Die zwei Seiten der künstlichen Intelligenz

Egal, ob ein noch nie dagewesenes Bild generiert aus einigen Worten, ein Gedicht im Stile Goethes oder einen Text über ein beliebig schwieriges Thema – die neuesten Entwicklungen im Bereich künstlicher Intelligenz machen Dinge möglich, von denen wir vor 20 Jahren nicht einmal geträumt haben. Heute sind sie eine Eingabe entfernt. Gerade der Chatbot ChatGPT wird momentan medial stark gehypt.  Da stellt sich uns die Frage: Zählt künstliche Intelligenz zu den Klimachancen oder Klimasündern?

Diese Frage ist nicht eindeutig zu beantworten. Es spielen viele verschiedene Faktoren hierbei eine Rolle.

 

Der Aspekt des Energieeinsatzes

Eines ist klar: Je mehr Daten eine KI auswerten muss, desto mehr Strom benötigt sie. Um eine Klimabilanz zu erstellen, müssen wir folgende Faktoren auf der Haben-Seite verbuchen:

Die Hardware und Lebensdauer der Rechner, den Standort des Rechenzentrums und die verbrauchte Rechenleistung sowie die Energieeffizienz der Rechner. Des Weiteren kommt der Umgang mit der entstehenden Abwärme des Rechenzentrums hinzu.

Bereits 2019 erforschte eine Studie der University of Massachusetts Amherst den Strombedarf und CO2-Ausstoß künstlicher Intelligenz. Demnach verbrauchte damals das Trainieren einer AI (Artificial Intelligence) so viel CO2, wie 5 Autos über ihre gesamte Lebensdauer emittieren.

Weiters errechnete die Studie, dass der Energieverbrauch der für KI weltweit notwendigen Rechnerleistung 2 Prozent des globalen Strombedarfs ausmachte, und der CO2-Ausstoß dem der weltweiten Luftfahrt gleichkam. »Climate Home News« meinte in einem Bericht, dass die Datenproduktion bis 2025 20 Prozent des weltweiten Strombedarfs ausmachen wird. Andere Schätzungen gehen von etwas weniger aus (13 % schätzt E.ON Vorstandsmitglied Karsten Wildberger für Deutschland).

Laut Wikipedia wurde im Januar 2023 der Stromverbrauch für das Training des ChatGPT-Modells mit fast einer Gigawattstunde in 34 Tagen geschätzt, was dem ungefähren Verbrauch von 3.000 europäischen Durchschnittshaushalten im gleichen Zeitraum entspricht.

 

Andererseits bietet künstliche Intelligenz viele Möglichkeiten, unser Leben energieeffizienter, klimaneutraler und enkeltauglicher zu gestalten.

 

Mehr Nachhaltigkeit durch künstliche Intelligenz

Viele erhoffen sich durch den vermehrten Einsatz von KI den Kampf gegen den Klimawandel zu gewinnen. Die Anwendungsfälle, die bereits im Einsatz sind oder getestet werden, sind äußerst vielfältig. Sie gehen von Klimaerwärmungsprognosen über Baumartenauswahl für bestimmte Waldgebiete zu ressourcenschonenden Kreislaufwirtschaftsmodellen, Optimierung der Abfallsortierung, Smart Farming, maschineller Auswertung von Klimadaten, intelligenten Stromnetze, optimierten Lieferketten, Optimierung von Versandwegen, Abmilderung der Auswirkungen durch den Klimawandel und vielem mehr. Viele Anwendungen zielen auf die Verringerung unseres CO2-Fußabdruckes ab. Ist eine KI einmal im Einsatz und erreicht damit viele Nutzer*innen und verändert das Verhalten oder die ursprüngliche Situation in Richtung Klimafreundlichkeit und CO2-Reduktion, überwiegt ihr Nutzen den entstandenen Energieeinsatz (bei weitem).

 

„Der ökologische Fußabdruck sollte beim Einsatz von KI stets mitgedacht werden“, meint dazu Heike Brugger, Leiterin des Geschäftsfelds Energiepolitik am Fraunhofer ISI. „Die Reduktion der Emissionen ist ein wichtiger Bestandteil der Kosten-Nutzen-Rechnung und hier kann der Gesetzgeber für mehr Transparenz sorgen, etwa was den Energieverbrauch von Rechenzentren und Dienstleistern angeht.“

 

In einem Fachbeitrag (Nature Climate Change: Kaack et al., 2022) schlagen Lynn Kaack, Professorin für Computer Science und Public Policy an der Hertie School in Berlin und zudem Mitgründerin von Climate Change AI, und ihre Kolleg*innen zum einen vor, nachhaltigere Datenzentren zu bauen, als auch effizientere Algorithmen und Trainingsmodelle zu entwickeln. In den letzten Jahren entstand ein neuer Forschungsbereich, der sich mit der Frage auseinandersetzt, wie maschinelles Lernen bei geringerem Energieverbrauch ähnlich hohe Leistungen erbringen kann. Dieser Trend zeichnet sich auch bereits bei den großen Rechenzentren der führenden Unternehmen ab, die ihre Anstrengungen massiv ausbauen, um die Klimaziele 2030 zu erreichen.

 

Unser pro.earth.Fazit:

Es gibt kein schwarz-weiß und kein gut-böse. Um auf unsere Frage am Anfang des Beitrags zurückzukommen – KI ist sowohl-als auch. Wir können nur jede Anwendung für sich unter die Lupe nehmen und einzeln danach bewerten, ob ihr Nutzen aus unserer Sicht höher als die Klimakosten sind. Insgesamt ist ein Trend Richtung immer mehr und besseren KI-Anwendungen gegeben. Auch die Anstrengungen, die Rechenzentren klimaeffizienter zu machen, sehen wir positiv. Ob das Tempo der Umgestaltung mit dem Hype am KI-Markt und dem damit verbundenen Energiehunger mithalten kann, bleibt abzuwarten.