Report zu Klimaschutz in Lieferketten zeigt Handlungsbedarf
Aktuell wird auf EU-Ebene im sogenannten Trilog die EU-Richtlinie über die Sorgfaltspflichten von Unternehmen in Bezug auf Nachhaltigkeit (kurz: EU-Lieferkettengesetz) verhandelt. Global 2000 veröffentlichte letzte Woche einen Bericht zum Klimaschutz entlang der Lieferkette von 20 exemplarisch ausgewählten Unternehmen in Österreich. Dabei zeigte sich, dass die Treibhausgasemissionen entlang der Wertschöpfungskette bei einem Großteil der Unternehmen die Hauptlast an der Klimawirkung ausmachen. Durchschnittlich machen die Emissionen entlang der Wertschöpfungskette ca. 64% der gesamten Emissionslast der analysierten Unternehmen aus. Das hebt die Signifikanz unternehmerischer Wertschöpfungsketten für den Klimaschutz hervor und zeigt, dass auch bei heimischen Unternehmen hier großer Aufholbedarf besteht.
Verantwortung übernehmen
Große Konzerne richten immense Klima- und Umweltschäden entlang ihrer globalen Lieferketten an. Hohe Emissionen, Wasserverschmutzung und Zerstörung von Lebensräumen stehen hier auf der Tagesordnung. „Trotzdem ist es quasi unmöglich, die Verursacher hier in Europa zur Verantwortung zu ziehen”, erklärt Anna Leitner, Expertin für Lieferketten und Ressourcen bei GLOBAL 2000. “Das EU-Lieferkettengesetz, das gerade verhandelt wird, kann hier Abhilfe schaffen. Dafür müssen sich die zuständigen Österreichischen Minister:innen für ein Ende der Blockadehaltung der Mitgliedstaaten im Trilog-Verfahren und für starke Klimaschutzmaßnahmen in der Richtlinie einsetzen.”
Analyse von 20 Unternehmen
“Leider verdeutlicht unsere Analyse, dass keines der Unternehmen bisher auf proaktiven Klimaschutz entlang der Wertschöpfungskette setzt, um die indirekten Emissionen ausreichend zu verringern”, so Lisa Grasl, Expertin für CSR und nachhaltige Finanzen bei GLOBAL 2000. “Unternehmen müssen hier scharf nachbessern, um mit ihren Emissionen auf Kurs für das 1,5° C-Ziel zu kommen. Derzeit bekennen sich nämlich nur drei der 20 Unternehmen zu diesem Ziel und nur eines davon hat einen Klimaplan, der tatsächlich zur Einhaltung führen kann.”
Quer über alle analysierten Sektoren, von Versicherungen und Bauindustrie bis hin zum Automobilsektor, zeigt sich jedoch auch: Es ist möglich, Klimaschutz entlang von Wertschöpfungsketten effektiv umzusetzen. Bisher ist das allerdings freiwillig und daher stark vom Willen der Unternehmen abhängig. Während einige Unternehmen hier Vorreiterrollen einnehmen, gibt es auch viele Nachzügler. Deshalb fordert GLOBAL 2000 eine Verankerung von Klimaschutz im EU-Lieferkettengesetz.
Freiwilligkeit reicht nicht aus
“Einzelne Unternehmen übernehmen bereits heute zumindest teilweise Verantwortung für ihre indirekten Treibhausgasemissionen. Allerdings können wir nicht länger auf die Freiwilligkeit Einzelner bauen, denn um die Klimaziele zu erreichen, muss jetzt schnell gehandelt werden.“, fordert Leitner. „Nur wenn die gleichen Spielregeln für alle gelten und Unternehmen sich nicht länger durch klimaschädliches Handeln einen wirtschaftlichen Vorteil herausholen können, kann es uns gelingen, unser Wirtschaftssystem auf Kurs für das 1,5° C-Ziel zu bringen. Hier ist nun die Politik in der Pflicht, diese historische Chance zu nutzen und sich für ein starkes EU-Lieferkettengesetz einzusetzen, das die Dekarbonisierung der Wirtschaft unterstützt.”
Verursachungsbereiche
Die Treibhausgasemissionen eines Unternehmens lassen sich in drei Bereiche unterteilen:
SCOPE 1
Direkte Emissionen im sogenannten Scope 1 umfassen zum Beispiel Emissionen, die bei der Verbrennung in energieintensiven Prozessen in Industriebetrieben entstehen.
SCOPE 2
Die indirekten Emissionen, die bei der Herstellung zugekaufter Energie generiert werden, werden als Scope 2 klassifiziert.
SCOPE 3
Scope 3 beinhaltet schließlich jene Emissionen, die durch indirekte Tätigkeiten in der vor- und nachgelagerten Wertschöpfungskette entstehen. Scope 3 wird in verschiedene Kategorien unterteilt und umfasst unter anderem die Emissionen bei der Herstellung zugekaufter Güter und Dienstleistungen, Firmenreisen, Investitionen und Abfallverwertung.
Zum Hintergrund des EU-Lieferkettengesetzes
Aktuell wird auf EU-Ebene im sogenannten Trilog die EU-Richtlinie über die Sorgfaltspflichten von Unternehmen in Bezug auf Nachhaltigkeit (kurz: EU-Lieferkettengesetz) verhandelt. Vor dem Sommer hatte das EU-Parlament in seiner Position festgelegt, dass auch Klimaschutz unter die allgemeine Sorgfaltspflicht fallen soll, während Kommission und Rat nur einen einfachen Klimaplan ohne konkrete Konsequenzen implementieren wollen. GLOBAL 2000 fordert gemeinsam mit dutzenden zivilgesellschaftlichen Organisationen und Gewerkschaft in ganz Europa ein starkes Lieferkettengesetz, das Klimaverpflichtungen verankert und Konzerne für ihre Emissionen zur Verantwortung zieht.
https://news.pro.earth/2023/06/05/ja-zu-eu-lieferkettengesetz-ist-ja-zum-schutz-von-mensch-umwelt-und-klima/
Erste Klimaklage gegen Schweizer Unternehmen
Damit im Zusammenhag steht auch die Klage von vier Indonesier:innen gegen den Schweizer Zementkonzern Holcim im Rahmen der „Call for Climate Justice“-Kampagne. Diese historische Klage fordert Entschädigung für erlittene Klimaschäden, finanzielle Beteiligung an Flutschutzmaßnahmen und die drastische Reduktion der CO2-Emissionen von Holcim. Zum ersten Mal steht ein Schweizer Unternehmen vor Gericht, um sich für seine Rolle beim Klimawandel verantworten zu müssen. Holcim, der Weltmarktführer der Zementbranche, hat bisher nicht ausreichend Maßnahmen ergriffen, um seine Emissionen so zu senken, dass die Erderwärmung 1,5° C nicht überschreitet, und hat zu spät damit begonnen.
Ein starkes EU-Lieferkettengesetz würde Konzerne dazu verpflichten, ihre Geschäfte in Zukunft nach dem 1,5° Ziel des Pariser Klimaabkommens auszurichten. Bei Verstößen würden nicht nur Strafzahlungen drohen, sondern Betroffene könnten diese Konzerne auch vor europäischen Gerichten klagen.
https://news.pro.earth/2023/04/21/earth-day-eu-lieferkettengesetz-muss-den-planeten-schuetzen/