Kosten der Klimakrise deutlich höher als die der Bewältigung

Die Auswirkungen der Klimakrise, wie steigende Wasserpegel, Dürre, Hitzewellen, Stürme, Starkregen, führen zu massiven Wirtschaftseinbußen weltweit. Wie hoch sind die jährlichen Schäden zu beziffern, die durch die Erderhitzung für die Weltwirtschaft entstehen? Dieser Frage widmet sich eine aktuelle Studie des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), die nun im Fachmagazin „Nature“ erschienen ist. Sie kommt zu dem Schluss, dass die Kosten der Klimakrise 6-mal so hoch sind wie die Kosten der Bekämpfung. Weiters müssen wir mit einem drastischen Einkommensverlust rechnen. 

 

Die Autoren der Studie kommen zu dem Schluss, dass die Weltwirtschaft bis 2050 unabhängig von zukünftigen Emissionsentscheidungen eine Einkommensreduktion von durchschnittlich 19% gegenüber einem Basisszenario ohne Klimaauswirkungen erfahren wird. Somit werde trotz Maßnahmen zur Emissionsreduktion die Weltwirtschaft um rund ein Fünftel bis zur Mitte des Jahrhunderts schrumpfen.  Die jährlichen Schäden weltweit werden auf rund 36 Billionen Euro geschätzt, wobei ohne geeignete Klimaschutzmaßnahmen bis zu 56 Billionen Euro prognostiziert werden. Zum Vergleich: das weltweite BIP 2023 betrug laut Statista rund 104,5 Billionen Dollar, das entspricht etwa 98 Billionen Euro.

 

Schäden sechsmal höher

„Bis Mitte des Jahrhunderts sind die Schäden bereits sechsmal höher als die Kosten, die es brauchen würde, um das Pariser Klimaabkommen einzuhalten“, sagt Leonie Wenz, Klimaforscherin am PIK und Co-Autorin der Studie. „In der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts könnten sie dann bei ungenügendem Klimaschutz noch deutlich höher sein.“ Die Forschenden waren erstaunt über „diese sehr klaren ökonomischen Anreize für mehr Klimaschutz“ als Resultat ihrer Studie.

Diese Schäden entstehen hauptsächlich durch Veränderungen der Durchschnittstemperatur, aber eine Berücksichtigung weiterer klimatischer Komponenten erhöht die Schätzungen um etwa 50% und führt zu stärkeren regionalen Unterschieden.

 

Südasien und Afrika am stärksten betroffen

Die Verluste variieren je nach Region und betreffen besonders tiefliegende Regionen am stärksten, die am wenigsten zum Klimawandel beigetragen haben und weltweit die geringsten Einkommen aufweisen:  „Für die meisten Regionen, darunter Nordamerika und Europa, werden hohe Einkommensverluste prognostiziert, wobei Südasien und Afrika am stärksten betroffen sind“, schreibt Maximilian Kotz, einer der Autoren der Studie. „Diese Verluste werden durch unterschiedlichste wirtschaftsrelevante Wirkungen des Klimawandels verursacht, wie zum Beispiel Folgen für landwirtschaftliche Erträge, Arbeitsproduktivität oder Infrastruktur.“

Das Ungleichgewicht sei“schockierend“, so Wenz: „Die Länder, die am wenigsten für den Klimawandel verantwortlich sind, werden voraussichtlich Einkommensverluste erleiden, die 60 Prozent höher sind als in den Ländern mit höherem Einkommen und 40 Prozent höher als in den Ländern mit höheren Emissionen.“

Den Prognosen der Studie liegt das Szenario zugrunde, in dem es gelingt, die globale Erwärmung bis zum Ende des Jahrhunderts auf unter zwei Grad zu begrenzen. Davon sind wir momentan mit den bis dato getroffenen Maßnahmen entfernt und auch die aktuellen Klimaschutzpläne der Vereinten Nationen reichen nicht aus, um dieses Ziel zu erreichen.

 

Die Berechnung

Die Studie verwendet empirische Daten aus über 1600 Regionen weltweit über die letzten 40 Jahre, um die Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum zu projizieren. Diese Daten wurden dann mit Klimamodellen kombiniert und eine Prognose bis 2050 getroffen. Die Auswahl der dabei verwendeten Klimavariablen folgt demnach den Erkenntnissen auf Mikroebene über

  • die Auswirkungen der Durchschnittstemperaturen auf die Arbeits- und landwirtschaftliche Produktivität
  • der Temperaturschwankungen auf die landwirtschaftliche Produktivität und die Gesundheit sowie
  • der Niederschläge auf die landwirtschaftliche Produktivität, die Arbeitsergebnisse und die Hochwasserschäden

Die Genauigkeit der Daten auf subnationaler Ebene- in Österreich zum Beispiel auf Bundesländerebene – führte dazu, dass die Kosten der Schäden in dieser Prognose wesentlich höher liegen als in früheren Studien. „Wir können zeigen, dass die Berücksichtigung dieser Faktoren die Klimaschäden um circa 50 Prozent anhebt“, sagt Wenz diesbezüglich.

 

Drastische Sofortmaßnahmen dringend notwendig

Die zu erwartenden Kosten sind Folge der bis dato entstandenen Klimaerwärmung. „Zusätzlich müssen wir unsere CO2-Emissionen drastisch und sofort reduzieren – andernfalls werden die wirtschaftlichen Verluste in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts noch höher sein und bis Ende des Jahrhunderts im globalen Durchschnitt bis zu 60 Prozent betragen“, warnt Wenz.

„Die Prognose zeigt deutlich, dass Klimaschutz viel billiger ist als ein Verzicht darauf, und zwar ganz ohne Berücksichtigung nichtökonomischer Auswirkungen wie des Verlusts von Menschenleben oder der Artenvielfalt.“, so die Co-Autorin. Denn mit geeigneten, rasch umgesetzten Klimaschutzmaßnahmen könnten die Verluste bis 2100 hingegen auf 20 Prozent begrenzt werden.

Diese Ergebnisse betonen die Dringlichkeit von Klimaschutzmaßnahmen und die Notwendigkeit einer globalen Zusammenarbeit, um die zukünftigen wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen des Klimawandels zu mildern.