Wo stehen wir bei heftig umstrittenen EU-Renaturierungsgesetz?

Das EU-weite Nature Restoration Law nahm letzten Donnerstag die nächste Hürde. Nach intensiven Verhandlungen einigten sich Parlament, Kommission und der Europäische Rat auf ein heftig umstrittenes Gesetz zur Wiederherstellung der Natur. Die finale Abstimmung wird voraussichtlich im Februar stattfinden. Laut Angaben der EU sind 80 Prozent der europäischen Ökosysteme in einem schlechten Zustand, zehn Prozent der Bienen- und Schmetterlingsarten vom Aussterben bedroht und 70 Prozent der Böden in einem ungesunden Zustand. Das soll sich ändern.

 

Das EU-Renaturierungsgesetz beinhaltet neue, rechtsverbindliche Ziele zur Wiederherstellung von Land- und Meeresökosystemen, wie zum Beispiel von Wäldern, Schutzgebieten in schlechtem Zustand, Ökosystemen in der Stadt und in der Agrarlandschaft, sowie zur Renaturierung von Flüssen und zum Schutz von Bestäubern. Es ist der zentrale Baustein zur Umsetzung der EU-Biodiversitätsstrategie und Herzstück des EU Green Deal. Bis 2030 sollen auf jeweils mindestens 30 Prozent der Land- und Meeresflächen der EU Maßnahmen zur Wiederherstellung der Natur umgesetzt werden, heißt es in einer Erklärung des Europäischen Rates.  Bis 2040 sollen es bereits 60 und bis 2050 sogar 90 Prozent sein.

 

Das 30×30 Ziel erreichen

„Das Renaturierungsgesetz öffnet die Tür, dass Europa das auf der UN-Biodiversitätskonferenz (Convention on Biological Diversity/CBD) vereinbarte 30×30-Ziel zum Erhalt der natürlichen Artenvielfalt erreichen kann. Auf der UN-Konferenz vereinbarten die Vertragsstaaten im Dezember 2022 in Montreal, mindestens 30 Prozent der weltweiten Land- und Meeresflächen bis 2030 unter Schutz zu stellen“ , schreibt dazu die Stiftung Meeresschutz.

Der Gesetzesentwurf enthält beispielsweise Maßnahmen zum Schutz von Schmetterlingen und Bienen, die Pflanzung von Hecken und Bäume auf landwirtschaftlichen Flächen sowie Bodenschutz- und verbesserungsmaßnahmen.

 

Kompromiss stark verwässert

Besonders seitens des Landwirtschaftssektor gab es heftige Kritik an dem Gesetzesentwurf. Die Christdemokraten versuchten das Gesetz im Sommer vergeblich ganz abzusägen und erreichten in den Verhandlungen die Schwächung vieler Vorgaben. So müssen Landwirte u.a. nicht mehr verpflichtend einen gewissen Prozentsatz ihres Landes für umweltfreundliche Maßnahmen zur Verfügung stellen. Dies ist besonders schade, weil es auch entwässerte Moore betrifft, die zu den Treibhausgasemissionen beitragen, statt diese zu binden.

 

Warum wir es dringend brauchen

Die Klimakrise und das Artensterben lassen sich nur grenzüberschreitend lösen, weswegen ein EU-weites Gesetz wichtig und richtig ist. Die Wiederherstellung von Mooren, gesunden Wäldern, Augebieten und Magerwiesen fördert beides: die Wiederansiedlung gefährdeter Tier- und Pflanzenarten und die verbesserte Kohlenstoffspeicherung. Intakte Ökosysteme helfen uns, Naturkatastrophen besser abzufedern und vermindern auch das Risiko, dass es überhaupt zu solchen kommt.

 

Kritik seitens Umweltorganisationen

Die Umweltschutzorganisation WWF Österreich begrüßt die aktuelle politische Einigung auf das geplante EU-Renaturierungsgesetz, kritisiert aber mehrere Schlupflöcher bei der künftigen Umsetzung: “Gut, dass es eine Einigung gibt, aber der aktuelle Kompromiss ist stark verwässert worden. Das wird das Erreichen der extrem wichtigen Ziele erschweren”, sagt WWF-Biodiversitätssprecher Joschka Brangs zum Ergebnis der Trilog-Verhandlungen zwischen Kommission, Rat und Parlament.

Der finale Entwurf enthält zwar wieder Maßnahmen in der Landwirtschaft und für die Wiedervernässung von Mooren, ist aber insgesamt weit von dem entfernt, was aus wissenschaftlicher Sicht zum Schutz der Natur, zum Stopp des Artensterbens und zur Abfederung der Klimakrise notwendig wäre.

“Die Zeit drängt, denn wir Menschen sind von einer intakten und vielfältigen Natur abhängig: Sie schützt nicht nur unser Klima und die Anpassung an die Klimakrise, sondern sichert auch unsere langfristige Ernährungssicherheit”, betont Brangs.

 

Die nächsten Schritte

Die 27- EU-Mitgliedsstaaten müssen nun dem erzielten Trilog-Ergebnis zustimmen. Danach soll Ende November eine entscheidende Abstimmung im Umweltausschuss des EU-Parlaments (ENVI Committee) stattfinden, wo konservative Kräfte erneut versuchen könnten, das Gesetz zu Fall zu bringen.

Endgültig verabschiedet werden kann das neue EU-Renaturierungsgesetz vom Europaparlament voraussichtlich im Dezember 2023, eventuell auch erst im Februar 2024, sofern es die ENVI-Abstimmung erfolgreich absolviert.

 

Unser pro.earth.Fazit:

Wir wissen um die unglaublichen Heilungskräfte unseres Planeten. Wie schnell sich die Natur wieder erholen kann. Wenn wir sie lassen. Wir hoffen daher sehr, dass dieses Gesetz in seiner Abstimmung im Februar angenommen und alsbaldig von den einzelnen Mitgliedsstaaten umgesetzt wird!