Netzausbauplan für Energiewende vorgestellt

Laut Klimaschutzministerium hat Österreich gestern als erster EU-Mitgliedsstaat einen integrierten Netzinfrastrukturplan präsentiert. Die Energiewende benötigt den dringenden Um- und Ausbau der vorhandenen Strom- und Gasnetzinfrastruktur, um den neuen Herausforderungen durch Erzeugung erneuerbarer Energien und den verstärkten Einsatz von Wasserstoff gerecht zu werden. Der ÖNIP (Österreichischer integrierter Netzentwicklungsplan) des BMK liefert wichtige Anhaltspunkte und Transparenz, wie sich die Energieinfrastruktur weiterentwickeln muss, wenn die Energiewende gelingen soll.

 

Investition von neun Milliarden Euro

Der Berteiber des heimischen Hochspannungsnetzes Austrian Power Grip (APG) wird laut ORF neun Milliarden Euro in den kommenden zehn Jahren in den Aus- und Umbau des österreichischen Hochspannungsnetzes investieren. „Das aktuelle Stromnetz ist für die Herausforderungen einer klimaneutralen Energiezukunft noch nicht gerüstet. Unser Investitionsplan bis 2034 von neun Milliarden Euro ist ein erster Schritt – die Ausbauanforderungen bis 2040 werden aber ein Vielfaches betragen. Um diese Investitionen wirksam werden zu lassen, braucht es veränderte Rahmenbedingungen, die Akzeptanz für Strominfrastruktur auf allen gesellschaftlichen Ebenen und eine akkordierte Umsetzung aller energiewirtschaftlich relevanten Projekte. Nur so kann die Energiewende versorgungssicher und kosteneffizient erfolgen“, sagt Thomas Karall, kaufmännischer Vorstand der APG.

 

Strombedarf wird weiter steigen

Der ÖNIP geht von einem gesteigerten Strombedarf von 90 TWh in 2030 und 121 TWh in 2040 aus. Zuletzt lag der Stromverbrauch bei 73 TWh (2022). Laut Erneuerbare Energie Österreich (EEÖ) kann der Bedarf an erneuerbarem Strom vollständig aus heimischer Energieerzeugung abgedeckt werden, wenn die Infrastruktur darauf ausgerichtet wird. Auch bei der zukünftigen Gasversorgung aus Bio-Methan und erneuerbarem Wasserstoff braucht es einen vorausschauenden Ausbau.

Der ÖNIP stellt auch klar, dass die im Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) festgelegten Ziele für den Ausbau der Erneuerbaren nicht ausreichen. Für die Windkraft ist im EAG ein Ausbau von 10 TWh bis 2030 festgelegt. Der ÖNIP stellt aber klar, dass diese Größenordnung deutlich zu niedrig ist und zumindest auf 21 TWh angehoben werden muss. „Diese Ziele im ÖNIP kommen der tatsächlichen Ausbaunotwendigkeit schon sehr nahe“, bemerkt Stefan Moidl, Geschäftsführer von IG Windkraft: „Mit 150 Windrädern und 1.000 MW Windkraftausbau pro Jahr könnten 2030 nach unserer Einschätzung sogar 25 TWh erreicht werden. Voraussetzung dafür sind allerdings passende Rahmenbedingungen, die auf der Ebene der Länder leider zum Großteil noch immer fehlen.“

 

Umbau der Gasinfrastruktur schafft paralleles H2-Netz

Die erfolgreiche Integration grüner Gase in das Energiesystem – insbesondere Biomethan und Wasserstoff – setzt den Umbau der Gasinfrastruktur voraus. Einerseits müssen Biomethananlagen an das Gasnetz angeschlossen werden, um die Speicherbarkeit dieses Energieträgers optimal nutzen zu können.

Mit der Umwidmung von rund 1400 km bestehender Gasleitungen für den Wasserstofftransport und dem Zubau von rund 300 km Wasserstoffleitungen kann das Wasserstoff-Startnetz relativ rasch aufgebaut werden. Mit etwa 2 Mrd. Euro kann so ein leistungsstarkes Wasserstoffnetz errichtet werden, das für den prognostizierten Bedarf und Transit für das Jahr 2050 ausreichend dimensioniert ist. Mit diesen Investitionen ist auch die Anbindung an den Europäischen Hydrogen Backbone gewährleistet und damit auch Österreichs Rolle als Gasdrehscheibe für Mitteleuropa gesichert.

 

Integrierter Blick und Umweltprüfung

Klimaschutzministerin Leonore Gewessler sprach am Montag davon, dass der ÖNIP alle Energieträger und somit das gesamte Energiesystem in einem „integrierten Blick“ zusammengefasst hätte. Desweiteren wurden die im ÖNIP festgelegten Ziele einer strategischen Umweltprüfung unterzogen, um die Umweltauswirkungen des Ausbauplans zu überprüfen. „Der ÖNIP schafft Klarheit und Transparenz – und schafft Sicherheit für die Umsetzung der Projekte“, erklärte APG-Geschäftsführer Gerhard Christiner im Zuge der Präsentation.

 

Wir müssen uns zum Maßnahmenweltmeister entwickeln

„Es ist sehr gut, für die Energiewende eine sektorübergreifenden Plan zu haben, wir müssen uns aber, um die Dekarbonisierungsziele tatsächlich zu erreichen, vom Ziele- zum Maßnahmenweltmeister weiterentwickeln. Nur dann kann die Energiewende in der Pipeline gelingen“ ergänzt Bernhard Painz, Vorstand der Austrian Gas Grid Management AG (AGGM).

 

Positive Reaktionen

Sowohl IG Windkraft, EEÖ und PV Austria haben positiv auf die Netzausbaupläne reagiert. „Die IG Windkraft begrüßt diesen Ausbauplan, ist der Umbau der Stromnetze auf die Bedürfnisse der Erneuerbaren von entscheidender Bedeutung für das Gelingen der Energiewende“, so Moidl in einer Aussendung und meint weiter: „Diese Ziele im ÖNIP kommen der tatsächlichen Ausbaunotwendigkeit schon sehr nahe“. EEÖ-Geschäftsführerin Martina Prechtl-Grundnig erklärte in einer Aussendung, dass der Netzinfrastrukturplan das notwendige Gerüst für den Ausbau der erneuerbaren Energien liefere.

 

Weiterer Fahrplan

Ganz wesentliche Bausteine zur Verwirklichung dieser Ziele sind die derzeit vorbereiteten Gesetzesinitiativen zur Neu-Kodifikation des Elektrizitätsrechts durch das ElWG (Elektrizitätswirtschaftsgesetz) sowie die verfahrensrechtlichen Beschleunigungsinstrumente durch das EABG (Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungsgesetz) meint APG in einer Aussendung. Die unverzügliche Verabschiedung dieser Gesetze ist Voraussetzung damit der ÖNIP in den Projekten rasch umgesetzt werden kann. Gelingt das nicht, verzögern sich Infrastrukturprojekte weiter. ÖNIP selbst muss mit einer Zweidrittelmehrheit im Nationalrat beschlossen werden.

 

Links:

BMK-ÖNIP