Valentinstag: Pestizidcocktail in Blumensträußen

Früher als Zeichen des beginnenden Frühlings und später auch als Zeichen der gegenseitigen Liebe feiern viele den Valentinstag mit einer Blumengabe. Allerdings raten Umweltverbände davon ab, Schnittblumen für den Valentinstag zu kaufen. Diese kommen nämlich zu einem großen Prozentsatz aus dem globalen Süden, beinhalten viele, auch zum Teil in der EU verbotene Pestizide, und weisen einen großen CO2-Fußabdruck auf.

 

„Gerade jetzt mitten im Winter ist es nur verrückt, Schnittblumen zu verschenken“

Corinna Hölzel, Nichtregierungsorganisation BUND gegenüber dem „Spiegel“

 

Laut Hölzner sind frische Sträuße, die zu dieser Jahreszeit verkauft werden, häufig „unter fragwürdigen Bedingungen produziert worden“ und schaden Umwelt und Klima. Auch Waltraud Novak von der österreichischen Umweltorganisation GLOBAL 2000 warnt vor den Schnittblumen, die häufig aus Übersee importiert würden. „Wir wissen seit fast zwei Jahrzehnten, dass Schnittblumen sehr stark mit Pestiziden belastet sind“, sagte sie, „verbessert hat sich die Lage leider kaum über die Jahre.“ Die Belastungen seien teilweise um das Zehnfache höher als bei Lebensmitteln. Grenzwerte einzuführen, dazu habe sich die EU bislang nicht entschließen können. Dies gefährdet auch die Florist:innen, die mit den perstizidbelasteten Blumen hantieren müssen.

 

Rosen sind stark mit Pestiziden belastet

Ökotest Deutschland hat im Jahr 2023 anlässlich des Valentinstags verschiedene Rosen auf Pestizide untersucht und 54 unterschiedliche Pestizidarten (!) in den Rosen gefunden, zum Teil solche, die in der EU verboten sind.

 

Fragwürdige Liebesbekundungen

 

Rund 80 Prozent der hierzulande verkauften Schnittblumen stammen aus dem Ausland, vorwiegend aus den Niederlanden, Kenia, Italien, aus Äthiopien, Sambia oder Ecuador. GLOBAL 2000 zufolge sind viele der Sträuße stark mit Chemikalien belastet. In einer Studie vom letzten Mai hatte die Umweltorganisation 79 verschiedene Pestizide auf den untersuchten 16 Blumensträußen gefunden. Im Durchschnitt war jeder Blumenstrauß mit 14 Pestiziden belastet. Auf einem Strauß wurden sogar 32 verschiedene Wirkstoffe nachgewiesen. Drei Viertel der Gebinde waren zudem mit Chemikalien belastet, die in der EU gar nicht mehr zugelassen sind, weil sie als besonders gefährlich und gesundheitsschädlich gelten.

 

Überblick über die gesamte Ökobilanz

Für die gesamte Ökobilanz müsse laut Hölzel neben

  • der Verwendung von mineralischem Dünger (energieintensiv aus fossilen Rohstoffen hergestellt)
  • dem Einsatz von Pestiziden
  • auch der Wasser- und Energieverbrauch bei der Produktion hinzugerechnet werden,
  • sowie der Transport mit Flugzeug, Schiff und/oder LKW

 

Während Schnittblumen aus dem globalen Süden im Freien wachsen im Gegensatz zu Schnittblumen aus den Niederlanden oder Italien und dadurch weniger Heizenergie benötigen, ist der Wassserverbrauch zum Beispiel in Kenie ein großes Problem, weil es zu Knappheit der Wasserressourcen führt und dadurch die Lebensmittelproduktion negativ beeinträchtigt. Darüber hinaus sind die Bestimmungen für die Verwendung verschiedenster Pestizide und mineralischer Dünger in der EU weitaus strenger als in Ländern des globalen Südens, ebenso die Arbeitsbestimmungen für die Arbeitenden. Desweiteren verursacht der Transport mit Flugzeug mehr Treibhausgasemissionen als der Transport mit LKW.

 

Fehlende Einfuhrbestimmungen sind Hauptgrund

Als Grundproblem sieht Novak, dass es in Europa kein Gesetz gibt, welches Pestizidrückstände auf Zierpflanzen regelt. Fehlende Einfuhrbestimmungen öffnen dabei selbst jenen Pestiziden Tür und Tor, die in der Europäischen Union gar nicht mehr verwendet werden dürfen. Auf drei Viertel der untersuchten Proben fanden sich Wirkstoffe, die in der EU nicht zugelassen sind.

Darunter etwa gesundheitlich besonders bedenkliche Substanzen wie Carbendazim, Chlorpyrifos und Iprodion. Ersteres ist bereits seit einem Jahrzehnt nicht mehr zugelassen, da Carbendazim als mutagen und fortpflanzungsschädigend eingestuft ist. Es kann genetische Defekte verursachen, die Fruchtbarkeit beeinträchtigen und sogar das Kind im Mutterleib schädigen.

 

Branche hat Problem mit Nachhaltigkeit

Branchenvertreter reagierten unterschiedlich auf die Kritik. Man könne für ein Interview leider „nicht zur Verfügung stehen“, hieß es laut „Spiegel“ es beim Blumenhändler Blume 2000. Andrea Kirchhoff vom Verband des Deutschen Blumen-Groß- und Importhandels verteidigte unterdessen das Geschäft: Produzenten und Händler beschäftigten sich „seit Jahrzehnten mit Nachhaltigkeitsthemen“, sagte sie. Die Branche sei „sensibilisiert“. Eine entsprechende Zertifizierung sei zwar nicht verpflichtend, gehöre aber inzwischen „fast zum Standard“.

„Unsere Industrie hat immer noch ein Problem mit der Nachhaltigkeit“, sagte derweil Aron Gelbard, Chef der britischen Bloom & Wild Group, dem größten Online-Blumenversandhändler Europas, „die Standards sind nicht hoch genug, was den Pestizid- und Wasserverbrauch angeht.“ Bloom & Wild setzt auf Recyclingverpackungen. Zudem erprobt die Firma den Seetransport. Blumen aus Kenia, Costa Rica oder Kolumbien sollen künftig übers Meer nach Europa gelangen. „Wenn wir Schiffs- statt Luftfracht verwenden, ist das eine weitere 10- bis 20-fache Reduzierung des CO2-Fußabdrucks“, so Gelbard.

 

Alternativen zu Schnittblumen

  • Man kann statt Schnittblumen aus Übersee heimische Pflanzen kaufen, damit stärkt man regionale Produzenten, die den EU-Standards unterliegen – zum Beispiel Tulpen
  • Oder man schenkt Topfpflanzen aus heimischem Anbau
  • Es gibt auch die sogenannte Slowflower-Bewegung mit Produzent:innen und Händler:innen in Deutschland, Österreich, Schweiz und Liechtenstein, die regionale, saisonale und nachhaltig produzierte Blumen anbieten
  • Es gibt natürlich auch die Variante, ganz auf Blumen zu verzichten …. so kann man zum Beispiel auf der Website des BUND einen Turteltaubengruß mit Spende verschicken