Die Widerstandsfähigkeit der Wälder und die Waldbrandgefahr

Momentan brennen wieder die Wälder. Wie zum Beispiel rund um Montreal, wo dadurch die Luftgüte so schlecht ist wie nirgendwo sonst auf der Welt – und das soll was heißen. Oder in Jüterbog südlich von Berlin, wo innerhalb kürzester Zeit über 600 Hektar abgebrannt sind. Die allermeisten Waldbrände entstehen durch bewusstes oder unbewusstes menschliches Handeln. Die Trockenheit der letzten Jahre und die Tatsache, dass es sich meist um sogenannte Plantagen handelt, befeuern die Waldbrände.

 

Echte, gesunde Mischwälder und Urwälder brennen so gut wie nicht, meint Förster und Autor Peter Wohlleben im Interview mit watson. „Von Natur aus hätten wir Buchenurwälder und diese natürlichen Wälder würden nicht brennen, weil sie sehr feucht sind. Es ist also hauptsächlich ein Problem der Plantagen in Kombination mit Kahlschlägen und in den allermeisten Fällen – mit Brandstiftung.“ meint er zur Problematik.

 

Wald ist nicht gleich Wald

Der Großteil unserer Waldflächen sind sogenannte „Forste“ oder auch „Plantagen“: Vom Menschen gestaltete Waldflächen, auf denen meist eine Baumart wächst, die alle gleich alt sind und oft in Reih und Gleid stehen. In Österreich sind es meist Fichtenmonokulturen, in Deutschland (zum Beispiel in Brandenburg) vielfach auch Kiefernmonokulturen ohne passendem Unterwuchs und ohne dickem Totholz, denn alle „toten“ Stämme werden abtransportiert.

Ein „Wald“ hingegen ist ein selbstregulierendes System mit Bäumen verschiedener Alter und verschiedener Art mit einem spezifischen Unterbewuchs aus Moosen und ähnlichem und jeder Menge Totholz, meist dicke Stämme, die jede Menge Wasser speichern. Soweit der Unterschied in wenigen Worten.

 

Die Problematik der heutigen Wälder

„Tatsächlich gibt es beunruhigende Projektionen für die Zunahme von „Brandwetter“. Das Risiko wird mit der fortschreitenden Klimakrise immer größer. Langanhaltende Dürren in Kombination mit Hitzewellen sind besonders problematisch, auch weil die Vegetation dann wasserärmer, geschwächt und damit leichter entflammbar ist“, betont Pierre Ibisch, Biologe und Professor für Naturschutz an der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde im Interview mit der tagesschau.

 

Besonderns Kiefernmonokulturen brennen wie Zunder. Dazu meint der Waldexperte Wohlleben gegenüber watson: „Ich nehme an, dass es in Jüterbog vor allem Kieferbestände sind, die brennen. Das ist immer dasselbe: Nadelplantagen brennen wie ein Treibstofflager. Diese leicht brennbaren Nadelbäume, die ja ursprünglich in kühlen, nördlicheren Regionen beheimatet waren, sind hier in relativer Hitze und Trockenheit einfach die reinsten Brandbeschleuniger. Und wenn man langfristig etwas tun will, sollte man den Anbau solcher Baumarten schlicht und ergreifend verbieten.“

 

Dazu kommen das leicht entzündliche Nadelstreu und die fehlende Kraut- und Strauchschicht sowohl dickes Totholz, das sich wie ein Schwamm mit Wasser vollsaugt. „Zudem wirken die Nadelbäume wie Kiefern, Fichten oder auch Douglasien sehr ungünstig auf den Boden, die Humusbildung und die Bodenlebewesen. Dadurch ist die Fähigkeit, Wasser zu speichern, schlechter ausgeprägt. „, erklärt der Waldexperte Pierre Ibisch im Interview mit der tagesschau. Er ist Leiter des Langzeitforschungsexperiments „Pyrophob“, wo WissenschaftlerInnen auf Versuchsflächen untersuchen, „was Wälder widerstandsfähiger gegen Waldbrände, Hitze und Trockenheit macht.“

 

Viele „Wälder“ in Mitteleuropa sind in Wirklichkeit Plantagen.In Deutschland betrifft das rund 50% der „Wälder“. Nadelholzmonokulturen, die alle gleich alt sind, weil nach einem Kahlschlag wiederaufgeforstet. Diese Plantagen sind um rund 8 Grad wärmer als Buchenurwälder, so Wohlleben. „Wir manipulieren im Wald zu viel, das ist der Punkt. Wenn man diese sterbenden Fichtenplantagen abräumt, wird der Boden noch heißer in der Sommersonne, trocknet noch leichter aus. Und gerade auf diesen Kahlschlägen können Waldbrände ganz besonders leicht entstehen.“

 

Brände tragen massiv zu CO2-Emissionen bei

Weltweite Brände, darunter Wald-, Savannen-, Torfmoorbrände sowie solche in der Landwirtschaft,  verursachen laut Greenpeace globale CO2 Emissionen von 7,3 Milliarden Tonnen jährlich.  Hinzu kommen große Mengen an klimawirksamen Schadstoffen wie Methan und Ruß, die erheblich zur Klimakrise beitragen.  Insgesamt verursachen Brände weltweit mehr Emissionen als der globale Verkehr. Das entspricht knapp 50 Porzent der globalen Emissionen aus der Kohle-Verbrennung und heizt massiv den Klimawandel an.

 

Welche Maßnahmen schützen Wälder vor Waldbrandgefahr?

    • Kahlschläge zu verbieten
    • Aufbau eines Mischwaldes mit hier heimischen Laubwaldarten wie Buche, Eiche, Ahorn und so weiter.Diese brennen im lebendigen Zusatnd nicht – ganz im Gegensatz zu Kiefern. Sie küheln die Landschaft im Gegensatz zu den austrocknend wirkenden Kiefernplantagen.
    • Eine altersgemischte Waldstruktur mit Großeltern-, Eltern- und Kindergeneration
    • Mehr Totholz im Wald hilft Feuchtigkeit am Boden zu speichern. Liegendes Totholz brennt nicht gut.
    • Wälder, Waldränder und Brandschutzschneisen benötigen eine Vegetation, die Feuer abhält.
    • Kiefernmonokulturen müssen aus unserem Landschaftsbild verschwinden

 

Ein Waldbrand bietet auch eine Chance

  •  Die Zerstörung der Plantagen durch die Brände hat neben all den negativen Auswirkungen auch einen positiven Aspekt: Es bietet sich die Chance, dass sich ein gesunder heimischer Laubmischwald – ganz ohne Pflanzung und ohne Kosten – auf der verbrannten Erde bildet. Mit Peter Wohllebens Abschlussworten:“ Dazu gibt es Forschungsprojekte, zum Beispiel aus Treuenbrietzen, wo man sieht, dass der Wald nach dem Waldbrand überraschend schnell zurückkommt. Ein Waldbrand ist erstmal eine Tragödie, gar keine Frage. Deshalb sollte man alles versuchen, um sie zu verhindern. Aber wenn man die richtigen Schlüsse daraus zieht, kann es auch eine Chance sein, endlich wieder natürliche Wald-Ökosysteme zu bekommen.“

 

Weiterführende Links:

Interview mit Peter Wohlleben

Interview mit Pierre Ibisch

Das Projekt Pyrophob