Wissenschafter alarmiert über rasche Weltmeererwärmung vor El Niño

Dieser April weist einen neuen Rekord auf. Noch nie war die Temperatur der Meeresoberfläche so hoch wie jetzt. Wissenschafterinnen wissen noch nicht genau, warum dies passiert, befürchten allerdings, dass durch das Wetterphänomen El Niño die rasante Erwärmung bis Ende nächsten Jahres nochmals verstärkt werden wird. Eine neue Studie von Ozeanografin Karina von Schuckmann et al., die vor kurzem im Journal „Earth System Science Data“ veröffentlicht wurde, beschreibt die unerwartet rasche Erwärmung der Erdoberfläche, insbesonders der Meeresoberflächen in den letzten fünfzehn Jahren.

 

Wärme wird als Energie gespeichert

In diesem Zeitintervall hat sich die Erde fast so stark erwärmt wie in den vorangegangenen 45 Jahren, wobei der größte Teil der zusätzlichen Energie in die Ozeane gelangt ist. „Das Klimasystem der Erde ist aus dem Energiegleichgewicht geraten, und in den letzten Jahrzehnten hat sich die Wärme kontinuierlich angestaut und die Ozeane, das Land, die Kryosphäre und die Atmosphäre erwärmt.“ schreibt Karina von Schuckmann et al. in der Studie. Die Erde speichert wie folgt  Wärme:

  • 2% in der Atmosphäre
  • 5% an Land
  • 4% in der Kryosphäre
  • 89% in den Ozeanen, wobei 52% auf die Tiefe von 0-700m, 30% von 700-2000m und 8% tiefer als 2000m fallen

Während sich das Land im Vergleich zum vorindustriellen Niveau um rund 1,5 Grad Celsius erwärmt hat, stieg die durchschnittliche Oberflächentemperatur der Weltmeere um etwa 0,9 °C, davon 0,6 °C allein in den letzten 40 Jahren.  „Der Grund dafür ist, dass viel mehr Energie benötigt wird, um Wasser zu erwärmen als Land, und dass die Ozeane die Wärme weit unter ihrer Oberfläche absorbieren.“ meint die BBC. Allerdings sind mancherorts die Temperaturen massiv angestiegen, so lagen beispielsweise die Meeresoberflächentemperaturen vor der Ostküste Nordamerikas im März 2023 um 13,8 °C über dem Durchschnitt des Zeitraums 1981-2011.

 

Die Gründe sind noch nicht geklärt

„Es ist noch nicht geklärt, warum eine so rasche und gewaltige Veränderung stattfindet“, sagte Karina von Schuckmann, die Hauptautorin der neuen Studie und Ozeanografin bei der Forschungsgruppe Mercator Ocean International.

„Wir haben die Wärme im Klimasystem in den letzten 15 Jahren verdoppelt. Ich möchte nicht sagen, dass es sich dabei um einen Klimawandel oder eine natürliche Variabilität oder eine Mischung aus beidem handelt, das wissen wir noch nicht. Aber wir sehen diese Veränderung.“ wird sie von der BBC zitiert. Spannend ist, dass im „Abstract“ der Studie sehr wohl steht, dass die Erwärmung von Menschen verursacht wurde.

„Laut dem Sechsten Sachstandsbericht der Arbeitsgruppe I des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderungen ist diese Erwärmung des Planeten über mehrere Jahrzehnte hinweg vom Menschen verursacht worden und führt zu beispiellosen und verbindlichen Veränderungen des Erdsystems mit nachteiligen Auswirkungen auf Ökosysteme und menschliche Systeme. Das Wärmeinventar der Erde liefert ein Maß für das Energieungleichgewicht der Erde (EEI) und ermöglicht es, zu quantifizieren, wie viel Wärme sich im Erdsystem angesammelt hat und wo die Wärme gespeichert ist. Hier zeigen wir, dass das Erdsystem weiterhin Wärme akkumuliert hat, und zwar 381±61 ZJ im Zeitraum von 1971 bis 2020.“ so Karina von Schuckmann in der Studie selbst.

