Agroforstwirtschaft als nachhaltige Landwirtschaftsform

In Deutschland war die Landwirtschaft laut Umweltbundesamt für rund 14% der gesamten Treibhausgasemissionen im Jahr 2022 verantwortlich. Gleichzeitig ist dieser Sektor stark von den Auswirkungen der Klimakrise betroffen. Vielerorts sucht man nach alternativen landwirtschaftlichen Modellen, die die konventionelle, industrielle Agrarwirtschaft zu mindest teilweise ersetzen kann. Sogenannte Agroforstwirtschaftsformen sind nachhaltige, stabile, sich selbst erhaltende Ökosysteme bestehend aus einer Vielzahl unterschiedlichster mehrjähriger Pflanzen. In manchen Teilen der Welt hat diese Anbauform eine lange Tradition.

 

Was ist Agroforstwirtschaft?

Sogenannte Agroforstwirtschaftssysteme imitieren Waldränder oder auch Waldsysteme und verbinden land- und forstwirtschaftliche Elemente zu einem harmonischen Ganzen. Dabei werden die Vorteile von Ackerbau, Baumbepflanzung und zum Teil auch Viehzucht miteinander so kombiniert, dass nachhaltige und umweltfreundliche Lösungen für die Landwirtschaft entstehen. „Wirtschaftliche Ziele der Produktion und Umweltbelange werden miteinander verflochten und die Widersprüche, die zwischen Beiden in der konventionellen Landwirtschaft bestehen, aufgelöst. Im Fokus steht die Nutzung von Synergien, die beim Anbau verschiedener Feldfrüchte und Gehölze auf einer Fläche entstehen und die Produktivität erhöhen können. “ schreibt die Universität Osnabrück, die zu diesem Thema forscht.

 

Wie funktioniert so ein System?

Es gibt verschiedene Ausprägungsformen dieser Agroforstsysteme wie Food Forests oder auch Food Gardens, im Deutschen Waldgärten und Nahrungswälder. Einfache Formen sind hochwachsende Baumreihen auf Acker- oder Rebflächen. Andere Systeme, wie der Nahrungswald,  sind weit komplexer und kombinieren Baum-, Strauch- und Krautschicht sowie Kletterpflanzen und auch Pilze, Bodendecker und Wurzelgewächse. Dabei geht es immer darum, das eine Vielzahl unterschiedlicher Pflanzen, die alle mindestens eine Nutzungsmöglichkeit bieten, in einem System miteinander zu verbinden. Dabei verzichtet man auf den Einsatz von Gülle, synthetischen Dünger und Pestizide sowie Monokulturen in einem Agroforstsystem.

Nutzungsmöglichkeiten sind:

  • Nahrungsquelle
  • Bodenverbesserer
  • Holz
  • Heilmittel

„Der Nahrungswald ahmt die Struktur naturgegebener Wälder nach und verfügt über eine Vielzahl an Pflanzenarten, welche den natürlichen Stockwerken des Waldes entsprechen“, erklärt Prof. Dr. Martin Franz vom Institut für Geographie der Universität Osnabrück.

 

Damit ein solches System funktioniert, braucht es Wissen und Zeit. Wissen, welche Arten auf welche Weise gut miteinander kombiniert werden können und für den Standort geeignet sind. Ein Agroforstsystem wird am Reißbrett konzipiert und danach nach Plan umgesetzt. Meist werden solche Systeme eingezäunt, damit sie eine Chance haben, ohne massiven Wildverbiss aufzuwachsen.

 

 

Vorteile von Agroforstsystemen

  • Sobald das System „steht“, benötigt es weder Bewässerung noch Dünger und ist dadurch sehr klimawandelresistent. Ein solches System ist wesentlich stabiler und robuster gegen Extremwetter, sei es Hitze, Trockenheit oder Starkregen, sowie auch gegen Schädlingsbefall. Dadurch werden auch Ernteverluste wesentlich geringer gehalten.
  • Durch die hohe Artenvielfalt eines solchen Systems nimmt auch die Biodiversität an Insekten, Kleinsäugern, Vögeln und Amphibien stark zu.
  • Das Bodenleben wird aktiviert und verbessert, wodurch sich auch die Wasseraufnahmefähigkeit und -speicherfähigkeit drastisch erhöht.
  • Es bildet sich über die Jahre eine dicke Humusschicht, die wiederum große Mengen an klimaschädlichem Kohlendioxid speichert
  • In der Relation zur konventionellen Landwirtschaft benötigt dieses System  – sobald etabliert – weit weniger Pflege.
  • Durch den Anbau unterschiedlicher Produkte kann über einen relativ langen Zeitraum des Jahres geerntet werden.

„Zudem profitieren die landwirtschaftlichen Betriebe neben den Erträgen aus Holz und Früchten oder Nüssen auch von einem verbesserten Mikroklima, einer gesunden Umwelt, einer größeren Kohlenstoffbindung sowie einer besseren Wasserqualität und -speicherung im Nahrungswald. Der Nahrungswald dient zudem als ökologisch wertvolles Habitat für verschiedene Tier- und Pflanzenarten“, erklärt Prof. Dr. Tobias Wünscher von der Life Science Fakultät der Hochschule Rhein-Waal.

 

Nachteile

  • Die ersten Jahre bietet ein Agroforstsystem wenig Ertrag. Dieser steigert sich im Lauf der Jahre. „Nach einer Wachstumsperiode von 10 bis 15 Jahren können diese Wälder jährlich bis zu 10.000 Kilo Lebensmittel und andere Produkte pro Hektar erzeugen“, berichtet Nicolaas Geijer von der Stiftung Voedselbosbouw Nederland über Erfahrungen aus den Niederlanden.
  • Die Ernte ist in einem Agroforst weit schwieriger als in konventioneller Landwirtschaft. Die Ernte muss zum Großteil händisch erledigt werden. Einjährige Pflanzen, die meist nicht ins  Konzept passen, können so gar nicht angebaut werden. Doch zu diesem Thema wird u.a. in den Niederlanden bereits geforscht. „Es wird zum Beispiel erprobt, wie mit Hilfe von Robotik die bislang sehr aufwendige Ernte vereinfacht werde kann“, erklärt dazu Alfons Uijtewaal von der Stiftung Huize Aarde.

 

Links

Food Forest Institute

Agroforestry Research Trust UK