Weltnaturgipfel – Gegen den dramatischen Rückgang der Arten

Nicht nur die Klimakrise ist real, auch die globale Biodiversität ist stark in Gefahr. Laut Bericht des Weltbiodiversitätsrats (IPBES),  sind weltweit rund EINE MILLION Tier- und Pflanzenarten vom Aussterben bedroht. Eine unglaublich erschütternde Zahl. Der Weltnaturgipfel in Montréal, Kanada, der zwei Wochen lang seit 7. Dezember tagt, steht vor der unglaublichen Herausforderung, diese Bedrohung abzuwenden. Der Rückgang der Arten und die Zerstörung unserer Ökosysteme und der Klimawandel gehören zusammen und haben beide sehr problematische Auswirkungen auf unser menschliches Leben.

 

Frieden mit der Natur schließen

Antònio Guterres fand in seiner Eröffnungsrede beim Weltnaturgipfen in Montréal scharfe Worte für unser bisheriges Verhalten: „Wir führen Krieg gegen die Natur“ und behandeln sie wie unsere Toilette. Die „Orgie der Zerstörung“ müsse beendet werden. „Wir müssen die Verantwortung übernehmen für den Schaden, den wir angerichtet haben, und handeln, um es wieder in Ordnung zu bringen“, so Guterres weiter. „Trotz der Träume von Milliardären, die sich etwas vormachen, gibt es keinen Planet B. Wir müssen die Welt in Ordnung bringen, die wir haben.“

 

Große Hoffnungen

Viele erhoffen sich einen „Paris-Moment für den Artenschutz“  vom Weltnaturgipfel im kanadischen Montréal, so auch Elizabeth Maruma Mrema, die Chefin der UN-Biodiversitätskonvention. 2015 hatten sich in Paris die Teilnehmer der UN-Klimakonferenz darauf geeinigt, die Erderwärmung im Vergleich zur vorindustriellen Zeit möglichst auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen – ein großer Durchbruch der Staatengemeinschaft.

 

Schwierige Verhandlungen

Bei der Hauptfrage, 30 Prozent der weltweiten Landes- und Meeresflächen bis 2030 unter Schutz zu stellen, ist bis dato keine Annäherung erzielt worden. Zum Vergleich: In Deutschland stehen nur 0,6 Prozent der Fläche in der strengsten Kategorie als Nationalparks geschützt.

 

„Dieser geringe Umfang an geschützten Flächen in Deutschland ist nichts im Vergleich zu Staaten des globalen Südens wie Botswana oder Tansania, die 20 bis 40 Prozent ihrer Flächen in Nationalparks schützen“, meint Matthias Glaubrecht, Biodiversitätsforscher am Leibniz-Institut zur Analyse des Biodiversitätswandels in Hamburg.

„Wenn ein Land wie Deutschland es nicht schafft, 30 Prozent seiner Fläche unter Schutz zu stellen, müsste es sich sozusagen freikaufen können“, sagt Professor Glaubrecht weiter.

 

Ebenso schwierig erweisen sich die Verhandlungen über die finanzielle Unterstützung der Entwicklungsländer beim Schutz der Artenvielfalt.

„Die Summen, die jährlich in umweltschädliche Anreize fließen, sollen weltweit um 500 Milliarden US-Dollar verringert werden. Unter anderem geht es dabei um Subventionen für fossile Energien. 200 Milliarden US-Dollar sollen stattdessen jährlich dem Naturschutz zugutekommen, so der Entwurf der sogenannten post-2020-Ziele“ schreibt dazu das science media center.

 

Laut FAZ könnte der seit Jahren schwelende Streit zwischen Nord und Süd um sogenannte „Biopiraterie“, also die private Nutzung genetischer Daten aus der DNA, aber auch um Details zu Proteinen oder zu RNA, zu einem großen Hindernis des Weltnaturgipfels werden.  Diese genetischen Daten enthalten nicht nur für die Forschung wertvolle Informationen, sondern sind insbesondere für die Pharma- und Chemiebranchen seehr wertvoll.

 

Zwischenbilanz nach einer Woche

Viele Beobachter warnten vor einem Scheitern des Gipfels, dieses dürfte allerdings abgewendet worden sein. Zuversichtlich äußerte sich Chefunterhändler Basile van Havre nun zu den Erfolgsaussichten des wohl wichtigsten Artenschutzvertrags des Jahrzehnts. Nach wichtigen Fortschritten in den vergangenen Tagen gebe es kein Land mehr, das ein Abkommen blockieren wolle, meinte er und zeigte sich darüber erleichtert.

Für die Verabschiedung eines neuen globalen Artenschutzabkommens ist Einstimmigkeit nötig, also die Zustimmung von Repräsentanten fast der gesamten Menschheit.

„Es gibt so viel Unterstützung für das 30×30-Ziel, dass ich bezweifle, dass es nicht verabschiedet oder in seinem Ausmaß verringert wird“, sagt der sonst mit Prognosen vorsichtige van Havre zum Schlüsselelement, bis 2030 30 Prozent der globalen Flächen unter Schutz zu stellen.

 

„Wir können nicht nach Hause gehen mit einer wenig ambitionierten Vereinbarung, die Ziele und Umsetzungs- und Kontrollmechanismen nicht klar benennt“, so Inka Gnittke, deutsche Delegationsleiterin.

 

Es gilt jedoch abzuwarten, wie ambitioniert die schlussendliche Fassung des Abkommens formuliert sein wird.