Protestaktionen in Brüssel gegen EU-Mercosur-Pakt

Gestern startete der erste EU-Lateinamerika-Karibik-Gipfel seit 2015 in Brüssel, bei dem alle 33 Staatschefs anwesend sind, deren Länder der Gemeinschaft der Lateinamerikanischen und Karibischen Staaten angehören (CELAC). Dabei äußerste EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen, dass die EU so bald als möglich das Mercosur-Abkommen unter Dach und Fach bekommen will. Zeitgleich protestierte Greenpeace in Brüssel gestern gemeinsam mit einer Koalition aus mehr als 50 Organisationen, der  zivilgesellschaftlichen Allianz „Stopp EU-Mercosur“,  gegen die umstrittenen Handelsabkommen EU-Mercosur, EU-Chile und EU-Mexiko.

 

Bei einer Protestaktion haben sie einen drei Meter hohen “Jenga”-Pappturm zu Fall gebracht, der aus illustrierten Blöcken bestand und die Gefahren des Abkommens für Umwelt, Landwirtschaft und Menschenrechte verdeutlichte. Greenpeace fordert vom österreichischen Bundeskanzler Karl Nehammer, der auch am Gipfeltreffen teilnimmt, EU-Mercosur eine klare Absage zu erteilen.

 

Das Ziel des Abkommens

Von der Leyen betonte: „Unser Ziel ist es, alle verbleibenden Streitpunkte so schnell wie möglich auszuräumen, damit wir diese Vereinbarung abschließen können, von der beide Seiten profitieren. Sie soll Zölle abbauen und eine der größten Freihandelszonen der Welt schaffen mit mehr als 700 Millionen Menschen. Aber bisher wehren sich die Südamerikaner gegen Vorschläge für eine Zusatzerklärung zum Abkommen.“

 

Nachdem der Einfluss Chinas in Latein- und Südamerika stark gewachsen ist, sich wichtige Rohstoffvorkommnisse und strategische Infrastruktur gesichert hat, scheint die EU unter stärkerem Druck diesbezüglich zu stehen und will  sich ihren Anteil an den Rohstoffen wie Wasserstoff, Kupfer und Lithium sichern. Diese werden auch für die Energiewende dringend benötigt, unter anderem für die Herstellung der Batterien von E-Autos. Doch die Kritik an diesem – seit 25 Jahren verhandelten – Abkommen ist groß.

 

Das Ziel der EU-Kommission sowie der Mercosur-Länder (Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay) ist es, sich beim Gipfeltreffen auf ein Zusatzprotokoll zum angeblichen Schutz der Umwelt, des Klimas und der Menschenrechte bei EU-Mercosur festzulegen. Doch der Teufel steckt im Detail: Ein Leak des Beipackzettels zeigte bereits, dass etwa Umweltverstöße keinerlei Sanktionen nach sich ziehen würden. Bis dato lehnt Brasiliens Staatspräsident Luiz Inácio „Lula“ da Silva das Umwelt-Zusatzprotokoll zum Freihandelsvertrag zwischen Mercosur und EU ab, weil ihm die mächtige Agrarlobby die Pistole auf die Brust setzt. Dennoch rechnet auch er in den kommenden Monaten mit der Ferttigstellung des Abkommens: „Wir wollen ein ausgewogenes Mercosur-EU-Abkommen noch dieses Jahr abschließen. Das wird neue Horizonte eröffnen und beiden Seiten ermöglichen, aktuelle und künftige Herausforderungen anzugehen.“

 

Proteste und Kritik seitens der Zivilgesellschaft

„Diese drei Deals haben viel gemeinsam. Sie sind Gift für Menschenrechte, Klimaschutz und für uns alle als Konsument*innen. Statt die Bevölkerung einzubinden, werden neue Regeln von oben herab verordnet, die nur den Interessen von Konzernen und Großinvestor*innen dienen. Wir fordern den sofortigen Stopp all dieser Verhandlungen und einen kompletten Neustart für eine Handelspolitik, die den sozialen und ökologischen Herausforderungen des 21. Jahrhundert angemessen sind“, erklärt Roland Süß, Mitglied des Attac-Koordinierungskreises.

 

„Eine Einigung bei EU-Mercosur wäre fatal. Das Abkommen beutet die Umwelt aus, nimmt keine Rücksicht auf Menschenrechte und bringt die heimische Landwirtschaft unter massiven Druck. Bundeskanzler Nehammer muss sich mit aller Kraft dafür einsetzen, dass dieser Katastrophen-Pakt gestoppt wird”, sagt Melanie Ebner, Landwirtschaftssprecherin bei Greenpeace in Österreich.

Darüber haben wir bereits ausführlich geschrieben – siehe den folgenden Artikel.

Die Problematik des EU-Mercosur-Abkommens

 

Forderungen

Allen Protesten gemeinsam ist die Forderung nach einer echten Neuverhandlung des Vertrages auf Basis des heutigen Wissensstandes und unter Einbeziehung des Klimawandels und des Pariser 1,5-Grad-Zieles.

 

Unser pro.earth.Fazit:

Noch gibt es auch in der EU selbst Widerstand gegen das Abkommen seitens einiger Staaten wie auch Österreich. Doch als Beobachter der Situation scheint mir der Wille seitens der Politik und Wirtschaft – vielleicht auch aufgrund der starken Konkurrenz Chinas  – stark zu sein, dieses Abkommen unbedingt durchzubekommen. Auch, um genügend Rohstoffe zu sichern, die wir für eine „grünere“ Zukunft brauchen. Wir agieren und denken aus einem System heraus, das dabei ist, unsere Lebensgrundlage zu zerstören. Irgendwer sagte mal: Mehr vom Falschen ist immer noch falsch! Das tiefgreifende Umdenken, das wir zur Bewältigung dieser weltweiten Krise benötigen, ist noch nicht im System angekommen. Bei uns Menschen. Ich kann mich da nicht ausnehmen. Immer noch mehr vom Falschen. Doch es gibt Hoffnung: die Rufe, die Proteste, die Aktionen der Zivilegesellschaft werden lauter, werden mehr. Immer mehr Menschen wollen raus aus dem Falschen. Lasst uns davon träumen, dass ein neuer Vertrag basierend auf unserem Wissen, den SDGs und dem Pariser Klimaziel Realität wird und das Leben vieler Menschen verbessert und gleichzeitig die Umwelt schützt. Ein Traum!

 

Foto©️Greenpeace Johanna de Tessieres

 

Weiterführende Links

Neue Studie zu Auswirkungen des EU-Mercosur-Abkommens