Mittelmeertragödien sind Resultat der Hitzewellen

Die Videoaufnahmen aus Libyen sind erschütternd. Die Zahl der Toten unvorstellbar. Das damit verbundene Leid ebenso. Experten sagen, dass die Starkregenereignisse, die auch andere Mittelmeerstaaten wie Griechenland, Bulgarien und die Türkei hart trafen und innerhalb weniger Stunden Regenmengen mit sich brachten, wie normalerweise in einem halben Jahr fallen, eine Folge der Hitzewellen dieses Sommers war. Das Sturmtief Daniel, das im östlichen Mittelmeer wütete, verwandelte sich in einen sogenannten mediterranen Hurrikane, kurz Medicane, und bezog seine Energie aus dem besonders warmen Mittelmeer. Aber nicht nur hier, in vielen Teilen der Welt spielen sich momentan ähnliche Szenen ab: Spanien, Hongkong, Kalifornien, Brasilien.

 

In einem Interview mit riffreporter sagte der ZDF-Meteorologe Özden Terli, dass Unwetter vorhersehbar waren nach den extremen Hitzewellen im Mittelmeerraum. In Griechenland fielen innerhalb weniger Tage stellenweise bis zu 1.000 Liter am Quadratmeter, andererorts bis zu 700 Liter, auf den kargen, ausgetrockneten Boden und verwandelte die Landschaft in riesige Seen und reißende Flüsse. In Hongkong ergossen sich innerhalb nur einer Stunde 156 Liter am Quadratmeter. Zum Vergleich: 500 bis 700 Liter sind die JAHRESmenge hierzulande.

 

Darauf kann man sich eigentlich nicht vorbereiten. Da kann man nur die Gegend verlassen, fliehen.

ZDF-Meteorologe Özden Terli

 

Ob es rechtzeitige Warnung in Griechenland gab, wissen wir nicht. In Libyen wurden die Menschen im Schlaf von den Wassermassen, die zwei Dämme brachen und die Stadt Derna meterhoch überfluteten, überrascht. Nachdem der Boden diese Massen in so kurzer Zeit nicht aufnehmen konnte, sammelte es sich in den Flussbecken und ergoss sich auf die Ebenen.

 

In der letzten Woche haben wir Niederschläge gemessen, die hat es so in Europa noch nie gegeben. Das war zum Teil ein Vielfaches dessen, was wir bei uns während der Ahrtal-Flut hatten.

Klimaforscher Mojib Latif im Bayerischen Rundfunk

 

 

Aber warum bildet sich dieser Starkregen?

 

Dies hängt mit den extrem hohen Oberflächentemperaturen der Meere weltweit zusammen. Der Klimawandel ist dabei wohl der Hauptgrund. Die Hitzewellen, über die wir bereits mehrfach geschrieben haben, erwärmen das Wasser. Dadurch verdunstet mehr Wasser und die Atmosphäre wird feuchter. Dieses Jahr wurden vielerorts extrem hohe Oberflächenwassertemperaturen gemessen und das Wetterphänomen El Nino verstärkt diesen Trend. So wurden in den Küstengewässern Floridas Rekordtemperaturen von 38,9 Grad Celsius gemessen. Auch im Nordatlantik, Mittelmeer und Pazifik wurden dieses Jahr Rekorde erreicht.
„Mit jedem Grad wärmer, kann die Luft bis zu sieben Prozent mehr Feuchtigkeit aufnehmen.“
ZDF-Meteorologe Özden Terli
„Wenn kältere Luft sich über dem Mittelmeer erwärmt, Feuchtigkeit aufnimmt und aufsteigt, können sehr hohe Wolken entstehen. Bei dieser Wolkenbildung wird Energie freigesetzt, die zu heftigen Gewittern führen kann“, erklärt riffreporter dazu. Dabei dient das warme Wasser wie ein Energiebooster, der die Gewitter befeuert.

https://news.pro.earth/2023/05/03/wissenschafter-alarmiert-ueber-rasche-weltmeererwaermung-vor-el-nino/

 

Es war klar absehbar

Immer, wenn sich ein Tief bildet und Kaltluft Richtung Mittelmeer strömt, müssen wir davon ausgehen, dass es irgendwo zu Überschwemmungen, zu extremen Wetterereignissen führt. Diese Mittelmeertiefs seien besonders im Herbst intensiv und ein „exlosives Gebräu“, so Klimaexperte Latif und auch für die Naturkatastrophe in Libyen verantwortlich.
„Das wird sich wahrscheinlich nicht vermeiden lassen. Und ganz ehrlich: Wir haben darüber schon vor Wochen während der Hitzewelle gesprochen, weil es klar absehbar war. Eigentlich passiert das jedes Jahr. Aber wenn das Mittelmeer besonders warm ist, dann sind die Auswirkungen eben auch besonders stark bis extrem.“, meint Terli im riffreporter-Interview.

Wird dies der Normalzustand werden?

„Klimawandel bedeutet nicht einfach nur höhere Temperaturen, sondern bedeutet vor allem extremeres Wetter, mehr Schadenspotenzial und vor allen Dingen auch eine gigantische Herausforderung für die Menschen im Sinne der Gesundheit“, erklärt Latif und meint weiter, dass sich Menschen ein Stück weit anpassen könnten. Aber es gebe auch Grenzen: „Bei solchen Wassermassen, was wollen Sie da noch tun?“

„Was wir an den Unwettern in Griechenland sehen: das Globale bricht sich hier quasi runter in ein lokales Ereignis. Wir hatten ja in diesem Jahr schon einige Extreme. Auch der Nordatlantik ist enorm warm und da muss man leider befürchten, dass da etwas Größeres im Gange ist. Dass sich eine so riesige Fläche dermaßen erwärmt, das hat es in den bisher aufgezeichneten Daten noch nie gegeben. Das ist schon echt beunruhigend.“, meint dazu Terli.

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