Österreichs unverantwortlicher Umgang mit kostbarem Gut Boden

Bild ©️Christian Lendl
Seit Jahren kämpfen Umweltschutzorganisationen gegen die zunehmende Versiegelung unserer Böden. Am Dienstag veröffentlichte WWF seinen neuen Bodenreport. Daraus geht hervor, dass wir nach wie vor das Fünffache der in den „Nachhaltigkeitszielen“ 2002 versprochenen Maximalgrenze pro Tag verbrauchen und versiegeln. Die sei ein Sicherheitsrisiko für Österreich. WWF fordert einen nationalen Schulterschluss mit einem “Bodenschutz-Vertrag”.
“Österreich verliert immer mehr kostbare Böden”, warnt die Umweltschutzorganisation WWF in ihrem am Dienstag veröffentlichten Bodenreport. Von den 39% der österreichischen Landesfläche, die als Dauersiedlungsraum in Frage kommen, sind laut DiePresse bereits mehr als ein Sechstel verbraucht. Die Verbrauch hat sich in den letzen Jahren beschleunigt. Während Experten davon ausgingen, dass ein Drittel der sogenannten Bauland-Reserve versiegelt wurde, ist es mehr als die Hälfte.
Greenpeace-Prognose: Österreich verbaut 2024 fast ausschließlich fruchtbare Böden
110.000 Hektar mehr verbraucht
Seit die Politik 2002 ein “Nachhaltigkeitsziel” versprochen hat, wird es jedes Jahr verfehlt – konkret um insgesamt 110.000 Hektar bisher, wie WWF-Berechnungen zeigen. Zum Vergleich: Das entspricht umgerechnet der Fläche aller neun Landeshauptstädte zusammen.
12,1 Hektar pro Tag
Im Schnitt der vergangenen zehn Jahre wurden über 40 Quadratkilometer pro Jahr verbraucht und versiegelt. Das sind umgerechnet 12,1 Hektar pro Tag und somit fast fünf Mal mehr als die versprochene Maximalgrenze von 2,5 Hektar.
Bodenverbrauch wesentlich stärker angewachsen als Bevölkerung

Der Flächenfraß ist laut WWF-Berechnungen langfristig deutlich stärker gewachsen als die Bevölkerung: Während der Bodenverbrauch seit 2000 fast um ein Drittel (32 Prozent) zugenommen hat, ist die Bevölkerung im selben Zeitraum nur um rund 14 Prozent gestiegen.
Verlust von 72.000 Hektar Ackerflächen
Zugleich hat Österreich von 1999 bis 2020 über 72.000 Hektar an fruchtbaren Ackerflächen verloren.
“Das erzeugt ein doppeltes Risiko: Zum einen für unsere eigenständige Lebensmittelversorgung. Zum anderen für den Krisenschutz und damit die langfristige Sicherheit des Landes. Daher braucht es verbindlichen Bodenschutz und ein gut geplantes Renaturierungs-Programm”, sagt Hanna Simons vom WWF.
Gefahr von Schäden durch Extremwetter-Ereignissen
Denn je mehr Boden versiegelt wird, desto größer ist auch das Risiko bei Extremwetter-Ereignissen, die mit der Klimakrise tendenziell häufiger und stärker werden.
“Mit dieser Entwicklung heizen wir die Klimakrise und das Artensterben weiter an. Österreich muss endlich gegensteuern”, fordert Simons weiter.
Doppelt so viele Einkaufszentren als im Jahr 2000
Ein weiterer Schwerpunkt im Bodenreport ist die starke Zersiedelung, die sich laut einer neuen BOKU-Studie seit 1975 verfünffacht hat. Ein Indikator dafür sind die insgesamt 520 Fachmarktzentren und Shopping-Center, deren Anzahl und Fläche sich seit 2000 mehr als verdoppelt hat.
“Die Gesamtwirkung dieser Projekte ist fatal. Viele davon wurden mitten auf der grünen Wiese errichtet, was wiederum für mehr Verkehr und Zersiedelung sorgt. Gleichzeitig veröden immer mehr Ortszentren”, kritisiert WWF-Bodenschutzsprecher Simon Pories.
Generell gebe es trotz einzelner Verbesserungen immer noch zu viele Schlupflöcher für Umwidmungen.
Bodenschutz-Vertrag und Maßnahmenpaket
Im Bodenreport 2024 macht der WWF mehr als 20 Lösungsvorschläge. Die Maßnahmen umfassen u.a.
- eine verbindliche Obergrenze
- eine Naturschutz-Offensive
- eine Reform der Raumplanung
- die Ökologisierung des Steuersystems
- einen Abbauplan für umweltschädliche Subventionen
- den Stopp neuer Schnellstraßenprojekte, weil Österreich bereits über ein extrem dichtes Straßennetz verfügt
- die Belebung von Ortskernen
- die Mobiliserung von Leerständen
- die Einführung einer Versiegelungsabgabe
Der WWF nimmt Bodenschutzversprechungen der Regierung unter die Lupe – das Ergebnis ist ernüchternd
“Derzeit gibt es auf allen politischen Ebenen zu viele Treiber für die Bodenversiegelung“, erklärt Bodenschutzsprecher Pories.“Anstelle von Placebo-Tricks braucht es daher verbindliche Verschärfungen.”
“Dieses Scheitern zeigt, dass uns nur verbindliche Ziele und Maßnahmen beim Bodenschutz weiterbringen. Daher sollte die künftige Bundesregierung einen Bodenschutz-Vertrag mit einer Obergrenze vorlegen und endlich Nägel mit Köpfen machen”, sagt Simons.
Anscheinend ist vielen immer noch der Zusammenhang zwischen zunehmenden Schäden wie Murenabgängen, Überschwemmungen usw. und der massiven Bodenversieglung nicht ganz klar. Die Auswirkungen der Klimakrise verschärfen sich durch unseren ignoranten Umgang mit dem Boden und führen zu Zerstörung und Leid, das vermeidbar wäre. Daher plädieren wir für eine alsbaldige Einführung eines Bodenschutz-Gesetzes, um die dieses Jahr bereits in vielen Regionen unseres Landes sichtbaren Probleme zukünftig vermeiden zu können.
Links
– Der WWF-Bodenreport 2024 zum Download hier.