Über die Bedeutung von Ritualen

Aufgewachsen im Süden Österreichs war Ostern die Zeit mit den meisten gelebten Ritualen meiner Familie. Vom Eierfärben am Gründonnerstag, dem fleischlosen Karfreitag über die Schwammweihe und das Räuchern des Hauses mit dem glühenden Baumschwamm in der Früh des Ostersamstags, gefolgt von der Fleischweihe zu Mittag, und dem gemeinsamen Osterschmaus mit Osterschinken, Eierkren und Reindling und am Abend dem gemeinsamen Zusammenkommen beim Osterfeuer. Und dazu kommen noch der traditionelle Osterputz, das Reindlingbacken und die spezielle Ostersuppe mit Safran für die Großfamilie, die sich am Ostersonntag traf. Das Verstecken und Suchen der Ostersüßigkeiten für die Kinder nicht zu vergessen.

 

Rituale, die uns guttun, die Gemeinschaft fördern, den Zusammenhalt stärken. Rituale, die Sinn stiften. Rituale haben die Kraft, unsere Wurzeln zu stärken. Und unseren Kopf frei zu machen. Unserem Lebensfluss eine gewisse wiederkehrende Stabilität und einen Halt zu geben. Müsste man jeden Tag ganz neu denken und konzipieren, wären wir mit derlei Gedanken ausgefüllt und uns bliebe kein Raum für anderes. Gerade im Familienleben und in einer Gemeinschaft sind Rituale wichtige Stützen und haben eine große Bedeutung. Sie werden sogar im jüngsten Familienbericht der Bundes­regierung erwähnt: „Für die Qualität des Familienlebens sind vorhersehbare Abläufe und Rituale wichtig.“  Zu wissen, was kommt, worauf man sich verlassen, sich vorbereiten und freuen kann, und zwar nicht nur als Individuum sondern als Gemeinschaft hat eine starke Kraft.

This is who we are. This is right. This is what we look forward to and who we will continue to be across generations.

So beschreibt die amerikanische Ritualforscherin Barbara Fiese die große Bedeutung von Ritualen. In den letzten Jahrzehnten hat sich das Wertesystem vieler Menschen stark verändert und traditionelle, teils religiöse, Handlungsmuster im Jahreskreis nahmen stark ab, was zu einem Verlust an Gemeinschaft und Halt führte. Neue Rituale, Alternativen müssen nun er- und gefunden werden, eine nicht ganz leichte Aufgabe. In volatilen Zeiten wie diesen, sind die Sicherheit und Geborgenheit von gemeinsamen Ritualen, das Band zwischen uns und den anderen, besonders wertvoll und auch das Bewusstsein, dass wir nicht alleine sind, hilft.

 

Weil es mir so gut gefällt, möchte ich zum Abschluss noch Harald Martenstein von GEO Deutschland zitieren:

Alles, was man über Rituale wissen muss, steckt in „Dinner for one“: die Freude an der Wiederholung, am Sichauskennen, das Gefühl, nicht allein zu sein mit seiner Freude, ein Gefühl von geistiger Heimat, von Sicherheit und Behaglichkeit, das, was Familie ausmacht.