Weltbodentag: Schutz unserer Böden ist Klimaschutz

Anlässlich des Internationalen Weltbodentages am 5.12. mahnen viele Expert:innen vor dem massiven stattfindenden Bodenverlusts durch Verbauung. Alle fünf Minuten werden in Österreich rund 162 m² fruchtbare Ackerflächen und Obstgärten verbaut – Flächen, die 250 kg Lebensmittel liefern könnten. Boden erfüllt eine Vielzahl von Ökosystemleistungen. Neben seiner Funktion als Basis für die Lebensmittelproduktion, ist er Nährstoffspeicher, schützt unsere Trinkwasserressourcen und ist wichtiger Verbündeter beim Artenschutz. Außerdem sind Böden wesentliche Kohlenstoffspeicher. Daher ist es besonders wichtig, die Bodenbewusstseinsbildung im Hinblick auf quantitativen aber auch qualitativen Bodenschutz als unerlässlichen Beitrag zum Klimaschutz, zur Klimawandelanpassung, als Gegensteuerung zum Biodiversitätsverlust sowie zur Erhaltung der Ernährungssicherung und der Versorgung mit sauberem Wasser voranzutreiben.

 

 

Keyfacts zum Bodenverbrauch

  • Österreich hat in den letzten 25 Jahren rund 130.000 Hektar Äcker und Wiesen durch Verbauung unwiederbringlich zerstört – eine Fläche, die der gesamten Ackerfläche des Burgenlands entspricht.
  • In den vergangenen zehn Jahren wurden laut WWF-Bodenreport im Schnitt 12,1 Hektar pro Tag verbraucht und somit fast fünf Mal mehr als die bisher ausgerufene Maximalgrenze von 2,5 Hektar.
  • Sollte dieser Trend ungebremst anhalten, wird es in 200 Jahren keine Äcker und Wiesen mehr für die Lebensmittelproduktion in Österreich geben.
  • Dabei eignen sich nur 16 Prozent der Fläche Österreichs überhaupt zur Lebensmittelproduktion, das sind um 50 Prozent weniger als in Deutschland mit 32 Prozent.
  • Mit 60 Lebensmittelgeschäften pro 100.000 Einwohner übersteigt dieser Wert jenen Deutschlands um 50 Prozent, wo es nur 40 Geschäfte pro 100.000 Einwohner gibt.
  • Tatsächlich liegen die Lebensmittelpreise laut einer Studie der Arbeiterkammer in Österreich im Schnitt um rund 24 Prozent über jenen in Deutschland, unter anderem wegen der hohen Supermarktdichte.
  • Uns muss daher bewusst sein: Jede geopolitische Krise und jede Störung der Lieferketten, wie die Blockade des Suez-Kanals gezeigt hat, bedroht unmittelbar unsere Ernährungssicherheit.

 

օsterreich: Hšöchste Anzahl an SupermŠärkten/Kopf in Europa

 

Umweltschutzorganisationen wie WWF und Greenpeace, aber auch die Österreichische Hagelversicherung fordern seit Jahren einen Bodenschutz-Vertrag und ein Netto-Null-Ziel, um die Lebensmittelsicherheit und die Lebensqualität für zukünftige Generationen sicherstellen zu können.

 

Studie des BMK zeigt Lösungen auf

Die Verringerung der Flächeninanspruchnahme und der Lebensraumzerschneidung gehört zu den vordringlichsten Aufgaben einer nachhaltigen Biodiversitäts- und Umweltpolitik. Derzeit werden in Österreich jedoch täglich etwa 12 Hektar zusätzlich verbraucht. Lösungen für dieses Problem präsentiert nun eine vom Klimaschutzministerium (BMK) in Auftrag gegebene Studie von Raumplanungs- sowie Rechtsexpert:innen. Klar ist, dass für gesunde Böden ein Bodenschutzgesetz mit einem verbindlichen Grenzwert für zusätzliche Flächeninanspruchnahme von netto 2,5 Hektar pro Tag notwendig ist.

Die „Studie zu den möglichen legislativen Instrumenten des Bodenschutzrechts in Österreich“ umfasst zwei Teile. Einerseits erläutert der Raumplanungsexperte Gernot Stöglehner die Dringlichkeit eines verbindlichen quantitativen Bodenschutzziels. Im Anschluss zeigen die Rechtswissenschafter Daniel Ennöckl und Konrad Lachmayer legislative Möglichkeiten zur Umsetzung eines solchen Ziels auf.

Stöglehner argumentiert für ein netto 2,5-Hektar-Bodenverbrauch-Ziel pro Tag als Etappenziel hin zum Netto-Null-Bodenverbrauch. „Ein möglichst rasch umgesetztes Netto-Null-Bodenverbrauchsziel ist unabdingbar, wenn unter Klimawandelbedingungen Ernährungs- und Rohstoffsouveränität auf österreichischem Staatsgebiet sichergestellt sowie genügend Flächen für Klimawandelanpassung, Klimaschutz und Schutz der Artenvielfalt erhalten werden soll. Dafür wäre ein quantitatives Bodenschutzziel rechtlich zu verankern und durch Maßnahmen der Raumordnung sowie durch bodenpolitische Instrumentarien umzusetzen, um bereits gewidmetes Bauland verfügbar zu machen, Leerstand zu aktivieren und leistbares Wohnen sowie leistbare Betriebsstandorte bereitzustellen“, so Gernot Stöglehner.

Um dieses Ziel zu erreichen, braucht es die richtigen rechtlichen Rahmenbedingungen, welche Ennöckl und Lachmayer aufzeigen. „Es ist offenkundig, dass ein rechtlich unverbindliches Ziel zur Reduktion des Bodenverbrauchs keine politischen Konsequenzen hat. Daher sieht unsere Studie einen finanziellen Sanktionsmechanismus vor, der jene Bundesländer, die keine wirksamen Maßnahmen zum Bodenschutz treffen, zu Ausgleichszahlungen an einen Bodenschutzfonds verpflichten. Die Höhe richtet sich danach, wie weit das 2,5 Hektar/Tag-Ziel verfehlt wird“, meint Daniel Ennöckl. Ein solches Bundesbodenschutzgesetz soll unter anderem eine Zielsetzung, Kompetenzverteilung, ein Monitoring, Sanktionsmechanismen, sowie einen bundesweiten Bodenschutzplan umfassen.

 

Veranstaltungsempfehlung „Unsere Böden – die dünne Haut der Erde“ im NHM

Heuer gibt es am 5.12. im Naturhistorischen Museum (NHM) einen Schwerpunkt zum Thema Boden gibt, der unter anderem von Expert:innen des Umweltbundesamtes mitgestaltet wurde. Neben der Sonderausstellung „Unsere Böden – die dünne Haut der Erde“ – wird es am Weltbodentag eine Reihe von Aktionen rund um die wertvolle Ressource Boden geben.

Geboten werden u.a. eine Forschungsstation „Bodentiere kennenlernen“ in der Sonderausstellung, im Laborbereich des Deck 50 werden Bodenlebewesen ausgegraben und unter dem Mikroskop betrachtet. Das Live-Mikrotheater zeigt die lebenden Bodentiere in beeindruckender Vergrößerung auf der riesigen LED-Wand.

Ein besonderes Highlight ist die Station Virtual Life, die exklusiv für diesen Tag von Innsbruck nach Wien reist: Besucher*innen können virtuell und reell unseren Boden besuchen und mit Virtual-Reality-Brillen und Mikroskopen das Leben im Boden erkunden.