Kampf gegen Hitze im urbanen Raum
Eine Hitzewelle nach der anderen rollt über Europa hinweg. Besonders der Süden und Osten Europas sind dieses Jahr hart getroffen. Aber auch in Mitteleuropa haben wir über 40 Grad Celsius erreicht. Durch den Klimawandel nehmen die Tropentage und -nächte zu. Und unsere Städte sind besonders stark betroffen. Hier staut sich die Wärme und in den Nächten kühlt es weniger stark ab. Wissenschafter*innen nennen diesen Effekt den „Hitzeinsel-Effekt“. Der Unterschied zwischen der Nachttemperatur im ländlichem Raum und einer Stadt beträgt heute bereits bis zu 10 Grad, so das deutsche Umweltbundesamt.
Warum erhitzen Städte so viel stärker
Die Gründe dafür sind mannigfaltig:
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- So absorbieren mit Beton und Asphalt versiegelte Böden Sonneneinstrahlung und leiten die Wärme in tiefere Schichten weiter.
- Außerdem verdunstet durch die geringere Vegetation in Städten weniger Wasser, das die Luft abkühlt.
- Auch Gebäude tragen zur Wärmeinsel bei, indem sie die Oberfläche der Stadt vergrößern, in der Wärme gespeichert wird, und indem sie für weniger Luftaustausch sorgen.
- Die vielen Dachflächen tragen ebenfalls dazu bei
- Ebenso Abgase aus dem Verkehr und der Industrie
- Und auch das Heizen und Kühlen verstärken die Hitze noch weiter
- Parkende Autos sorgen ebenfalls für mehr Wärme
Der Einsatz von Bäumen
Die Idee ist altbekannt. Bäume kühlen die Umgebung sofort und sind der wichtigste Faktor im Kampf gegen die Hitze. Wissenschaftler*innen konnten nachweisen, dass Bäume durch ihre Beschattung die Lufttemperatur um bis zu 5 Grad Celsius senken und Oberflächen um bis zu 25 Grad Celsius kühlen können. Bei einer Beschattung von 30 Prozent der Stadtfläche könnten laut einer Lancet-Studie bis zu 40% der Hitzetoten vermieden werden.
Die Schaffung von mehr Grünflächen mit mehr Bäumen ist ein wesentlicher Aspekt bei der Kühlung unserere Städte. Diese müssen allerdings so gepflanzt werden, dass sie ein stattliches Alter erreichen können und nicht – wie heute vierlerorts üblich – nach 15-20 Jahren wieder gefällt werden müssen.
Dies funktioniert mit dem Schwammstadtprinzip für Bäume. Dabei wird der Untergrund so gestaltet, dass die Bäume ein vitales Wurzelwerk entwickeln können unnd ausreichend mit Wasser versorgt werden.
Bäume sind echte Alleskönner. Sie spenden Schatten, filtern Feinstaub, binden CO2, verdunsten Wasser, erhalten Biodiversität, schaffen eine angenehme Atmosphäre … und kühlen. Nussbäume sind zum Beispiel sehr gut geeignet, aber auch Obstbäume, die momentan so gut wie gar nicht eingesetzt werden.
Es gibt eine Faustregel: Ein Hektar Park kühlt die Umgebung um ein Grad.
Darüber hinaus gibt es Möglichkeiten, Fassaden und Dächer zu begrünen und auch auf Plätzen kühlende Inseln aus begrünten Pergolen zu errichten.
Weitere Maßnahmen zur Klimawandelanpassung
Magdalena Holzer vom auf Stadtklimatologie spezialisierten Ingenieursbüro Weatherpark ist davon überzeugt, dass “Klimawandelanpassungen in Städten wird in den nächsten Jahren immer wichtiger werden”. Eine Generallösung gebe es ihrer Ansicht allerdings nicht: “Wichtig ist ein passender Mix, der je nach Standort unterschiedlich sein kann.” Dies beinhaltet unter anderem
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- Wasserflächen wie kleine Seen und Bäche (man nennt es auch die blaue Infrastruktur)
- Trinkbrunnen und andere Wasserversorgungspunkte
- Frischluftschneisen in die Stadt zulassen und nicht verbauen
- Wenig versiegelte Flächen, damit Verdunstung möglich bleibt und bei regen das Oberflächenwasser direkt im Boden versickern kann – Schwammprinzip
- Verwendung heller Gebäudefarben und Dachziegel. Zum Beispiel eine erfindung aus den USA – das „weißeste Weiß“, das 98 Prozent des Lichts reflektiert und die Temperatur an den Oberflächen um vier Grad senkt.
- Genügend Platz für alternative Fortbewegungsmittel statt Autos
- Beschattung der Gehwege zum Beispiel mit Markisen und Vordächern
- Nutzung anderer Oberflächenmaterialien wie etwa Granit statt Asphalt
Wie gut sind die Städte gerüstet?
Viele Expert*innen sind sich einig. Deutschland und Österreich haben in Sachen Hitzeschutz der Städte bisher nicht ausreichend geplant und entsprechend Nachholbedarf.
„Die Klimaanpassung der Städte ist im Gange, geht aber nur langsam voran. Da Städte und Gebäude oft für Jahrzehnte oder gar für Jahrhunderte geplant werden, ist es naturgemäß schwierig, in existierenden Städten schnell Änderungen herbeizuführen. Bei der Planung von Neubauten, Neubaugebieten – vor allem auf Industriebrachen im Innenbereich von Städten – und neuen Städten besteht dagegen Gestaltungsspielraum. Hier können Maßnahmen in wenigen Jahren realisiert werden.“ meint zum Beispiel Prof. Dr. Stefan Emeis, im Ruhestand, vom Institut für Meteorologie und Klimaforschung (IMK-IFU), Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Garmisch-Partenkirchen.