Rasanter Meeresspiegelanstieg: US-Studie zeigt Tempo wie seit 120 Jahren nicht mehr

Eine neue Analyse in der Fachzeitschrift Nature Communications zeigt, dass sich der Meeresspiegel entlang der US-Küsten seit 2010 doppelt so schnell hebt wie zuvor – ein Warnsignal für die ganze Welt.

 

Der Meeresspiegel steigt und das immer schneller. Laut einer aktuellen US-Studie unter Leitung von Sönke Dangendorf (Tulane University, New Orleans) hat sich das Tempo des Anstiegs in Teilen der USA in den vergangenen Jahren dramatisch beschleunigt. Messstationen an der Südost- und Golfküste registrierten zwischen 2010 und 2022 jährliche Anstiege von über 10 Millimetern pro Jahr – ein Wert, den Forschende als „beispiellos seit mindestens 120 Jahren“ bezeichnen.

Die Ursachen liegen in einer Kombination aus globaler Erwärmung und regionalen Prozessen. Neben dem Abschmelzen der polaren Eisschilde tragen auch Veränderungen in der Ozeanzirkulation (vor allem der Atlantischen Umwälzströmung, AMOC) sowie Bodenabsenkungen an den Küsten zu den extremen lokalen Anstiegsraten bei.

Wahrscheinlichkeit für Kollaps des AMOC höher als bis dato errechnet

Doch die regionale Dynamik ist nur ein Teil des Problems: Eine weitere Studie aus Nature (Hamlington et al., 2024) zeigt, dass sich auch der globale mittlere Meeresspiegelanstieg seit den 1990er-Jahren mehr als verdoppelt hat – von etwa 2,1 mm/Jahr auf über 4,5 mm/Jahr im Jahr 2023. Damit beschleunigt sich der Meeresspiegelanstieg auch im globalen Mittel, mit Folgen für alle Küstenregionen.

„Wir sehen hier keinen Zufall, sondern das Ergebnis einer sich intensivierenden Erderwärmung. Das Fenster für Anpassung schließt sich.“

 Sönke Dangendorf, Studienleiter Tulane University

 

Die Forschenden warnen, dass diese Entwicklung nicht nur die USA betrifft: Auch in Europa, Südostasien und den Pazifikstaaten könnten ähnliche Beschleunigungen auftreten, wenn sich ozeanische Strömungen weiter verändern. Besonders gefährdet sind flache Deltaregionen und Inselstaaten, deren Überflutungsrisiko durch den beschleunigten Anstieg massiv wächst.

 

Warum das wichtig ist

  •  Die aktuelle Rate von 4–5 mm pro Jahr bedeutet, dass der Meeresspiegel bis 2100 um bis zu 1 Meter steigen könnte, falls die Emissionen nicht drastisch sinken.
  • Schon heute spüren Millionen Menschen die Folgen, wie regelmäßig überflutete Straßen in Florida bis zu versalzten Böden in Bangladesch.
  • Laut IPCC gilt der Meeresspiegelanstieg als unumkehrbar über Jahrhunderte, selbst wenn die Erwärmung gebremst wird.

 

Quellen

1) Dangendorf et al. (2023): Acceleration of U.S. Southeast and Gulf coast sea-level rise amplified by internal climate variability, Nature Communications
2) Hamlington et al. (2024): The rate of global sea-level rise doubled during the past three decades, Nature
3) IPCC AR6, Kapitel 9: Sea-Level Change