EU vereinfacht Nachhaltigkeitsregeln: Weniger Bürokratie, mehr Investitionen

Die Europäische Kommission hat ein umfassendes Reformpaket geschnürt, das die Nachhaltigkeitsberichterstattung sowie das Lieferkettengesetz für Unternehmen deutlich vereinfacht und Investitionen in den europäischen Wirtschaftsraum erleichtert. Ziel der Maßnahmen ist es, Verwaltungskosten in Höhe von mehr als sechs Milliarden Euro einzusparen und gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Unternehmen zu stärken sowie den Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft zu unterstützen.
„Wir haben Vereinfachung versprochen und Wort gehalten! Heute stellen wir unseren ersten umfassenden Vereinfachungsvorschlag vor. Die Unternehmen in der EU werden von gestrafften Regeln für die Berichterstattung über nachhaltige Finanzen, Sorgfaltspflichten und Taxonomie profitieren. Das macht den Unternehmen das Leben leichter, und gleichzeitig stellen wir sicher, dass wir bei unseren Emissionsabbauzielen auf Kurs bleiben. Weitere Vereinfachungsvorschläge werden folgen.“
Ursula von der Leyen, Präsidentin der Europäischen Kommission
Zentral ist Reduktion der Bürokratie
Ein zentraler Bestandteil der Reform ist die Reduzierung des bürokratischen Aufwands für Unternehmen. Die Anforderungen konzentrieren sich künftig auf große Unternehmen, da diese den größten Einfluss auf Umwelt und Gesellschaft haben.
Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) soll künftig nur noch für Unternehmen gelten, die mehr als 1.000 Mitarbeiter beschäftigen und entweder einen Umsatz von über 50 Millionen Euro oder eine Bilanzsumme von über 25 Millionen Euro aufweisen. Dadurch werden etwa 80 % der ursprünglich erfassten Unternehmen von der CSRD Berichtspflicht ausgenommen. Kleinere und mittlere Unternehmen profitieren von einer deutlichen Verringerung des bürokratischen Aufwands, unter anderem durch eine Reduktion der Meldebögen um 70 Prozent.
Darüber hinaus erhalten Unternehmen mehr Zeit zur Umsetzung der neuen Vorgaben. Die Berichtspflichten werden um zwei Jahre auf das Jahr 2028 verschoben, um den Unternehmen ausreichend Spielraum für Anpassungen zu ermöglichen.
VSME Standard für Unternehmen
Unternehmen, die nachhaltige Investitionen anziehen möchten, haben weiterhin die Möglichkeit, freiwillig zu berichten.
Die EU-Kommission wird einen freiwilligen Standard für alle nicht in den Anwendungsbereich fallenden Unternehmen, einschließlich KMU, annehmen, der auf dem von der EFRAG entwickelten freiwilligen Standard für KMU (dem sogenannten „VSME“-Standard) basiert .
CO2-Grenzausgleichssystem soll angepasst werden
Auch bei dem CO2-Grenzausgleichssystem (Carbon Border Adjustment Mechanism, CBAM) sind Erleichterungen geplant. Kleine Importeure, die weniger als 50 Tonnen CO2-relevante Waren pro Jahr einführen, werden von den Berichtspflichten befreit. Dies soll vor allem den fairen Handel stärken, während gleichzeitig der ökologische Anspruch der EU-Regelungen gewahrt bleibt.
Mit diesen Maßnahmen will die EU einen besseren Rahmen für Investitionen schaffen und Unternehmen ermöglichen, sich verstärkt auf die nachhaltige Transformation zu konzentrieren. Die Reformen bieten mehr Transparenz und gezielte Anreize für Investitionen in umweltfreundliche Innovationen. Die dadurch geschaffenen Bedingungen sollen nicht nur nachhaltiges Wachstum fördern, sondern auch die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft sichern.
Vereinfachung des Lieferkettengesetzes
Das Lieferkettengesetz wird nicht nur verschoben, sondern auch vereinfacht. Sorgfaltsprüfungen in der Lieferkette sollen sich nur auf direkte Geschäftspartner beschränken, Unternehmen mit unter 500 Mitarbeitern müssen großen direkten Geschäftspartnern weniger Informationen zur Verfügung stellen und Überprüfungen der Lieferkette sind nur noch alle fünf Jahre erforderlich. Insgesamt sollen sich beim Lieferkettengesetz die Regulierungen um mindestens 25 Prozent verringern.
