Der Wolf und sein Schutzstatus
Die heutige Abstimmung zur Abschwächung des Schutzstatus für den Wolf bringt europaweit Naturschutzorganisationen auf die Barrikaden.
“Der Vorschlag der EU-Staaten zur Schutzstatus-Senkung ist wissenschaftlich nicht gedeckt und wäre ein völlig falsches Signal. Damit riskiert die Europäische Union ihre Vorreiterrolle im Naturschutz”, sagt WWF-Artenschutzexperte Christian Pichler. “Eine potenzielle Änderung der Konvention macht den Weg frei für eine Aufweichung der gesamten FFH-Richtlinie – mit weitreichenden Konsequenzen für andere gefährdete Arten und den gesamten Naturschutz der EU.”
Tatsächlich notwendig wäre hingegen eine gut geplante Herdenschutz-Offensive.
“Als heimische Wildtiere und Beutegreifer sind Wölfe ein natürlicher Beitrag zur Artenvielfalt”, sagt Pichler. “Sie verhindern die Ausbreitung von Krankheiten und stärken im Idealfall auch die wichtigen Schutzwälder, weil sie zu hohe Wildbestände reduzieren können.”
In einem offenen Brief spricht sich auch der Naturschutzbund gegen eine Abschwächung des Schutzstatus aus und sprich auch von „… weitreichende Konsequenzen nicht nur für den Wolf, sondern für den Schutz aller bedrohten Arten.“ Auch hier wird die viel notwendigere Förderung von wirksamem Herdenschutz als zukunftsfähige Lösung festgehalten.
Wissenslücken der Bevölkerung
Wissensmangel trägt dazu bei, dass unwahre Mythen über den Wolf weiterhin kursieren. Laut dem gestern erschienenen österreichischen Wolfsreport glauben 43 Prozent der Österreicher:innen, der Wolf könne sich unkontrolliert vermehren und 27 Prozent sind der Meinung, er ernähre sich primär von Nutztieren – beides ist durch wissenschaftliche Studien widerlegt.
Tierschutz Austria liest daraus ein klares Zeichen ab, dass der Wolf in der Naturschutzdebatte „missbraucht“ wird.
Und die Realität?
Heuer wurden in Österreich bisher nur 65 Wölfe nachgewiesen, deren Gesamtzahl immer wieder durch rechtswidrige Verordnungen und illegale Abschüsse dezimiert wird. Dabei gelten die meisten erwachsenen Wölfe ohnehin nur als Durchzügler. Als sesshafte Wolfsfamilien gibt es in Österreich derzeit lediglich fünf Rudel.
“Damit ist die Art noch weit vom rechtlich geforderten günstigen Erhaltungszustand entfernt, wie es im Juli auch der Europäische Gerichtshof bestätigt hat”, bekräftigt Christian Pichler vom WWF.
Sollte nach einer Änderung der Berner Konvention auch der EU-Schutzstatus um eine Kategorie gesenkt werden, bliebe dennoch die rechtliche Vorgabe erhalten, dass der Wolf in einen günstigen Erhaltungszustand gebracht werden muss.
Laut Umweltschutzorganisation WWF verfolgen jedoch Bundesländer wie Salzburg, Kärnten oder Tirol derzeit primär eine rechtswidrige Abschuss-Politik, die dem EuGH-Erkenntnis zum Wolf laut Fachleuten eindeutig widerspricht. Zugleich vernachlässigen die zuständigen Landesräte den fachgerechten Herdenschutz und die dafür verfügbaren EU-Fördertöpfe.
Zusammenfassend ist zu sagen, dass dieses Thema sehr groß und vielschichtig ist. Wir hoffen auf eine zukunftsorientierte, alle Aspekte berücksichtigende und vor allem etisch motivierte Entscheidung, die Artenschutz nicht als leeres Schlagwort sieht.