku nichts.“ erklärte der Klimaforscher resignierend.
„Es werden weiter Menschen sterben, umso mehr, je stärker wir die Temperaturen nach oben treiben.“
Anders Levermann vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK)
Statt weiter das 1,5 Grad-Ziel in den Fokus zu stellen, sollten wir laut Leversmann den Ausstoß von Treibhausgasen auf null reduzieren: „Wann sind wir bei den Emissionen auf netto Null, das muss das Ziel sein, darum muss es Wettbewerb geben.“ Ansonsten würden die Temperaturen immer weiter steigen, mit fatalen Folgen, wie zum Beispiel den enormen Überschwemmungen vor Kurzem in Spanien, oder aber auch bei uns im September.
Aserbaidschan: Menschenrechtsverletzungen und fossile Expansion gehen Hand in Hand
Aserbaidschan ist das dritte fossile und autoritäre Gastgeberland für eine Klimakonferenz in Folge – welch Ironie. Es gibt keinen Klimaschutz ohne Menschenrechte. Das Recht auf freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit muss von jedem COP-Gastgeber respektiert werden. Dass die EU von Aserbaidschan Gas einkaufen will, ist Beweis dafür, dass die Abhängigkeit von Fossilen zu Abhängigkeit von Autokratien führt. Das fossile Zeitalter ist zu Ende.
sagt Sigrid Karl, österreischische Jugenddelegierte in Baku.
Auch wir erwarten uns wenig von der Konferenz. Bedenkt man, dass 90.000 Personen aus der ganzen Welt dafür – oft nicht sehr nachhaltig – anreisen, muss wirklich überlegt werden, ob der ganze Aufwand und THG-Ausstoß dieses Theater wirklich wert ist.