„Wunderwuzzi Pflanzenkohle“ – wie sie helfen kann, das Klima zu retten

Unser wissenschaftliches Beiratsmitglied Andreas Jäger ist ein großer Verfechter der Verwendung von Pflanzenkohle („Biochar“) im Kampf gegen die Klimaerwärmung. Wir müssen die Anzahl der Treibhausgase in der Luft verringern, um die Erderwärmung auf 1,5 Grad einzudämmen. Dazu dienen einerseits technische Verfahren, die heute allerdings erst am Anfang stehen  und andererseits natürliche Methoden. Dazu zählt die Verwendung von Pflanzenkohle. Diese wird aus Biomasse hergestellt. Pflanzenkohle speichert CO2 langfristig, das zuvor der Luft entnommen wurde. Es gibt einige spannende Anwendungsgebiete für Pflanzenkohle, die wir ebenfalls näher beleuchten.

 

Durch Photosynthese und Pyrolyse das Klima retten

Pflanzen entziehen der Luft COund spalten es mittels Photosynthese in Sauerstoff O2 und Kohlenstoff C. Mit diesem bauen sie ihre Biomasse auf. Damit das CO2 nicht wieder in die Atmosphäre entweicht, wird es in den Pflanzen durch Pyrolyse (Verkohlung) dingfest gemacht. Die Verkohlung ist ein jahrhundertealtes Prinzip, das sowohl in Südamerika in Tropengebieten zur Herstellung von „Terra preta“ als auch in unseren Breiten zur Produktion von Holzkohle verwendet wurde. Dazu wird organisches Material wie Holz, Pflanzenreste und Abfälle aus der Lebensmittelproduktion bei hohen Temperaturen ohne Sauerstoff thermisch behandelt. Dadurch verkohlt die Biomasse und der Kohlenstoff bleibt darin gebunden – anders als bei Verbrennung oder Verrottung, wo er wieder freigesetzt wird.

Der Prozess benötigt anfangs Energiezufuhr, hat aber auch einen Temperaturbereich, in dem Energie frei wird. Diese Überschusswärme grösserer Anlagen kann in ein Fernwärmenetz eingespeist werden.

Je nach Rohstoff und Prozesssteuerung fallen Gase, Pyrolyseöl und ein festes Restprodukt wie Pflanzenkohle an. Diese Gase müssen aufgefangen werden, um umweltfreundlich zu sein, und können einer Nutzung als „Biogas“ zugeführt werden.

 

 

Besondere Eigenschaften der Pflanzenkohle

Schwammstruktur

Die Pflanzenkohle hat ganz besondere Eigenschaften: Ihre poröse Struktur macht sie zu einem ausgezeichneten Speicher für Mikroorganismen, Wasser und Nährstoffe. Ihre Oberfläche ist wie ein Schwamm. So kann sie mehr als das Dreifache ihres Gewichts an Wasser aufnehmen.

 

Bodenverbesserung

Pflanzenkohle als Bodenverbesserer, als Terra Preta, ist schon von den alten Kulturen am Amazonas bekannt. „Bei der Terra preta waren die Reste der verkohlten Materialien der Schlüssel, den sonst recht unfruchtbaren Boden langfristig wieder fruchtbar zu machen“, erklärt Gerhard Soja, der am AIT Austrian Institute of Technology und an der Universität für Bodenkultur Wien zu Pflanzenkohle forscht gegenüber DerStandard. „Pflanzenkohle nützt eher Böden, die degradiert sind oder weniger gut Nährstoffe halten können.“ weiß Dominic Woolf von der US-amerikanischen Cornell Universität.

 

Pro Gramm hat Pflanzenkohle eine Oberfläche von rund 300m2! Daher muss man aufpassen: Denn die direkte Anwendung von Pflanzenkohle auf dem Boden kann zu negativen Effekten führen, da sich die Kohle zuerst mit Nährstoffen und Mikrobiologie „aufladen“ muss. Erst wenn die Kohle gesättigt ist, kann sie ihre positive Wirkung entfalten. Daher sollte man Pflanzenkohle immer mit organischem Dünger zusammen verwenden. Die Ureinwohner Brasilien mischten sie zum Beispiel mit Dung.

