Grüner Wasserstoff – vom Pilotprojekt zur globalen Energielösung
Grüner Wasserstoff entwickelt sich zunehmend zu einer tragenden Säule der globalen Energiewende. Was vor wenigen Jahren noch als Zukunftsvision galt, nimmt inzwischen weltweit Gestalt an: Immer mehr Länder investieren in Produktionsanlagen, Exportinfrastruktur und Speichertechnologien. Der Fortschritt ist deutlich – und könnte in den kommenden Jahren entscheidend dazu beitragen, fossile Energien in Industrie, Verkehr und Stromversorgung zu ersetzen.
Weltweit wachsender Markt
Laut der Internationalen Energieagentur (IEA) hat sich die Zahl der geplanten oder bereits im Bau befindlichen Projekte zur Erzeugung von grünem Wasserstoff seit 2020 mehr als verfünffacht. Insgesamt befinden sich über 1.400 Projekte in verschiedenen Entwicklungsstadien. Besonders aktiv sind dabei die Europäische Union, China, Australien, Chile und Namibia.
Die jährliche Produktionskapazität für grünen Wasserstoff – also Wasserstoff, der ausschließlich mit erneuerbarem Strom aus Wind oder Sonne hergestellt wird – könnte laut IEA bis 2030 auf über 50 Millionen Tonnen steigen. Das entspräche einer Vermeidung von rund 500 Millionen Tonnen CO₂ pro Jahr, wenn der Wasserstoff fossile Energieträger ersetzt.
Sinkende Kosten und steigende Effizienz
Ein zentraler Treiber dieser Entwicklung ist der rapide Preisverfall bei Elektrolyseuren, die zur Herstellung von Wasserstoff aus Wasser genutzt werden. Während die Kosten 2015 noch bei über 1.200 US-Dollar pro Kilowatt lagen, sind sie heute im Durchschnitt auf unter 500 US-Dollar gesunken. Parallel dazu steigt der Wirkungsgrad moderner Anlagen: Neue Modelle erreichen bereits Effizienzwerte von über 80 Prozent.
Auch die Produktionskosten für grünen Wasserstoff selbst sinken deutlich. In Regionen mit günstigem Zugang zu Solar- oder Windenergie, etwa in Nordafrika, dem Mittleren Osten oder Australien, liegen die Preise laut IRENA (International Renewable Energy Agency) inzwischen bei unter 2 US-Dollar pro Kilogramm – ein Niveau, das vor wenigen Jahren noch als kaum erreichbar galt.
Internationale Partnerschaften und Energieexporte
Zahlreiche Staaten setzen inzwischen auf strategische Partnerschaften, um den Aufbau einer globalen Wasserstoffwirtschaft zu fördern. Deutschland hat mit Ländern wie Namibia, Kanada und Australien langfristige Kooperationsabkommen geschlossen, um grünen Wasserstoff zu importieren und technisches Know-how zu teilen.
Auch in Chile entsteht derzeit eine der weltweit größten Produktionsanlagen für grünen Wasserstoff im Süden des Landes, betrieben mit Windstrom aus Patagonien. Das Land plant, ab 2030 jährlich bis zu 5 Millionen Tonnen zu exportieren. In Saudi-Arabien wiederum soll im Rahmen des „Neom“-Projekts ein vollständig klimaneutrales Industriezentrum entstehen, das auf Wasserstofftechnologie basiert.
Anwendung in Industrie und Verkehr
Industrieunternehmen beginnen zunehmend, Wasserstoff in energieintensiven Prozessen einzusetzen – etwa in der Stahlproduktion, der Chemieindustrie oder bei der Herstellung synthetischer Kraftstoffe. Besonders der grüne Stahl gilt als Symbol des industriellen Umbruchs. In Schweden, Deutschland und Japan laufen bereits kommerzielle Pilotanlagen, die kohlenstofffreien Stahl herstellen.
Im Verkehrssektor setzen mehrere Länder auf den Einsatz von Wasserstoffbrennstoffzellen, vor allem im Schwerlastverkehr, in Zügen und Schiffen. Während Elektroautos den urbanen Straßenverkehr dominieren, könnte Wasserstoff in Zukunft den Langstrecken- und Güterverkehr dekarbonisieren.
Herausforderungen bleiben
Trotz der Fortschritte bestehen weiterhin große Herausforderungen. Der Ausbau erneuerbarer Energien muss mit der steigenden Wasserstoffproduktion Schritt halten, um sicherzustellen, dass der Energieträger tatsächlich „grün“ bleibt. Zudem fehlen vielerorts noch Pipelines, Terminals und Standards für den internationalen Handel.
Experten betonen jedoch, dass der technologische Durchbruch bereits gelungen ist. Die entscheidende Frage sei nun, wie schnell Politik und Wirtschaft die Rahmenbedingungen schaffen, um den Hochlauf im industriellen Maßstab zu ermöglichen.
Conclusio
Grüner Wasserstoff ist längst mehr als ein Zukunftsprojekt – er wird zu einem zentralen Bestandteil der globalen Klimastrategie. Sinkende Kosten, technologische Reife und internationale Kooperationen deuten darauf hin, dass die Vision einer klimaneutralen Energiezukunft greifbar wird. Die kommenden Jahre werden zeigen, ob die Welt die Chance nutzt, diesen Wandel entschlossen zu gestalten.
Quellen und weiterführende Informationen
- International Energy Agency (IEA) – Global Hydrogen Review 2025
https://www.iea.org/reports/global-hydrogen-review-2025 - International Renewable Energy Agency (IRENA) – Green Hydrogen Trade Analysis 2025
https://www.irena.org/Publications/2025/Jun/Analysis-of-the-potential-for-green-hydrogen-and-related-commodities-trade - Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) – Aufbau einer deutsch-namibischen Wasserstoff-Partnerschaft
https://www.bundeswirtschaftsministerium.de/Redaktion/DE/Wasserstoff/Internationale-Wasserstoffzusammenarbeit-Beispiele/wasserstoffzusammenarbeit-mit-namibia.html - IRENA – Global trade in green hydrogen derivatives: Trends in regulation, standardisation and certification (2024)
https://www.irena.org/-/media/Files/IRENA/Agency/Publication/2024/Oct/IRENA_Green_hydrogen_derivatives_trade_2024.pdf