Im BBC Artikel wird spekuliert, dass die Verringerung der Aerosole durch neue Regelungen zur Verringerung des Schwefelausstoßes in der Schifffahrt zu der schnellen Erwärung mitbeigetragen haben könnten, weil diese Aerosole dazu beitragen, dass Wärme in das Weltall reflektiert wird.

 

Auswirkungen der Meereserwärmung

  • Anstieg des Meeresspiegels: Wärmeres Wasser kann das Abschmelzen der Gletscher in Grönland und der Antarktis, die in die Ozeane fließen, erheblich beschleunigen. Der dadurch steigende Meeresspiegel führt zu Lebensraumverlust und auch starker Versalzung landwirtschaftlicher Flächen.
  • Arten sterben aus: Häufigere und intensivere Hitzewellen im Meer führen zu einem Massensterben von Meereslebewesen. Dies betrifft unter anderem Korallenriffe.
  • Extremeres Wetter: Die erhöhte Wärme an der Meeresoberfläche bedeutet, dass mehr Wasser verdunstet und verstärkter Niederschlag entsteht. Darüber hinaus können Wirbelstürme und Zyklone mehr Energie aufnehmen und idadurch intensiver werden und länger andauern.
  • Geringere Fähigkeit, CO2 zu absorbieren: Die Ozeane nehmen derzeit etwa ein Viertel der Treibhausgasemissionen auf. Wärmere Gewässer haben eine geringere Fähigkeit, CO2 zu absorbieren. Wenn die Ozeane in Zukunft weniger CO2 aufnehmen, würde sich mehr davon in der Atmosphäre ansammeln, was zu einer weiteren Erwärmung der Luft und der Ozeane führen würde.

 

Verstärkte Wirkung durch das Wetterphänomen El Niño

„Für Herbst, Winter wird mit 90-prozentiger Wahrscheinlichkeit ein ‚El Nino‘ vorhergesagt. Und wenn es ein ‚El Nino‘-Jahr ist, dann ist die Wahrscheinlichkeit dafür, dass es wieder einen neuen Rekordwert in der globalen Mitteltemperatur gibt, ziemlich hoch“, so  Leopold Haimberger vom Institut für Meteorologie und Geophysik an der Universität Wien im Gespräch mit ORF.at. „Die Auswirkungen auf die Temperatur dehnen sich bis zu einigen Monaten nach dem Höhepunkt eines El Niño aus, deshalb wird 2024 wahrscheinlich das wärmste Jahr in der Geschichte sein.“

„Und vielleicht werden wir in der Nähe von 1,5°C-Tagen sein und vielleicht werden wir vorübergehend darüber hinausgehen.“ meint Hugh McDowell von Australiens Bureau of Meteorology im Interview mit der BBC. Wissenschafter meinen, El Niño wird möglicherweise die Wettermuster auf der ganzen Welt stören, den Monsun abschwächen und weitere Waldbrände in Australien verursachen. Aber es gibt auch grundsätzliche Bedenken, dass das Wasser weniger in der Lage sein könnte, überschüssige Energie zu speichern, wenn mehr Wärme in den Ozean gelangt. Und es besteht die Sorge, dass die in den Ozeanen gespeicherte Wärme nicht dort verbleiben wird, schreibt die BBC weiter.

Die Folgen von El Niño führen zu Ernteausfällen und anderen wirtschaftlichen Konsequezen wie Preissteigerungen aufgrund von Lebensmittelknappheit und dadurch zu vielen sozialen und gesundheitlichen Problemen der betroffenen Menschen.

 

Die Conclusio

Alle Wissenschafter*innen, die hier zitiert wurden, sind sich einig. Wir müssen raus aus fossilen Brennstoffen und jetzt entschlossen handeln. „Wir haben noch ein Zeitfenster, in dem wir handeln können, und das sollten wir nutzen, um die Folgen zu verringern“, meinte Karina von Schuckmann gegenüber BBC News.

„Die Mittel sind immer die gleichen, und das sagen wir schon seit vielen, vielen Jahren. Wir müssen einfach weg von der Energiegewinnung aus fossilen Brennstoffen.“ erklärt Haimberger im orf.at Interview.

 

Weiterführende Links:

BBC Artikel

Studie im „Earth System Science Data“

ORF.at