Vielversprechendes Zukunftsmodell – Agroforstwirtschaft
Agroforstwirtschaft bedeutet, Gehölze (Bäume und Sträucher) mit Ackerkulturen oder Grünland auf einer Fläche so zu kombinieren, dass sich Vorteile für die Natur, das Klima und den Geldbeutel ergeben. Diese Anbaumethode klingt sehr modern, war aber in vielen Kulturen früher ganz normal. Auch bei uns. So zählen Streuobstwiesen ebenso zu dieser Wirtschaftsform wie Hutewälder (z.B. Eichelmast mit Schweinen). Im 19. Jahrhundert verschwand diese Anbauform langsam.
Durch Klimawandel und Artensterben rückt diese Anbauform wieder mehr in den Fokus. Allerdings unterscheiden sich die modernen Agroforstsysteme von den alten dadurch, dass sie an die aktuelle landwirtschaftliche Produktionstechnik angepasst sind. Dabei soll die landwirtschaftliche Nutzung möglichst wenig durch die Bäume beeinträchtigt werden, sodass eine ökonomisch konkurrenzfähige Produktion von tierischen, ackerbaulichen und forstwirtschaftlichen Produkten möglich ist.
„Wenn nicht wir die Herausforderungen beim Klima-, Wasser-, Boden- und Artenschutz lösen, wer dann?“ Der Landwirt Sepp Braun, Vater von vier Töchtern, möchte erreichen, dass seine Äcker „genauso fruchtbar sind wie natürliche Waldböden, die seit Jahrtausenden ohne menschliches Zutun unglaublich viel Biomasse-Wachstum haben“.
Auch der Freisinger Bioland-Bauer Josef Braun ist überzeugt, dass es sich lohnt, die „künstliche Trennung von Forstwirtschaft, Landwirtschaft und Gartenbau, die wir Menschen vollzogen haben, zu überwinden und vernetzte Systeme zu entwickeln“.
Vorteile der Agroforstwirtschaft
Die Mischkultur trägt zur Bodenverbesserung bei, hält mehr Niederschlag auf der Fläche, schützt besser gegen Wind und den Abbau der Humusschicht durchs Vertragen und erhöht die Biodiversität auf den Flächen. Dieses System leistet auch einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz, sowird im Holz der Bäume und Sträucher beachtliche Mengen an CO2 gebunden. Diese Bindung ist von besonders langer Dauer bei Wertholz- und Obstbäumen.
Boden verbessert sich
Durch die unterschiedlichen Pflanzen findet ein stärker vernetzter Nährstoffkreislauf statt. Dies sowie der Laubfall und die Durhcdringung mit unterschiedlich tiefen Wurzeln führen zu einem besseren Bodenleben und dem Aufbau einer größeren Humusschicht. Die Wurzeln dienen als Wasser- und Nährstoffpumpe. Bäumen entziehen dem Boden auch Schadstoffe, wie Untersuchungen in einem Agroforstsystem gezeigt haben, bei denen unter Pappelstreifen die mittlere Nitratkonzentration im Grundwasser mehr als 120 Mal niedriger war als unter den Ackerkulturen.
Grundwasser wird gespeichert
Diese Flächen halten dadurch auch das Wasser viel länger auf der Fläche. Laut ökolandbau.de haben Versuche der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg gezeigt, dass auf einer mit Wintergerste und Baumstreifen bepflanzten Fläche 20 bis 25 Prozent weniger Wasser verdunstet als auf einer Vergleichsfläche ohne Bäume, was der Wintergerste zugutekommt. Das liegt daran, dass die Bäume den Boden beschatten und besonders höhere Windgeschwindigkeiten spürbar reduzieren.
Mikroklima ändert sich
Durch die Baumkronen und Sträucherentsteht ein Windschutz, der Bodenerosion aufhält. Dies und der kühlende Schatten führen zu einem neuen Mirkoklima auf den Flächen.
Höhere Erträge auf kleinerer Fläche
In den brandenburgischen Versuchen wurde auch der Ertrag der Wintergerste gemessen und ein Plus festgestellt: Auf der Agroforstfläche ließen sich 6,2 Tonnen Gerste pro Hektar ernten, auf der baumlosen Vergleichsfläche nur 5,7 Tonnen pro Hektar. Allerdings verringert der Baumbestand die Ackerfläche:
„Unsere Ackerkulturfläche im Agroforstsysteme war aufgrund der Bäume etwa 17 Prozent kleiner als die baumlose Vergleichsfläche, hat aber nur neun Prozent weniger Gerste gebracht. Wenn wir für einen Vergleich der Flächenproduktivität noch den Holzertrag der Agroforstfläche dazurechnen, ist die Gesamtproduktivität im Agroforstsystem um circa zehn Prozent höher„, bilanziert der Bodenkundler Dr. Christian Böhm von der Universität Cottbus.
Welche Nachteile hat das System?
Die Etablierung und Bewirtschaftung von Agroforstsystemen ist im Allgemeinen mit höheren Kosten verbunden als bei reinen Ackerbausystemen und auch der Arbeitsaufwand ist meist größer.
Des weiteren führt das langsam wachsenden Gehölze zu einer langfristige Kapital- und Flächenbindung, die für viele als Nachteil gilt.
Letztlich ist es aber vor allem die Tatsache, dass Betriebe für derart genutzte Flächen bislang keine staatliche Förderung erhalten haben – so wie für herkömmliche Ackerflächen.
Ab 2023 förderfähig
Ab 2023 sind auch Agroforstflächen in Deutschland auch förderfähig. Denn rund 200.000 ha Agroforstflächen sollen laut deutschem Strategieplan zur Gemeinsamen EU-Agrarpolitik (GAP) bis 2027 neu entstehen.
Agrarheute.com schreibt dazu: „An die EU-Förderung als Öko-Schemes von schlappen 60 Euro/ha sind aber an bürokratische Auflagen geknüpft. Dazu zählen 20 m Mindestabstand zwischen den Agroforststreifen und zum Flächenrand sowie 3 m Mindestbreite bei zwei Streifen pro Fläche. (…) Bei durchschnittlich 10 bis 20 Prozent Anteil an den Gehölzflächen auf Acker- oder Grünland bleiben gerade 6 bis 12 Euro/ha an EU-Förderung. Einige Bundesländer fördern Agroforsten aber auch aus der sogenannten Zweiten Säule.“
Hier findet man eine Überblick über die Situation in Österreich.
Weiterführende Links
Deutscher Verband für Agroforstwirtschaft