Treibhausgas-Werte so hoch wie nie – ist das Aufschieben bis zuletzt ein Problem der gesamten Menschheit?

Die Konzentration der klimaschädlichen Treibhausgase in der Atmosphäre hat laut der Weltwetterorganisation (WMO) 2022 erneut einen Rekord erreicht. Die Pariser Klimaziele rücken in immer weitere Ferne und wir steuern auf eine Katastrophe zu – wie kann das beim heutigen Wissensstand sein? Schieben wir das Thema wie die Steuererklärung vor uns her?

 

Bei mir ist es so, dass ich immer erst handle, wenn der Hut lichterloh brennt – im Privaten, beruflich (ich hoffe, mein Chef liest das nicht), wahrscheinlich auch gesundheitlich. Ist das ein globales menschliches Phänomen? Ich kenne unzählige Menschen, die es mir – obwohl auch sie nicht stolz darauf sind und lieber anders wären – gleichtun.

 

Was ist los mit uns?

„Trotz jahrzehntelanger Warnungen der Wissenschaftsgemeinde, trotz Tausender Berichtsseiten und Dutzenden von Klimakonferenzen bewegen wir uns immer noch in die falsche Richtung“, sagte WMO-Chef Petteri Taalas.

So hohe CO2-Konzentrationen wie jetzt gab es zuletzt vor drei bis fünf Millionen Jahren, schreibt die UNO-Wetterorganisation. Bei zwei bis drei grad höherer Durchschnittstemperatur lagen damals die Meeresspiegel 10 bis 20 Meter höher.

20 Meter?

Nach einem Jahr voller Temperaturrekorde sollten wir langsam sehen, dass es ernst ist. Es ist eigentlich nicht mehr fünf vor zwölf – eher zehn nach.

Prokrastination nennt sich das beim Menschen auftretende erst seit kurzem erforschte krankhafte Aufschieben von unangenehmen Aufgaben.

 

Prokrastination als Diagnose für die gesamte Menschheit?

Wir wissen, es ist ernst. Wir haben ein ungefähres Bild von den Folgen und das Wichtigste, wir hätten die Möglichkeiten, es zu ändern – doch wir tun es nicht.

Warum? Wie kann Profit und Bequemlichkeit immer noch wichtiger sein als die Lebensqualität unserer Kinder?

Wahrscheinlich glauben wir es erst, wenn uns die ganze Situation um die Ohren fliegt.

Oder wir therapieren uns, denn Prokrastination ist behandelbar. Es ist mühsam, greift in tägliche Abläufe ein und fordert ein Umdenken und klares Erkennen des Musters, doch möglich ist es.