„3 Grad Erderwärmung wäre das Ende der menschlichen Zivilisation“

Dies sagte Klimaforscher Dr. Schellnhuber im ZIB2 Interview vom 4.12. 2023 anlässlich der gerade stattfindenden Klimakonferenz in Dubai, deren größter Knackpunkt der Ausstieg aus den fossilen Energien ist. Er warnt eindringlich davor, dass wir auf eine Katastrophe zusteuern, sollten wir nicht jetzt und in den kommenden Jahren die entscheidenden Maßnahmen setzen.

 

„Man sollte einen Rauschgifthändler nicht zum Therapeuten für Suchtkranke machen“, meinte er am Montagabend in der ZIB2. Die Weltklimakonferenzen selbst sieht er kritisch. Diese würden „immer armseliger“, die Ergebnisse seien „winzig“, aber für einen Ideenaustausch geeignet. Die eigentlichen Entscheidungen müssen die Staaten selbst treffen.

 

Eigeninteressen gegen das allgemeine Interesse

Man kann sich vorstellen, dass unter der Leitung eines ölfördernden Landes und einem Vorstand eines Ölkonzerns der Ausstieg aus der Öl- und Gasförderung so lange wie möglich hinausgezögert werden soll. Auch die enorme Anzahl an Lobbyisten aus der fossilen Industrie auf  der heurigen COP spricht Bände. Daher wird auch nicht mehr von einem „Phase-out“ (Ausstieg) sondern einem „Phase-down“ gesprochen und es ist unklar, ob im Abschlussprotokoll der Ausstieg überhaupt als solcher erwähnt sein wird.

Doch laut Schellnhuber ist der Komplettausstieg aus den fossilen Energien bis 2050, eigentlich schon bis 2040 essentiell wichtig, um die globale Erderwärmung auf unter 2 Grad zu halten. Neben diesem Komplettaussteg müssten zusätzlich bereits vorhandene Emissionen aus der Atmosphäre geholt werden, um dieses Ziel zu schaffen. Nun wird schon der erste Teil dieser Doppelstrategie von Al-Jaber in Frage gestellt, was aus wissenschaftlicher Sicht „ein kompletter Unsinn“ ist.

 

Das Phänomen der kognitiven Dissonanz

Wir fahren mit Vollgas gegen eine Wand und dennoch ist sich ein Großteil der Bevölkerung der Dramatik nicht bewusst, wie eine neue Umfrage zeigt (siehe unseren Bericht darüber). Die Wissenschaft warnt bereits seit vielen Jahren vor den Konsequenzen der Erderwärmung. „Bei einer 3-Grad-Erwärmung würden die inneren Tropen unbewohnbar werden. So, dass sie ohne Klimaanlage im Freien nicht länger als drei Stunden überleben könnten. Dann würden 2 bis 3 Milliarden Menschen keinen Lebensraum mehr haben. Gleichzeitig haben wir eine Abschottungspolitik. Wenn wir Richtung 3 Grad oder mehr gehen würden, wäre das das Ende der menschlichen Zivilisation.“ so Schellnhuber im Interview. Warum wir dennoch weiter aufs Gas steigen, statt rechtzeitig auf die Bremse, erklärt der Forscher  mit dem Phänomen der kognitiven Dissonanz. Statt aktiv zu werden und die notwendigen Schritte zu setzen, setzt eine kollektive Verdrängung ein. Es ist ein „wohliges Gefühl des Aufgebens“, so Schellnhuber, dem Schmerzen, Leid und Tod folgt. Die kognitive Dissonanz konnte in der Menschheitsgeschichte schon mehrfach beobachtet werden, so der Klimaforscher.

 

Wer ist Dr. Schellnhuber?

Laut Wikipedia zählt Dr. Hans Joachim Schellnhuber zu den renommiertesten Klimaexperten weltweit. Seine Themenschwerpunkte sind Klimafolgenforschung und Erdsystemanalyse. Er ist langjähriges Mitglied des IPCC  – wo er auch Leitautor des dritten Sachverhaltsberichts war, arbeitete u.a. mit der Weltbank zusammen und ist vielfach in der Beratung von Politik und Wirtschaft tätig. Schellnhuber leitete auch ab 1992 als Gründungsdirektor das Potsdam-Institut für Klimaforschung (PIK).

Bei dem von uns gestern vorgestellten Buch ist er Mitautor.

Offenbar glauben viele Österreicher:innen, ein Leben mit „3 Grad mehr“ sei kein Problem – all jenen legen wir die Lektüre dieses Buches ans Herz