Das CSDDD betrifft nun folgende Unternehmen mit Sitz in der EU, die
- mehr als 1.000 Arbeitnehmer:innen beschäftigen und
- mehr als 450 Millionen Euro weltweiten Jahresumsatz erzielen.
Unternehmen geben ihre Sorgfaltspflichten auch an KMU weiter, sofern diese Teil der vor- bzw. nachgelagerten Aktivitätskette sind.
Die Aufweichung der erst 2024 beschlossenen CSDDD führt zu scharfer Kritik seitens vieler Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen. So sehen Südwind und das Netzwerk Soziale Verantwortung darin den Versuch, die Gesetze wirkungslos zu machen.
„Indem sie sich auf das rücksichtslose Deregulierungs-Wettrennen von Elon Musk und Donald Trump einlässt, sabotiert die EU-Kommission ihren eigenen Green Deal und damit die Fortschritte beim Schutz von Menschenrechten und Klima. Sorgfaltspflichten können Menschenleben und Naturzerstörung vorbeugen: Es liegt jetzt an der österreichischen Regierung, Weitblick und Verantwortung zu zeigen und den Omnibus-Vorschlag zu stoppen.”
Stefan Grasgruber-Kerl, Lieferketten-Experte der Menschenrechtsorganisation Südwind.
Kernpunkte der Reformen
- Erhebliche Reduzierung der Berichtspflichten
Rund 80 Prozent der Unternehmen werden von der Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung ausgenommen. Die Anforderungen konzentrieren sich auf große Unternehmen mit dem größten Einfluss auf Umwelt und Gesellschaft. - Verlängerung der Umsetzungsfrist
Unternehmen, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallen, erhalten eine Fristverlängerung von zwei Jahren. Die neuen Berichtspflichten gelten erst ab 2028. - Entlastung kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU)
Der bürokratische Aufwand für KMU wird erheblich reduziert, unter anderem durch die Verringerung der Meldebögen um 70 Prozent. - Anpassung des CO2-Grenzausgleichssystems
Kleine Importeure mit weniger als 50 Tonnen CO2-relevanter Waren pro Jahr werden von den Berichtspflichten befreit, um den fairen Handel zu erleichtern. - Mehr Investitionsanreize für nachhaltige Projekte
Unternehmen können weiterhin freiwillig Nachhaltigkeitsberichte erstellen, um Zugang zu nachhaltigen Finanzierungen und Investitionen zu erhalten.
Weitere notwendige Schritte bis zur tatsächlichen Umsetzung
Der Vorschlag der EU-Kommission zur Omnibus-Verordnung durchläuft mehrere Schritte, bevor er rechtsgültig wird:
1. Vorschlag durch die EU-Kommission
– Die EU-Kommission hat die Omnibus-Verordnung als Teil des „Omnibus-Simplification Package“ vorgeschlagen und leitet sie an das Parlament und den Rat weiter.
2. Danach erfolgt Prüfung durch Parlament und Rat
– Beide Institutionen analysieren den Vorschlag, können Änderungen vorschlagen oder ihn ablehnen.
– Eine Einigung kann in der ersten oder nach einer zweiten Lesung erfolgen.
3. Trilog-Verhandlungen (falls nötig)
– Falls keine Einigung erzielt wird, führen Parlament, Rat und Kommission informelle Verhandlungen.
4. Zustimmung und Annahme
– Nach einer Einigung wird das Gesetz verabschiedet und im EU-Amtsblatt veröffentlicht, eine Umsetzung in nationales Recht ist nicht notwendig, da es sich um eine Verordnung handelt. Es könnte sein, dass die Verabschiedung des Gesetzes noch dieses Jahr erfolgen wird.
Ob diese Entlastung ausreicht, um Unternehmen nachhaltig zu stärken, oder ob weitere Maßnahmen erforderlich sind, wird sich in den kommenden Jahren zeigen. Klar ist jedoch, dass die Reformen einen wichtigen Schritt in Richtung einer effizienteren und zugleich nachhaltigeren Wirtschaftsweise darstellen.
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Pressemitteilung der EU Kommision vom 26.2.2025