 

Gigantischer CO2 Speicher

Ihr größter Nutzen im Kampf gegen die Klimakrise ist die jahrtausendelange Kohlenstoffspeicherung:  „Was die Pflanzenkohle nicht zuletzt für den Klimaschutz relevant macht, ist ihre Fähigkeit, CO2 über viele Jahrtausende zu speichern. Würde Pflanzenkohle global angewendet werden, ließen sich damit schätzungsweise zwei Gigatonnen CO2 pro Jahr dauerhaft speichern, sagt Maria-Elena Vorrath, Geowissenschafterin an der Universität Hamburg. Zum Vergleich: Laut dem Global Carbon Project emittierte die gesamte Menschheit im Jahr 2022 rund  38 Gigatonnen CO2.

„Pflanzenkohle“, schreibt der Weltklimarat, „könnte einen bedeutenden Beitrag sowohl zur Eindämmung der Bodendegradation als auch des Klimawandels liefern.“ Pyrogene Kohlenstoffabscheidung und -speicherung (PyCCS) heißt das im Fachjargon. „Neben Humusaufbau und Wiederaufforstung ist Pflanzenkohle die entscheidende Negativemissionstechnologie, denn sie lässt sich kurzfristig im Gigatonnen-Maßstab umsetzen und bietet wertvolle Co-Benefits“, sagt Daniel Kray, der an der Hochschule Offenburg zu Photovoltaik und Pflanzenkohle forscht. Noch effektiver wäre es, zusätzlich das Öl zu speichern, das bei der Pyrolyse entsteht. Zum Beispiel in alten Erdöllagerstätten: „Das wäre ungefährlich und ökologisch sinnvoll, aber teuer.“ Besser: das Öl nutzen und speichern, etwa beigemischt in Asphalt.

 

Anwendungsgebiete

Zu den verschiedensten Möglichkeiten, Pflanzenkohle zu nutzen, forscht Kathleen Draper. Sie ist US-Direktorin des Ithaka Instituts, eines internationalen Netzwerks für Kohlenstoff-Strategien, und Co-Autorin des Buches Burn: Using Fire to Cool the Earth (2019). In einem Videointerview mit GoodImpact hält sie einen grauen Ziegelstein in der Hand und erklärt: „Der besteht aus recyceltem Plastik und Pflanzenkohle. Ich habe ihn mit meinen Studierenden in Gambia gemacht. Gerade für Länder, in denen es keine etablierten Plastik-Recyclingsysteme gibt, sind solche Anwendungen toll.“ Sie deutet neben sich: „Diese Wand enthält etwa 500 Gramm Pflanzenkohle, aber auch Materialien wie recyceltes Glas.“ Draußen, erzählt sie, stehe eine Klärgrube mit Pflanzenkohle – als reinigendes Filtermedium. „Solche Lösungen machen so viel Sinn.“ Draper forscht seit Jahren zu Pflanzenkohle und meint: „Die Reise beginnt gerade erst.“

 

Andreas Jäger stellt in seinem Blog die Verwendung von Pflanzenkohle für Beton vor. Durch dessen Beimischung wird klimaschädlicher Beton klimaneutral.Die Vision geht dahin, dass Beton zu einer CO2-Senke wird.

Beton als Klimaretter?

 

Eine der wichtigsten Anwendungsgebiete von Pflanzenkohle ist der Humusaufbau, der essentiell für die Bindung von Kohlenstoff ist.Es gibt eine österreichische Inititative humusplus, die sich intensiv mit diesem Thema auseinandersetzt und auch Weiterbildungen u.v.m. zu dem Thema anbietet. Am 5. und 6.Februar findet ein Symposium zum Thema statt.

Hier findest du die Infos dazu!

 

In Österreich steht weltweit einzigartige Pyrolyse-Anlage

Andreas Jäger besuchte diese Anlage in Pinkafeld , die von Gerald und Dominik Dunst konzipiert wurde. Diese ist die erste abfallrechtlich bewilligte Pflanzenkohle-Produktionsanlage Europas und seit Juli 2012 in einem kontinuierlichen Betrieb. Täglich werden 1.500kg hochwertige Pflanzenkohle hergestellt. Insgesamt wird die Branche weltweit professioneller und die Anzahl der Pyrolyse-Betriebe nimmt zu. In Deutschland gibt es 2022 eine eigene Förderschiene für Humusaufbau und zur Anwendung von Pflanzenkohle.

 

 

Quellen:

GoodImpact

Spiegel: Wie Pflanzenkohle das Klima retten soll

DerStandard: Coole Kohle: Wie Pflanzenkohle zum KLimaschutz beitragen kann a