Greenpeace-Recherche deckt auf: Bauprojekte werden auf Österreichs Gletschern durchgewunken

Eine Greenpeace-Recherche zeigt: Die Gletscher in Österreich sind ungeschützt. Beantragt ein Skigebiet etwa eine neue Piste oder einen Schlepplift, so wird das Projekt von den Behörden in der Regel durchgewunken. Ob dabei die Natur zerstört wird, wird meist nicht ausreichend geprüft. Laut Recherche war das bei 13 von insgesamt 14 eingereichten Bauprojekten in den letzten sechs Jahren der Fall. Gemeinsam mit dem Biodiversitätsforscher Franz Essl fordert Greenpeace die Bundesländer auf, den Gletscherschutz auszuweiten und neue Baumaßnahmen auf Gletschern komplett zu verbieten.

 

 

Greenpeace-Sprecherin Ursula Bittner: “Gletscher gelten in Österreich als unantastbar, solange kein wirtschaftliches Interesse im Spiel ist. Für eine neue Piste hier und eine Beschneiungsanlage dort, werden schon mal beide Augen zugedrückt.”

Greenpeace hat alle eingereichten Bauprojekte seit 2017 in den Datenbanken des Umweltbundesamtes durchgesehen, bei denen eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) im Raum stand. Bei den insgesamt 14 Fällen wurde nur einmal eine Prüfung angeordnet – und dieses Projekt vom Projektwerber mittlerweile zurückgezogen. Alle anderen Projekte wurden ohne Rücksicht auf die Natur bewilligt. Darunter fallen etwa die von Greenpeace aufgedeckte Mega-Baustelle in Sölden oder die Projekte am Kitzsteinhorn in Salzburg. Zwar gibt es auf Bundes- sowie Landesebene verschiedene Gesetze, die Gletscher schützen sollen, doch es wurden diverse Ausnahmen gemacht. Etwa um Skigebiete vergrößern zu können.

“Die Gesetze wurden zurechtgebogen und sind damit wirkungslos”, sagt Bittner.

Ein weiterer Schwachpunkt im Gletscherschutz: Im derzeitigen Bundesgesetz (UVP-Verordnung) wird nicht der gesamte Gletscher geschützt. Das Vorfeld sowie die Moränen, die zum Teil auch aus Gletschereis bestehen, sind von vornherein ausgeklammert.

Biodiversitätsforscher Franz Essl: “Das ist ein fataler Fehler. Das Vorfeld und die Moränen sind nicht nur ein Lebensraum für viele gefährdete Arten. Wird hier gebaggert und gesprengt, wird damit auch ein natürliches Schutzschild vor Muren und Steinschlag zerstört.”

Denn die hier wachsenden Pflanzen, wie etwa verschiedene Steinbrech-Arten, verfestigen den Boden und binden das Wasser. In diesem Gletschergebiet finden jedoch vermehrt Bauarbeiten statt.

“Statt nur Teile des Gletschers zu schützen, muss das gesamte Gletschergebiet gesetzlich unter Schutz gestellt werden”, sagt Essl.

Ein umfassender Gletscherschutz wäre in der UVP-Novelle aus dem Jahr 2021 enthalten gewesen, wurde jedoch gestrichen.

Greenpeace fordert gemeinsam mit Essl die Bundesländer auf, den Gletscherschutz auszuweiten und Vorfeld sowie Moränen unter Schutz zu stellen. Für die Umweltschutzorganisation ist zudem klar:

“Gletscherschutz muss in Zukunft glaubwürdig sein, ohne Ausnahme. Bagger- und Sprengarbeiten auf Gletschern müssen verboten werden. Stattdessen muss dafür gesorgt werden, dass Skigebiete abseits der Gletscher erhalten bleiben. Dazu gehört ein umfassender Klimaschutz, den auch der Wintertourismus wahrnehmen muss”, sagt Bittner.