Vorletzte und entscheidende Verhandlungsrunde bei weltweitem Plastikabkommen

Die weltweite Plastikverschmutzung an Land und den Weltmeeren ist eines der wichtigsten und dringlichsten globalen Umweltthemen. Die UN wollen bis Ende dieses Jahres ein rechtlich verbindliches Abkommen gegen die weltweite Plastikverschmutzung aushandeln. Ein ambitioniertes Ziel, liegen die Interessen der teilnehmenden 180 Staaten doch zum Teil sehr weit auseinander und machen die Aufgabe zu einem Mammutprojekt. Gestern wurde die vierte und vorletzte Verhandlungsrunde (INC-4) in Ottawa (Kanada) eröffnet.

 

„Die Einigung auf ein globales Abkommen über die Plastikverschmutzung bis Ende 2024 wäre eine der bedeutendsten Entscheidungen im Umweltbereich und ein einzigartiges Abkommen, das die Welt auf ein gemeinsames Ziel zur Beendigung der Plastikverschmutzung einschwören würde“, sagte Steven Guilbeault, Kanadas Minister für Umwelt und Klimawandel bei der Eröffnung in Ottawa.

 

 

Zum Stand der Verhandlungen

Die Ausgangslage für diese Verhandlungsrunde ist denkbar schwierig, weil die vorangegangene Runde in Nairobi letzten Herbst zu keinem nennenswerten Ergebnis kam. So mussten ambitionierte Länder wie Deutschland, Schweden und auch von Plastikimporten stark betroffene Staaten wie Senegal und Ruanda nach der dritten Verhandlungsrunde feststellen, dass besonders erdölproduzierende Staaten wie Saudi-Arabien und Russland sowie China und auch die USA kein bzw. wenig Interesse an der Reduktion der Produktionsmenge haben. Die eben stattfindenden Verhandlungen werden also über den Erfolg des Plastikabkommens entscheiden.

 

 

Zwei Allianzen bei den Verhandlungen

Es ist davon auszugehen, dass die beiden bestehenden Allianzen auch bei der vierten Verhandlungsrunde bestehen werden. Auf der einen Seite steht die High Ambition Coalition (HAC), mit 50 Ländern, wie der EU, Ruanda, Norwegen und Ecuador, aber auch überraschenderweise den Vereinigten Arabischen Emiraten, Aserbaidschan und Japan, deren erklärtes Ziel, die Plastikverschmutzung bis 2040 auf null zu setzen und die Produktion von neuem Kunststoff massiv zu verringern.

Demgegenüber besteht die Like Minded Group, mit erdölfördernden Staaten wie Saudi-Arabien, Iran und Russland, sowie China. Dieses lose Bündnis möchte, wenig verwunderlich, an der Produktionsmenge wenig verändern.

Dazwischen befinden sich Staaten wie USA, die mitten im Wahlkampf steht, und Brasilien, deren Positionierung in Ottawa entscheidend sein wird, s0 Lisa Panhuber, die als Beobachterin von Greenpeace in Kanada dabei ist.

„Wir sehen eine Annäherung bei der Abschaffung der problematischen und vermeidbaren Verwendungen. Wir werden auch weiterhin Kunststoff für bestimmte Verwendungszwecke brauchen, etwa für Technologien zur Nutzung erneuerbarer Energien. Aber es besteht zunehmend Einigkeit darüber, dass kurzlebige und Einwegprodukte verschwinden können“, sagte Inger Andersen, Exekutivdirektorin des UN-Umweltprogramms anlässlich der Eröffnung in Ottawa.

 

Mit einem weltweiten Abkommen gegen die Plastikflut

Über die Dringlichkeit des Abkommens

Schätzungen der OECD nach produzieren wir mehr als 300 Millionen Tonnen Plastik pro Jahr. Dieses findet sich in den entlegensten regionen unseres Planeten ebenso wieder, wie in Tiermägen und als Mikroplastik bereits im menschlichen Blut. Bis 2060 könnte die jährliche Menge sogar bis auf eine Milliarde ansteigen, wenn wir nicht global dagegen steuern. Mit der Produktion würden auch die damit verbundenen CO2-Emissionen drastisch steigen.

Daher ist ein rechtlich verbindlicher Vertrag, wie das UN-Umweltprogramm (UNEP) ihn in einer Rohfassung bereits erarbeitet hat, so wichtig. Damit würde die Plastikverschmutzung des Planeten entscheidend eingedämmt und in ein Kreislaufsystem eingebunden werden. Weiters beinhaltet dies die Eliminierung problematischer und unnötiger Kunststoffe, Abschaffung von Einwegplastik, sowie die Entsorgung und Wiederaufbereitung von Plastik.

„Die rapide zunehmende Plastikverschmutzung ist ein ernstes globales Umweltproblem, das sich negativ auf die ökologischen, sozialen, wirtschaftlichen und gesundheitlichen Aspekte der nachhaltigen Entwicklung auswirkt“, hält das UNEP dazu fest. Wie wir bereits berichtet haben, könnte laut UNEP die Plastikverschmutzung bis 2040 um 80 Prozent verringert werden.

 

NGOs fordern massive Reduktion der Plastikflut

Greenpeace fordert von der für Österreich zuständigen Klimaministerin Gewessler, sich für ein starkes Abkommen einzusetzen: Bis 2040 müsse die Plastikproduktion um 75 Prozent reduziert werden.

Greenpeace-Sprecherin Jasmin Duregger: “Plastik müllt unsere Meere zu und verpestet unsere Felder. Die Menschen in Österreich und weltweit haben den Ernst der Lage erkannt und sagen ‘Nein’ zur Plastikflut. Jetzt müssen die Politikerinnen und Politiker ein starkes UNO-Plastikabkommen beschließen, das unsere Zukunft sichert. Es gibt Alternativen zu Einwegplastik, wir müssen sie nutzen und der Umweltverschmutzung der Konzerne endlich einen Riegel vorschieben.”

Auch WWF setzt sich seit langem intensiv für ein Plastikabkommen ein. „Diese Runde ist entscheidend für den Erfolg der Vertragsverhandlungen“, betont Florian Titze, Senior Policy Advisor beim WWF Deutschland. „Bei den letzten Gesprächen gelang es einer kleinen Minderheit ölfördernder Staaten, jeglichen Fortschritt in den Verhandlungen zu blockieren. Die große Mehrheit von Staaten aus allen Weltregionen unterstützt ehrgeizige und rechtsverbindliche globale Regeln, um die Plastikflut einzudämmen. Diese Mehrheit muss sich durchsetzen, damit das Abkommen bis zum Jahresende nicht nur steht, sondern auch wirksam ist.“

 

Wir können nur hoffen, dass sich die Allianz der Ehrgeizigen gegenüber den „Bremsern“ durchsetzt und das Plastikabkommen tatsächlich mit Ende des Jahres kommt und auch in den Staaten umgesetzt wird.

 

Links:

UNEP – INC-4

 

Fotos ©️ UNEP/Artan Jama