Ist der Klimawandel ein reines Problem der Natur?
Bei weitem nicht. Wirtschaft, Politik und Gesellschaft sind gleichermaßen betroffen. Warum und wie man sich das vorstellen kann, verrät Helga Kromp-Kolb in ihrem neuen Buch, das ideal mit dem von Niko Paech korrespondiert.
So wie es ist, kann es nicht bleiben. CO2-Sparen ist nur ein Teil der Lösung. Wir müssen umdenken und brauchen dafür neue Zukunftsvisionen, die uns allen als erstrebenswert erscheinen.
Verzicht ist dabei ein großer Hebel – gleichzeitig auch einer, der gesamtgesellschaftlich große Verlustangst auslöst. Dabei ist einer derartigen Entwicklung einiges abzugewinnen, wenn man sich vor Augen hält, dass die Lebensqualität bei geringerem Lebensstandard wesentlich höher sein kann.
Keine Angst vor Reduktion, denn sie ist nur möglich, nachdem wir uns Fragen stellen wie:
Was brauchen wir wirklich?
Was möchten wir behalten?
Was können wir loslassen?
Diese Klarheiten können wahnsinnig bereichernd für unser Leben sein.
Wer ist für Zukunftsvisionen zuständig?
Die Wissenschaft als Instanz sieht sich nicht in der Position, visionäre Ideen für ein Leben in der Zukunft zu liefern, ihre Aufgabe liegt mehr in der Problemlösung als in kreativem Denken (wenngleich jeder wissenschaftliche Ansatz natürlich von einer als kreativ zu bezeichnenden Idee ausgeht, ist das eine andere Form der Kreativität).
Die Kunst wäre ein Mittel, uns Visionen näher zu bringen – sie kämpft ohnehin noch um ihre Rolle im klimabedingten Umdenkprozess.
Die Politik sollte eigentlich Plattform für Menschen mit Zukunftsvisionen sein. Das würde allerdings voraussetzen, dass immer das große Ganze im Fokus bleibt und nicht persönliche Interessen, die Karriere und das Weiterkommen des Einzelnen. Hier müsste in diesem Fall die nächste Generation vor dem nächsten Wahlausgang stehen. Eine neue Kultur des „einer Sache dienlich-seins“ müsste salonfähig gemacht werden.
Frieden ist Voraussetzung für Nachhaltigkeit
Helga Kromp-Kolb bringt das Bild eines Boots in dem wir alle sitzen und in das bereits Wasser läuft. Die einzige Lösung ist, dass wir gemeinsam schöpfen und möglichst zusammenrücken, denn es toleriert keinerlei Schaukelbewegung.
Eine gemeinsame Lösung ist die Basis allen Umdenkens und alles, was diese Basis ins Wanken bringt muss laut Helga Kromp-Kolb aus dem Weg geräumt werden. Passiert das nicht, rechnet sie mit Atombomben bevor wir den Hitzetod erleiden.
Wir stehen also vor einem gesellschaftlichen Problem
Die Auswirkungen des Klimawandels spalten die Gesellschaft. Die, die am meisten darunter leiden wohnen in den Hitzeinseln der Stadt auf engem Raum mit wenig Grün. Es sind die, denen es wirtschaftlich schlechter geht. Selbstverstärkende Mechanismen verschärfen die Kluft und führen sicherlich zu Auseinandersetzungen und in weiterer Folge zu Kriegen.
Es wird also immer klarer: Der Klimawandel ist in erster Linie ein gesellschaftliches Problem. Als solches ist natürlich die einzige Lösung eine gesellschaftliche.
In diesen Zeiten des Umbruchs wäre es also großartig eine Frage an die gesamte Gesellschaft zu stellen:
Wo wollen wir hin?
Das würde natürlich einen gesellschaftlichen Aushandlungsprozess anstoßen, der wünschenswert ist. Helga Kromp-Kolb vermutet sogar, dass die Lösung vielleicht gar nicht so schwer wäre, denn im Grunde könnte es sein, dass wir alle dasselbe wollen – und dafür sind drei Autos vor der Türe nicht zwingend notwendig.