Container, die CO₂ aus Frachtschiffen schlucken

Wie ein Start-up die Schifffahrt in Richtung Klimaschutz steuern will – und warum Kalkstein dabei eine Schlüsselrolle spielt.


Die Frachtschifffahrt gehört zu den größten CO₂-Schleudern der Welt. Rund
3 % der weltweiten Treibhausgasemissionen stammen aus diesem Sektor – mehr als die gesamte Luftfahrt zusammen. Jahrzehntelang galt die globale Flotte als nahezu unantastbar: Schweröl, wenig Regulierung, lange Lebenszyklen. Doch das könnte sich nun ändern. Ein britisches Start-up hat eine simple, aber wirkungsvolle Idee entwickelt, die das Potenzial hat, die Branche grundlegend zu verändern.

 

CO₂-Fänger in Containergröße

Das Start-up Seabound, gegründet von Alisha Fredriksson und Roujia Wen, hat einen neuartigen Ansatz für CO₂-Abscheidung auf See entwickelt: Abgasfilter in Form von Standard-Containern, die sich direkt auf den Frachtern installieren lassen.

Das Prinzip: Die Abgase des Schiffsdiesels werden durch Tausende kleine Pellets aus schnell gebranntem Kalk (Kalziumoxid) geleitet. Dabei bindet sich das CO₂ chemisch und verwandelt die Pellets in Kalkstein. Laut Seabound können so bis zu 78 % des CO₂ und 90 % der Schwefelemissionen direkt an Bord eingefangen werden – ohne dass das Schiff dafür auf alternative Antriebe umgestellt werden muss.

„Wir wollten eine Lösung, die sofort einsatzbereit ist, einfach nachrüstbar und mit vorhandener Infrastruktur funktioniert“, sagt Gründerin Alisha Fredriksson. Der große Vorteil: Das System passt in gewöhnliche 20-Fuß-Container und kann modular auf dem Deck installiert werden – je nach Emissionsmenge eines Schiffs.


Brückenlösung für die Klimawende

Seabound versteht sich nicht als Endlösung, sondern als Übergangstechnologie. Langfristig sollen emissionsfreie Antriebe wie grüner Wasserstoff oder Ammoniak die Schifffahrt dekarbonisieren. Doch bis diese Technologien flächendeckend verfügbar sind, könnten Seabound-Container helfen, den CO₂-Ausstoß schnell und kosteneffizient zu senken.

Und der Handlungsdruck steigt: Die Internationale Seeschifffahrtsorganisation (IMO) plant ab 2030 Emissionsabgaben und strengere Auflagen. Wer dann nicht vorab investiert, könnte finanziell massiv unter Druck geraten.

„Unsere Technologie gibt der Branche Zeit, ohne dass sie auf Emissionsminderung verzichten muss“, erklärt Fredriksson. Reedereien könnten den Kalkstein an Land entsorgen, zu Baumaterialien weiterverarbeiten oder – langfristig – in Kreislaufsysteme zurückführen.


Eine saubere Lösung?

Trotz der vielversprechenden Pilotprojekte ist die Technologie nicht frei von Kritik. Die Herstellung des benötigten Kalziumoxids ist energieintensiv und verursacht selbst CO₂-Emissionen. Seabound arbeitet daher an der Integration von sogenanntem grünem Kalk, bei dem die Branntkalk-Produktion durch erneuerbare Energien betrieben wird.

Ein weiteres Argument der Kritiker: Solche Abscheidungs-Technologien könnten Reedereien davon abhalten, in wirklich nachhaltige Antriebsarten zu investieren. Doch das Team von Seabound widerspricht: „Unsere Container sind keine Ausrede, sondern eine Sofortmaßnahme – wir brauchen beides: schnelle CO₂-Reduktion und Investitionen in klimaneutrale Schiffe.“

 

Startklar für den Markt

Die ersten Prototypen wurden bereits erfolgreich auf dem Mittelmeer und dem Roten Meer getestet. Seabound plant nun, die Technologie weltweit auf Container-, Bulk- und Tankerschiffe auszurollen. Erste große Reedereien zeigen bereits Interesse – auch, um sich für die kommenden CO₂-Abgaben der IMO zu wappnen.

Die Container von Seabound könnten damit zum Gamechanger der maritimen Klimawende werden: ein unkompliziertes, skalierbares Werkzeug, das nicht morgen, sondern heute einsatzbereit ist – auf dem Weg zu einer saubereren Schifffahrt.