Teil 1: Wasserstoff als Lösung der Energiewende?

Wasserstoff wird vielfach als Schlüsselfaktor bei der Energiewende weg von fossilen hin zu klimaneutralen Energieträgern gesehen. Prinzipiell kann man damit all das tun, wofür wir bislang vor allem Kohle, Öl und Erdgas verwenden – ohne dass bei der Rückumwandlung in Energie CO2 frei wird. Vor allem in den Bereichen Gebäudewärme, im Verkehrssektor und der Industrie könnte Wasserstoff eine immer größere Rolle spielen. Allerdings ist er in der Umsetzung energie- und kostenaufwendig – und damit wenig effizient.

 

Was ist Wasserstoff?

Es ist ein natürlich vorkommendes chemisches Element (H), das zum Beispiel in Wasser (H2O) vorkommt und bei Normaltemperatur gasförmig ist.

„Obwohl er das leichteste aller chemischen Elemente ist, macht Wasserstoff etwa 75 Prozent der Masse des gesamten Universums aus und steckt in allen lebendigen Organismen. Aber: Wasserstoff tritt in der Regel gebunden, als Bestandteil größerer organischer Verbindungen auf.Um ihn sich als Energieträger nutzbar zu machen, muss er zuerst durch energieintensive chemische Verfahren gelöst werden.“ berichtet Quarks.

Um ihn herzustellen, muss Wasser mittels Elektrolyse in Sauerstoff und Wasserstoff zerlegt werden. Dafür wird Strom benötigt. Wird dieser aus rein erneuerbaren Quellen gewonnen, handelt es sich um grünen Wasserstoff.

 

Wo soll Wasserstoff eingesetzt werden?

Mit ihm können wir unsere Wohnungen beheizen, in Brennstoffzellen Strom erzeugen und synthetischen Kraftstoff für unsere Autos herstellen.

Weiters lassen sich damit Rohstoffe für die Chemieindustrie zu gewinnen, aus denen dann unter anderem Kunststoffe produziert werden. Oder bei der Stahlerzeugung könnte es Kohle ersetzen.

Ein weiteres Anwendungsgebiet sind Gaskraftwerke, die zukünftig mit klimaneutralen Gasen wie Wasserstoff betrieben werden sollen.

Im Verkehrswesen bietet Wasserstoff auch Lösungen für klimaschonenden Verkehr, und zwar dort, wo der Einsatz von Elektro-Antrieben nicht sinnvoll oder möglich ist.

Darüber hinaus wird Wasserstoff auch als wichtiger Speicher für regenerative Energien gehandelt. Die wetterunabhängige Verfügbarkeit der erneuerbaren Energien stellt eine zentrale Herausforderung für eine klimaneutrale Energieversorgung dar.

 

Wie soll Wasserstoff transportiert werden

Es gib zwei Möglichkeiten, wie er dorthin gelangt, wo er benötigt wird: per Schiff oder per Pipeline. Die Physikerin Tabea Arndt vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) forscht mit ihrem Team genau an dieser Fragestellung. Ihre Vision: „Eine besondere Entwicklung an unserem Institut ist eine hybride Energieübertragungstrecke, die elektrische Energie und auch flüssigen Wasserstoff transportieren kann“, beschreibt sie. „Das ist besonders dann hilfreich, wenn man einen Verbraucher hat, zum Beispiel einen Flughafen, der Bedarf hat an flüssigem Wasserstoff aber auch an elektrischer Energie, sodass man die gleiche Trasse für beides nutzen kann.“

Das Verflüssigen von Wasserstoff selbst ist allerdings auch sehr energieintensiv, weil er dafür stark gekühlt werden muss.

 

Kooperation mit anderen Ländern notwendig

Die deutsche Bundesregierung hat im Juni 2020 die Nationale Wasserstoffstrategie beschlossen. Das Ziel ist, auf Basis der Wasserstofftechnologie den CO2-Ausstoß in den Bereichen Industrie, Verkehr und Energie zu senken.

Nach Expertenschätzungen kann Deutschland langfristig maximal ein Fünftel seines Wasserstoffbedarfs selbst produzieren kann. Der Großteil dürfte dort entstehen, wo die Bedingungen für Wind und Solar vorteilhaft sind. „Deutschland als Industrienation wird voraussichtlich niemals in der Lage sein, sich autark mit grüner Energie zu versorgen. Das heißt, wir werden eine Importnation für Primärenergieträger bleiben und damit auch eine Importnation für grünen Wasserstoff “ , meint Physikprofessorin Tabea Arndt, die zu Wasserstofftechnologien forscht.

„Die Bundesregierung setzt daher auf internationale Kooperationen. Strategische Partnerschaften mit Süd- und Westafrika sowie mit Australien sind der Grundstein für die zukünftige Versorgung mit Wasserstoff. In diesen Ländern eignen sich die Bedingungen besonders, um Wind- und Solarstrom für die Herstellung von Wasserstoff zu produzieren.“ ist auf der Website der Bundesregierung dazu zu lesen.

 

Kritische Stimmen zur Wasserstoffstrategie

Es gibt viele skeptische Stimmen zu dem Hype um Wasserstoff. Während die einen Wasserstoff als Schlüsselelement der Energiewende sehen,

So schreiben Michael Grytz und Laura-Charlotte Costan, ARD-Studio Brüssel: „Um Wasserstoff im großen Maßstab herzustellen, braucht es enorm viele Elektrolyseure, die Wasser in seine Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff aufspalten. Und es braucht enorm viele Firmen, die diese Elektrolyseure herstellen. Für die Elektrolyse benötigt man wiederum große Mengen an grüner Energie aus Windkraft und Sonne. Anschließend braucht es die nötige Infrastruktur für den Transport von Wasserstoff zu den Abnehmern, Pipelines und Tankstellen etwa.“

„Wasserstoff ist ein knapper und teurer Energieträger, er ist daher der ‚Champagner‘ der Energiewende“, erklärt Claudia Kemfert, Energieökonomin am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung und Mitglied des Sachverständigenrats für Umweltfragen.

Mehr Realismus zum Thema fordert Prof. Dr. Enno Wagner, Professor für Mechatronische Konstruktion und Technische Mechanik an der Frankfurt University of Applied Sciences (Frankfurt UAS). „Das Umdenken für eine nachhaltige Energiewende wird sehr viel einschneidender sein, als sich das heute manche politischen und wirtschaftlichen Entscheider schönreden. Wir stehen vor der größten technologischen Herausforderung seit Beginn der Industrialisierung. Es geht um nicht weniger als den vollständigen Umbau der gesamten weltumspannenden Industriemaschinerie.“

Mehr dazu in unserem Teil 2!